Liebe Kolleginnen und Kollegen,
als Gewerkschafter/Innen-Arbeitskreis (AK) stellen nwir mit großem Bedauern fest, dass die Tarifrunde 2021 im Einzelhandel (http://ak-gewerkschafter.com/?s=einzelhandel) bis dato noch kein akzeptables Ergebnis gezeitigt hat.
Den jüngsten Beitrag zum Thema hatten wir am 21. Juni 2021 auf unsere Homepage gepostet, den Ihr durch den Klick auf den nachstehenden Link aufrufen und nachlesen könnt.
> http://ak-gewerkschafter.com/ver-di-legt-zu-beginn-dieser-woche-mit-weiteren-warnstreiks-bei-amazon-und-im-einzelhandel-los-solidaritaet-mit-den-streikenden-ist-das-gebot-der-stunde/ !
Die Gewerkschaft Ver.di hat dazu mit Datum vom 30.06.2021 das Folgende auf ihre Homepage gepostet:
5,1 Millionen Beschäftigte im Handel verdienen mehr
Im Groß- und Außen- sowie im Einzel- und Versandhandel werden derzeit wieder für insgesamt 5,1 Millionen Beschäftigte die Tarife verhandelt. 5,1 Millionen Menschen, die sich auf insgesamt 429.000 Unternehmen verteilen, davon allein 3,1 Millionen Beschäftigte im Einzel- und Versandhandel auf 317.000 Unternehmen. Hinter diesen Zahlen stecken zahlreiche Umbrüche der letzten Jahre. Digitale Prozesse hinterlassen ihre Spuren auch im Handel. Virtuelle Einkaufstouren und Showrooms, Robotereinsätze und neue Bestellsysteme sind längst Normalität. Click & Collect ist durch die Corona-Krise fast schon Alltag. Eine deutliche Sprache sprechen da auch die bei Online-Verkäufen erzielten Umsätze: Sie sind – nicht zuletzt Corona-bedingt – im vergangenen Jahr um 20,8 Prozent auf 71,5 Milliarden Euro gestiegen. Mehr Geld für die Beschäftigten ist also da. Und mehr Geld fordern sie auch.
Beschäftigte im Handel
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Video
„Beschäftigte sind enttäuscht und wütend“
Schwierige Tarifverhandlungen im Handel
30.06.2021 – Seit Wochen kämpfen Beschäftigte im Einzel- und Versandhandel sowie im Groß- und Außenhandel für tarifliche Entgeltsteigerungen, die diesen Namen wert sind. Bisher haben die Arbeitgeber nur minimale Erhöhungen angeboten, die nicht einmal der Inflationssteigerung entsprechen.
Warum diese Tarifrunden so schwierig sind, beantwortet im Interview Silke Zimmer, Fachbereichsleiterin Handel im ver.di-Landesbezirk Nordrhein-Westfalen, die dort für die Gewerkschaftsseite die Tarifverhandlungen leitet.
Interview mit Silke Zimmer
Hast du eine Erklärung dafür, dass die Arbeitgeber in diesen Tarifverhandlungen derart mauern trotz ausgesprochen guter Umsätze und Gewinne?
Silke Zimmer: Die Arbeitgeber haben offensichtlich darauf gesetzt, dass es uns nicht gelingt, unter Corona die Tarifrunde 2021 aktiv zu gestalten. Betriebsversammlungen konnten vielfach aufgrund der Pandemie gar nicht oder nicht in gewohnter Form stattfinden, Betriebe waren zum Teil geschlossen oder Beschäftigte in Kurzarbeit, betriebliche Aktionen und Streiks konnten nur unter Beachtung der erhöhten Hygienemaßnahmen stattfinden. Trotzdem zeigen die Handelsbeschäftigten eindrucksvoll, dass sie die Herausforderungen angenommen haben, sich nicht spalten lassen wollen und solidarisch ihren Protest auf die Straße tragen.
Wie erlebst du die Stimmung bei den Kolleg*innen in den Betrieben, die ja nun verstärkt streiken?
Silke Zimmer: Die Handelsbeschäftigten sind enttäuscht und wütend. Sie haben in der Pandemie Außergewöhnliches geleistet. Dafür erwarten sie zu Recht Respekt und Anerkennung, die sich in einer besseren Bezahlung widerspiegelt. Tabellenwirksame Entgeltsteigerungen werden dringend gebraucht, um die steigenden Lebenshaltungskosten zu finanzieren. Das gilt auch für die Beschäftigten, die aufgrund der Pandemie von Kurzarbeit betroffen waren und erhebliche Einkommensverluste hinnehmen mussten und daher ihre Ersparnisse, wenn überhaupt vorhanden, aufbrauchen mussten. Gerade sie brauchen dringend Entgeltsteigerungen, weil auch sie den zusätzlichen Laptop, der fürs Homeschooling gebraucht wurde, finanzieren mussten. Deshalb vertreten die Beschäftigten ihre Forderungen selbstbewusst. Tabellenwirksame Entgeltsteigerungen sind der beste Schutz vor Armut in Arbeit und im Alter.
Wird der Druck reichen für akzeptable Abschlüsse?
Silke Zimmer: Entscheidend für einen akzeptablen Tarifabschluss ist wie in jeder Tarifrunde, ob es uns gelingt, ausreichend Druck auf die Arbeitgeber des Handels auszuüben. Die Handelsbeschäftigten zeigen in den letzten Wochen mit unterschiedlichen Formen von Aktionen und Streiks, dass sie dazu bereit sind. Dass die Handelsbeschäftigten einen akzeptablen Abschluss mehr als verdient haben, liegt auf der Hand, weil sie uns mit allem Lebensnotwendigen nicht nur in der Pandemie versorgen.
Interview: Gudrun Giese
Im Handel streiken immer mehr Beschäftigte
18.06.2021 – Für die rund 214.000 Beschäftigten im Berliner und Brandenburger Einzelhandel hat Die Tarifrunde noch nicht einmal begonnen. Dort startet sie am 25. Juni 2021. „Wir erwarten eine schwierige Verhandlungsrunde“, sagt Conny Weißbach, die zuständige ver.di-Verhandlungsführerin. Bislang sei nicht einmal erkennbar, ob die Arbeitgeber ein verhandlungsfähiges Angebot vorlegen wollten. Bei den schon laufenden Tarifrunden in anderen Bundesländern haben die Arbeitgeber jedenfalls viel zu geringe Angebote vorgelegt. Zahlreiche Streiks hat es deshalb bereits gegeben. „Mit dem, was derzeit auf dem Tisch liegt, müssten die Beschäftigten bei einer derzeitigen Preissteigerung von derzeit mindestens 2,5 Prozent sogar erhebliche Reallohnverluste hinnehmen. Das ist ernüchternd für die Beschäftigten, die in der Pandemie weit mehr als das Übliche geleistet haben, um die Bevölkerung mit lebenswichtigen Gütern wie Nahrungsmitteln oder Toilettenpapier sehr gut zu versorgen“, sagt Conny Weißbach.
Impfkampagne gegen Altersarmut
Ein paar Tage vor Beginn der ersten Verhandlungsrunde in Berlin wird ver.di unter dem Motto „Impfkampagne gegen Altersarmut“ in der Öffentlichkeit auf die Situation im Einzelhandel aufmerksam machen. Mit der etwas anderen Impfaktion soll Kundinnen und Kunden, aber auch den Beschäftigten klargemacht werden, was droht, wenn die Löhne niedrig bleiben und nicht der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung folgen: Es droht den Beschäftigten – übrigens zu über 70 Prozent Frauen – im Alter Armut. Und weil der größte Teil der Beschäftigten nur in Teilzeit arbeitet, ist dies ein sehr großes Problem. Der ver.di-Impfstoff soll nachhaltig wirken. „Der Wirkstoff gegen Altersarmut ist eine angemessene Tarifspritze mit einer tabellenwirksamen Gehaltserhöhung von 4,5 Prozent plus 45 Euro“, sagt Conny Weißbach.
Ende Mai bereits haben einige Arbeitgeberverbände im Handel erstmals Angebote in den laufenden Entgelttarifverhandlungen vorgelegt. Mit einer Nullrunde fürs laufende Jahr, einer kleinen Einmalzahlung und geringfügigen prozentualen Steigerungen ab 2022 wollen sie die Beschäftigten im Groß- und Außenhandel (GAH) und im Einzel- und Versandhandel abspeisen. Doch Wertschätzung sieht anders aus. Die ohnehin schon sehr gut angelaufene Streikbewegung der Beschäftigten im Handel in den ver.di-Landesbezirken – etwa in NRW, Bayern, Hamburg – dürfte nun noch mehr Fahrt aufnehmen. Die Mitglieder der Tarifkommission GAH im ver.di-Landesbezirk Nordrhein-Westfalen waren sichtbar erschüttert, als sie Mittwochabend ihre Meinung zur Arbeitgeber-Offerte vor laufender Kamera äußerten (handel-nrw.verdi.de).
Eine „Ohrfeige für die Beschäftigten im Handel, die sich täglich bei der Arbeit einem Ansteckungsrisiko aussetzen“ sei das gewesen, meinte ein Kollege. Ein anderes Mitglied der Tarifkommission hatte ausgerechnet, dass die GAH-Unternehmen mal gerade 19 Euro monatlich brutto als Plus im kommenden Jahr zahlen wollten – und das angesichts ausgezeichneter Umsätze. „Wir werden den Druck erhöhen müssen“, erklärte Silke Zimmer, ver.di-Verhandlungsführerin in NRW. „Es wird weiter gestreikt.“ Vergangenen Freitag hatten Kolleg*innen aus dem GAH und dem Einzelhandel bereits gemeinsam mit einer Menschenkette vor der Porta Möbel Logistik in Frechen gestreikt.
Magere Angebote der Arbeitgeber verschärfen den Konflikt
Für den Einzel- und Versandhandel boten die Arbeitgeber am Donnerstag ein gegenüber dem GAH leicht abweichendes Angebot an, das im Ergebnis aber ebenfalls nur „als Unverschämtheit“ bezeichnet werden könne, so Silke Zimmer. Im Einzelnen schwebt ihnen vor, dass die Unternehmen, die gut durch die Corona-Pandemie gekommen sind, zum Juli dieses Jahres 1 Prozent mehr zahlen, ab Mai 2022 nochmal 1,4 und ab Mai 2023 wiederum 2 Prozent. Dazu käme eine Einmalzahlung von 1,4 Prozent monatlich bezogen auf den jeweiligen Bruttolohn für die Zeit zwischen Juli 2021 und April 2022. In Betrieben, die von den Auswirkungen der Pandemie stärker betroffen sind, sollen hingegen überhaupt erst im März 2022 Entgelterhöhungen anstehen – um ein mageres Prozent.
Scheinbar hätten die ersten Warnstreiks Wirkung gezeigt, da die Arbeitgeber überhaupt erstmals ein Angebot vorgelegt hätten, meinte Verhandlungsführerin Silke Zimmer. Inhaltlich seien die Offerten aber inakzeptabel, da sie letztlich Reallohnverzicht bedeuteten. „Offensichtlich ist am Verhandlungstisch allein keine Lösung zu erreichen, deshalb werden wir bis zur dritten Verhandlungsrunde den Druck erhöhen.“ Mit ihrem mehr als mageren Angebot hätten die Arbeitgeber den Konflikt nochmals verschärft.
Konfrontation statt Wertschätzung auch in Berlin und Brandenburg
Im ver.di-Landesbezirk Berlin-Brandenburg startete die Arbeitgeberseite am Donnerstag mit einem vergleichbaren Miniangebot in die Verhandlungen für den GAH: 2021 wollen sie die Beschäftigten mit einer Einmalzahlung von 150 Euro abspeisen, und die soll es auch nur in wirtschaftlich stabilen Betrieben geben. „Rewe und Sanacorp fahren Rekordumsätze, und ihren Beschäftigten wollen sie ein paar Krümel vorwerfen. So geht es überhaupt nicht“, erklärte anschließend Franziska Foullong, ver.di-Verhandlungsführerin für den GAH in Berlin und Brandenburg. „Die Ansage ist klar: Die Arbeitgeber setzen auf Konfrontation statt auf Fairness und Wertschätzung. Dieses Angebot ist für uns nicht verhandelbar.“ Die ver.di-Tarifkommission werde mit ihren Mitgliedern in den Betrieben nun die passende Antwort beschließen, um gestärkt in die zweite Verhandlungsrunde am 30. Juni 2021 zu gehen.
Die Tarifverhandlungen im Einzel- und Versandhandel sowie im Groß- und Außenhandel laufen unabhängig voneinander in jedem Bundesland für sich (s. Infokästen unten). Forderungen zu Entgeltsteigerungen, Laufzeit und Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge sind allerdings bundeseinheitlich abgestimmt.
Text: Gudrun Giese/Petra Welzel
Das ist der Verhandlungsstand in den einzelnen Bundesländern
Baden-Württemberg
– In der ersten Verhandlungsrunde für die 490.000 Beschäftigte im baden-württembergischen Einzel- und Versandhandel am 28.04.2021 gab es weder ein Angebot der Arbeitgeberseite noch kam es zu einer inhaltlichen Annäherung der Tarifparteien. Auch die zweite Verhandlungsrunde am 20. Mai blieb ergebnislos. Die ver.di-Forderungen: – Erhöhung der Löhne und Gehälter um 4,5 % plus 45 € pro Monat; – Anhebung der Ausbildungsvergütungen um monatlich 100 €; – Einen rentenfesten tariflichen Mindestlohn von 12,50 € in der Stunde. – Tarifliche Aufstockung von Kurzarbeitergeld auf 100 % des Nettoverdienstes – Erhöhung der monatlichen tariflichen Sozialzulage auf 25 € bzw. 35 € – Laufzeit: 12 Monate – Im Groß- und Außenhandel wird seit Mitte April verhandelt. Die ersten beiden Verhandlungsrunden blieben ergebnislos, bisher haben die Arbeitgeber auch kein Angebot vorgelegt. ver.di fordert eine Erhöhung der Löhne und Gehälter um 5,5%, mindestens um 150 €, und ein tarifliches Mindestentgelt von 12,50 € pro Stunde. Am 10.6. wird weiterverhandelt.
Bayern
– Die Arbeitgeber legten in der ersten Tarifverhandlung am 03.05.2021 kein Angebot vor. Die Forderungen: – Erhöhung der Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen um 4,5 % plus 45 € pro Monat – Erhöhung der unteren Beschäftigtengruppen und Löhne auf ein rentenfestes Mindesteinkommen von 12,50 € in der Stunde. – Die Laufzeit der Tarifverträge soll 12 Monate betragen – Im Groß- und Außenhandel ist die erste Verhandlungsrunde ebenfalls ohne Ergebnis zuende gegangen, hier wird am 9.6. weiterverhandelt.
Berlin
– Eine Erhöhung der Gehälter, Löhne und Auszubildendenvergütungen um 4,5 % plus zusätzlich 45 Euro pro Monat – Ein rentenfestes Mindestentgelt von 12,50 Euro die Stunde – Eine Laufzeit von neun Monaten, damit der Einzelhandel in Berlin und Brandenburg nicht weiterhin als bundesweites Schlusslicht, sondern parallel zu den Tarifrunden in den anderen Tarifgebieten verhandelt wird. – Im Groß- und Außenhandel wurde erstmals am 27. Mai verhandelt, aber ohne Ergebnis, weiter geht’s am 13. Juli.
Brandenburg
– Eine Erhöhung der Gehälter, Löhne und Auszubildendenvergütungen um 4,5 % plus zusätzlich 45 Euro pro Monat – Ein rentenfestes Mindestentgelt von 12,50 Euro die Stunde – Im Groß- und Außenhandel wurde bereits zweimal ergebnislos verhandelt, weiter geht es am 13.7.; ver.di fordert eine Steigerung der Löhne und Gehälter von mindestens 150 € oder 6% und einen Mindesttarif von 12,50 €/Stunde.
Hamburg
Die erste Verhandlungsrunde am 19. Mai ist ohne eine Angebot der Arbeitgeber ergebnislos beendet worden. – Erhöhung der Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen um 4,5 % plus 45 € pro Monat – Erhöhung der unteren Beschäftigtengruppen und Löhne auf ein rentenfestes Mindesteinkommen von 12,50 € in der Stunde – Die Laufzeit der Tarifverträge soll 12 Monate betragen – Im Groß- und Außenhandel wurde bereits Ende April zum ersten Mal verhandelt, allerdings ohne Ergebnis. In der Hansestadt wird am 4.6. wieder verhandelt. ver.di fordert dort eine Erhöhung der Löhne und Gehälter um 5,5 %, mindestens jedoch um 155 Euro.
Hessen
Die Verhandlungen begannen am 12.05.2021 mit einer Protestveranstaltung von Betriebsräten aus dem Einzel- und Versandhandel vor dem Verhandlungslokal. Ein Angebot zur Erhöhung der Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen haben die Arbeitgeber nicht gemacht. Die Forderungen: – Erhöhung der Entgelte und Ausbildungsvergütungen um 4,5% plus € 45,- pro Monat – Vereinbarung eines rentenfesten Mindestentgelts von € 12,50 pro Stunde Laufzeit des Tarifvertrages von 12 Monaten – Im Groß- und Außenhandel wurde am 28. Mai zum ersten Mal verhandelt, ohne Ergebnis. Hier wird erst am 2. Juli erneut verhandelt werden.
Mecklenburg-Vorpommern
– Erhöhung der Löhne und Gehälter um 4,5% plus 45 Euro pro Monat – Anhebung der Ausbildungsvergütungen um 70 Euro pro Ausbildungsjahr – Einen rentenfesten tariflichen Mindestlohn von 12,50 Euro pro Stunde – Laufzeit des Tarifvertrages von 12 Monaten – Im Groß- und Außenhandel werden eine Erhöhung der Löhne und Gehälter um 145 Euro, mindestensaber um 6 % gefordert
Niedersachsen/Bremen
In der ersten Verhandlungsrunde am 18. Mai bezeichneten die Arbeitgeber die ver.di-Forderungen als zu hoch, machten aber selbst kein Angebot. Jetzt wird im Juni weiterverhandelt. – 4,5 % plus 45 Euro pro Monat mehr Gehalt/Lohn – Erhöhung der Ausbildungsvergütungen um 100€ – Rentenfestes Mindestentgelt 12,50 Euro pro Stunde – 12 Monate Laufzeit – Im Groß- und Außenhandel wurde am 19.5. zum ersten Mal ergebnislos verhandelt, die 2. Verhandlungsrunde ist für den 15.6. terminiert. ver.di fordert eine Steigerung der Löhne und Gehälter in Höhe von 199 €.
Nordrhein-Westfalen
Die Arbeitgeber haben in der ersten Verhandlungsrunde am 05.05.2021 kein Angebot vorgelegt. Die ver.di-Forderungen wurden abgelehnt. Das Angebot der Arbeitgeber in der zweiten Verhandlungsrunde sowohl für den Einzel-, aber auch für den Große- und Außenhandel wird hingegen von ver.di abgelehnt, weitere Streiks stehen an (siehe Text oben). Die Forderungen: – Erhöhung der Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen um 4,5 % plus 45 € pro Monat – Erhöhung der unteren Beschäftigtengruppen und Löhne auf ein rentenfestes Mindesteinkommen von 12,50 € in der Stunde – Die Laufzeit der Tarifverträge soll 12 Monate betragen
Rheinland-Pfalz
– Erhöhung der Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen um 4,5 % plus 45 € pro Monat – Erhöhung der unteren Beschäftigtengruppen und Löhne auf ein rentenfestes Mindesteinkommen von 12,50 € in der Stunde. – Die Laufzeit der Tarifverträge soll 12 Monate betragen. – Die 1. Verhandlungsrunde blieb ohne Ergebnis. – Auch im Groß- und Außenhandel wurde bisher ergebnislos verhandelt, dort wird am 22.7. weiterverhandelt.
Saarland
– Erhöhung der Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen um 4,5 % plus 45 € pro Monat – Erhöhung der unteren Beschäftigtengruppen und Löhne auf ein rentenfestes Mindesteinkommen von 12,50 € in der Stunde. – Die Laufzeit der Tarifverträge soll 12 Monate betragen – Die erste Verhandlungsrunde am 18. Mai fand ausschließlich online statt und blieb ergebnislos.
Sachsen, Sachsen-Anhalt-Thüringen
Das Angebot, dass die Arbeitgeber am 1. Juni in der ersten Verhandlungsrunde wurde als inakzeptabel abgelehnt. ver.di fordert: – Erhöhung der Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen um 4,5 % plus 45 € pro Monat; – Einen rentenfesten tariflichen Mindestlohn von 12,50 € in der Stunde. – Laufzeit: 10 Monate bis 31.3.2022 (Angleichung der Laufzeiten) – Im Groß- und Außenhandel wurde am 17.5. und 27.5. (Thüringen) die erste Verhandlungsrunde ergebnislos beendet, am 19.5. wurde erstmals gestreikt. Dort wird am 7.6. (Sachsen-Anhalt), am 22.6. (Sachsen) und 29.6. (Thüringen) weiterverhandelt.
Schleswig-Holstein
– Erhöhung der Löhne und Gehälter um 4,5% plus 45 Euro pro Monat – Anhebung der Ausbildungsvergütungen um 70 Euro pro Ausbildungsjahr – Einen rentenfesten tariflichen Mindestlohn von 12,50 Euro pro Stunde – Laufzeit des Tarifvertrages von 12 Monaten
AVE – Allgemeinverbindlichkeit
In einer gemeinsamen Initiative soll in jedem Bundesland die Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge im Einzelhandel wieder erreicht werden. Dann würden regional im Einzelhandel die gleichen Löhne gezahlt werden.
Worum geht es in der Tarifrunde im Handel?
Das zurückliegende Jahr 2020 war im Handel nicht nur online ein Rekordjahr: Trotz der Lockdowns seit nunmehr über einem Jahr hat der Einzel- und Versandhandel den Gesamtumsatz intensiv gesteigert. Es war das elfte Wachstumsjahr in Folge und die Erlöse lagen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes real um knapp vier Prozent höher als 2019; im Großhandel waren es immerhin noch 1,8 Prozent. Darin steckt Rekordarbeit – und sie wird in großen und kleinen Geschäften, in Versandzentren, Lägern, auf LKWs sowie in Büros geleistet.
Es gibt in den anstehenden Tarifrunden im Einzel- und Großhandel also etwas zu verteilen, wenngleich Corona sich in der gesamten Branche sehr unterschiedlich ausgewirkt hat. Während außer dem Versand- und Onlinegeschäft zum Beispiel auch der Handel mit Lebensmitteln und Baustoffen oder Pharmaprodukten enorm nach oben schnellte, gab es empfindliche Einbußen beim Mode- und Innenstadthandel sowie beim Verkauf von Maschinen und Ausrüstungen.
Bei tarifgebundenen Unternehmen, die wegen der Pandemie in die Krise geraten sind, ist ver.di im Handel deshalb offen für tarifpolitische Lösungen, um damit die Arbeitsplätze der Kolleginnen und Kollegen abzusichern. Am 28. April war der Auftakt zur ersten Verhandlungsrunde im Handel in Baden-Württemberg. Im Verlauf des Monats Mai starten in fast allen anderen Bundesländern ebenfalls die Tarifrunden, lediglich in Mecklenburg-Vorpommern geht’s erst am 24. Juni los.
4,5 Prozent und ein Festbetrag mehr
Als Slogans haben die Tarifkommissionen „Ohne uns kein Geschäft!“ beziehungsweise „Ohne uns kein Handel!“ gewählt, weil sehr viele Beschäftigte trotz extrem gestiegener Belastungen „den Laden am Laufen“ halten. Andere müssen durch Kurzarbeit empfindliche Gehaltseinbußen hinnehmen. Das braucht dringend einen Ausgleich, verlangt Respekt und Anerkennung.
Hauptanliegen von ver.di im Einzel- und Versandhandel ist es, die Löhne und Gehälter um 4,5 Prozent und um 45 Euro zu erhöhen. Mit Blick auf eine Mindestabsicherung im Alter wird als nächster Schritt auch ein tariflicher Mindestlohn von 12,50 Euro pro Stunde gefordert. Die Auszubildenden sollen in der Regel 100 Euro mehr im Monat bekommen. Verhandlungsstart ist Anfang Mai.
„Wir wollen in jedem Fall tabellenwirksame Erhöhungen durchsetzen, auf denen dann auch in den kommenden Tarifrunden wieder aufgebaut wird“, sagt ver.di-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. „Mit Einmalzahlungen lassen sich die Beschäftigten nicht abspeisen. Und wir werden auch auf die Straße gehen, um gute Tarifabschlüsse durchzusetzen.“
Für den Groß und Außenhandel ist die Spannbreite der Forderungen relativ groß. Sie bewegen sich zwischen 4,5 Prozent plus Festbetrag und 6 Prozent, wobei alternativ Festbeträge bis zu 199 Euro verlangt werden. In Sachsen sollen die Arbeitgeber 1 Euro mehr pro Stunde zahlen.
Systemrelevanz muss sich in Euro und Cent ausdrücken
Maurike Maaßen ist eine erfahrene Gewerkschafterin aus der Praxis, Betriebsrätin bei Netto in Essen, Mitglied der Tarifkommission und auf vielen Ebenen bei ver.di ehrenamtlich aktiv. Sie empfindet das Verhalten der Arbeitgeber als „Dreistigkeit ohne Ende“. Denn, auch wenn es schon oft gesagt worden sei, stimme die Aussage: „Wir haben es verdient!“ Die Kolleg*innen in den Geschäften hätten in den zurückliegenden Monaten schwer geschuftet, aber mehr als Beifall sollten sie dafür nicht erhalten. Verzweifelt seien auch die Kolleg*innen, die wegen des Lockdowns nicht in den Läden vor Ort arbeiten konnten, inzwischen allerdings sehr viel für das Online-Geschäft getan hätten. „Es hieß ja so oft, dass wir ,systemrelevant‘ sind. Das muss sich nun in Euro und Cent ausdrücken.“
Große Angst vor Altersarmut
„Die Angst vor Altersarmut ist sehr groß, weil es bei den Einkommen hinten und vorne nicht reicht“, sagt Jürgen Schulz, der bei Saturn beschäftigt ist. Er gehört der Tarifkommission für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen, in der kürzlich die Ergebnisse einer Tarifbefragung diskutiert wurden, in die fast 900 Betriebe einbezogen waren. Dass den Beschäftigten im Handel Altersarmut droht, untermauert auch eine aktuelle Studie, laut der jede zweite Verkäuferin in Nordrhein-Westfalen nur einen Niedriglohn bezieht. Dumping prägt bereits weite Teile des deutschen Einzel- und Versandhandels, angefacht durch die anhaltende Tarifflucht. Inzwischen sind rund 80 Prozent der Betriebe im Handel nicht mehr an die Flächentarifverträge gebunden.
Neben einem deutlichen Gehaltsplus fordert ver.di deshalb für den gesamten Handel die sogenannte Allgemeinverbindlichkeitserklärung der Tarifverträge, kurz: AVE, die dann für alle Betriebe gelten würden. Eine gemeinsame Beantragung von Gewerkschaft und Arbeitgebern bei den Arbeitsministerien, die dafür notwendig wäre, verweigern die Arbeitgeberverbände bisher. Die Mobilisierung für spürbar bessere Einkommen und für die AVE ist unterdessen in vollem Gange.
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