Liebe Kolleginnen und Kollegen,
als dienstältester Personalratsvorsitzender Deutschlands, der 33 Jahre ununterbrochen als Personalratsvorsitzender beim Studentenwerk Aachen – A.ö.R.- und 33 Jahre ununterbrochen als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Personalräte der Studentenwerkes aus NRW (ARGE/NW) in aktiven Dienstzeiten tätig war, habe ich den Beschluss des OVG-Niedersachen vom 14. September 2011 mit dem Az.: 18 LP 15/10 mit Genugtuung zur Kenntnis genommen. Wieder ist ein fristloser Entlassungsversuch bei einem Personalratsmitglied durch ein Oberverwaltungsgericht verhindert worden. Der Klick auf den nachstehenden Link führt Euch direkt zum durch das OVG-Niedersachsen veröffentlichten Beschluss-Tenor:
An dieser Stelle habe ich, als jemand, der selbst 8 Kündigungsversuche durch diverse Dienststellenleiter schadlos überstanden hat, einige Anmerkungen zu machen:
1. In den Landespersonalvertretungsrechten lautet es unter Rechtstellung der Personalratsmitglieder in der Regel wie folgt (Zitat aus dem LPVG/NW § 43 Abs. 2, Stand 5. Juli 2011):
„Die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Personalrates, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, bedarf der Zustimmung des Personalrates. Verweigert der Personalrat seine Zustimmung oder äußert er sich nicht innerhalb von drei Arbeitstagen nach Eingang des Antrages, so kann das Verwaltungsgericht sie auf Antrag der Dienststelle ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. In dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht ist die betroffene Arbeitnehmerin oder der betroffene Arbeitnehmer Beteiligte oder Beteiligter.“
Dieser gesetzliche Schutz für Personalratsmitglieder ist äußerst wichtig; denn sonst könnte jede Dienststellenleiterin oder jeder Dienststellenleiter immer wieder Gründe finden, sich ohne Abmahnung, über das Personalratsgremium hinweg von „unliebsamen“ Personalratsmitgliedern per fristloser Entlassung zu verabschieden!
2. Indes handelt es sich bei diesem besonderen Kündigungsschutz nicht um einen sogenannten „Freibrief“ für Personalratsmitglieder. Auch sie dürfen nicht ungeahndet den sogenannten „Goldenen Löffel“ stehlen. Allerdings haben der Bundes- und die Landesgesetzgeber ganz bewusst bei Betriebsrats- und Personalratsmitglieder hier hohe Hürden gesetzt, die durch die jeweiligen Verwaltungs-, Oberverwaltungs- und Bundesverwaltungsrichter (Bei Betriebsräten sind es die Arbeits-, Landesarbeits- und Bundesarbeitsrichter) zu beachten sind. Insoweit ist die Vorderentscheidung in v. g. Sache des Verwaltungsgerichtes Hannover, das die Zustimmung des Personalrates zur fristlosen Entlassung seines Mitgliedes, einem freigestellten Hausmeister, wegen privater Internetnutzung, ersetzt hat, vollkommen unverständlich (Entscheidung des VG-Hannover mit dem Az.: 17 A 2198/10 vom 17.11.2010).
3. Der 18. Senat des OVG Niedersachsen hat allerdings im Beschwerdeverfahren die Ersetzung der Kündigung abgelehnt. Er hat darauf verwiesen, dass eine Abmahnung für diese private Internetnutzung vollkommen ausreichend gewesen wäre. Und da bin ich auch vollkommen dieser Meinung; denn bei jedem „normalsterblichen“ Arbeitnehmer, der nicht dem Personalrat angehört, reicht diese den Arbeitgebern bei derartigen, arbeitsrechtlichen Verstößen aus. Ferner muss ich mich den weiteren Ausführungen des OVG anschließen, die darauf abzielen, dass der Betroffene viele Jahre unbeanstandet seinen Dienst bei der Dienststelle durchgeführt hat. Ferner habe der Betroffenen keine exzessive und ausschweifende Nutzung des Internets privater Natur praktiziert. Insoweit hätte der Arbeitgeber nicht gleich nach dem „scharfen Schwert“ der außerordentlichen Kündigung greifen dürfen.
4. In den letzten Jahren häufen sich die Fälle, wo Arbeitgeber -besonders im öffentlichen Dienst- zu derartigen „Druckmittel“ greifen. Es scheint mir so, dass es Ihnen hierbei weniger um die Effizienz der fristlosen Entlassungen von Personalratsmitgliedern geht, als dass sie damit Angst und Einschüchterung bei Personalrätinnen und Personalräten und deren Familien erzeugen wollen! Gerade die Personalratsmitglieder, die wie ich das 33 Jahre praktiziert habe, nach dem Motto „TUE RECHT UND SCHEUE NIEMAND!“, die sich also für ihre Klientel hundertprozentig engagieren, sind für viele Dienststellenleiter und für die Politik unbequem! Die, so bin ich der Meinung, sollen durch derartige Praktiken „eingebremst“ werden. Da tut es gut zu wissen, dass es hier noch immer mutige und unabhängige Oberverwaltungsrichter gibt, die das Allerschlimmste, nämlich die Vernichtung von Existenzen verhindern, wie das OVG-Niedersachen.
Manni Engelhardt
-AK-Koordinator und Ehrenmitglied der ARGE/NW-