Aufsatz über die Frage nach der Berechtigung der Hinzuziehung von weiteren Personen bei der Erörterung von beabsichtigten Massnahmen zwischen Dienststellenleitern und Personalräten

Aufsatz für die Webseite des Arbeitskreises Gewerkschafter/innen Aachen über die Frage nach der Berechtigung der Hinzuziehung von weiteren Personen bei der Erörterung von beabsichtigten Massnahmen zwischen Dienststellenleitern und Personalräten.

Am 17. Oktober 2007 trat in Nordrhein-Westfalen die Novelle zum Landespersonalvertretungsgesetz (LPVG/NW) in Kraft. Neben vielen Veränderungen bei den Mitbestimmungstatbeständen, die in erheblichem Umfange eingeschränkt und deren Verfahrenslaufzeiten erheblich verkürzt wurden. So ist u. a. im § 66 LPVG/NW der Absatz 2 Satz 4 alte Fassung (a. F.) durch den Gesetzgeber ersatzlos gestrichen worden.

Dies bedeutet aus meiner Sicht, dass gemäß § 66 Abs. 2 Sätze 5 und 6 LPVG/NW in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 09. Oktober 2007 eine zur Mitbestimmung vorgelegte Maßnahme mit dem Ziele der Verständigung zwischen dem Leiter der Dienststelle und dem Personalrat zu erörtern ist. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass Personalrat vorher mitgeteilt hat, dass er beabsichtigt, der Maßnahme nicht zuzustimmen.

Diese Formulierung ist nach meinem Dafürhalten unmissverständlich und eindeutig. Der Gesetzgeber hat hier bewusst gewollt, dass hier kein Raum für interpretative Auslegungen bzw. unzulässige Ergänzungen bestehen kann. Das Prozedere soll rationell und effizient durchgeführt werden.
Hierfür sind die Erklärungen zur Notwendigkeit der Novelle zum LPVG/NW, die die Mehrheitsfraktionen im Landtag von NRW -auch u. a. im Innenausschuss abgegeben haben, eindeutig und unmissverständlich anzusehen, wenn hier von Entbürokratisierung gesprochen wurde. Der Gesetzesentwurf der Landesregierung vom 24. April 2007 (LT-Drucksache 14/4239) sah sogar vor, dass ein Erörterungstermin überhaupt nicht (mehr) stattfinden soll (LT-Drucksache Seiten 29 und 39). In der Begründung zum Entwurf heißt es wörtlich dazu, dass „mit der Neufassung des Absatzes 2 die Regelung des Bundes zum Mitbestimmungsverfahren bei Bundesbehörden eingeführt werde. Damit entfalle die bisher nur in Nordrhein-Westfalen vorgesehene „förmliche Erörterung“, wenn ein Personalrat beabsichtige, einer Maßnahme nicht zuzustimmen.“
Der Innenausschuss des Landtages übernahm in seiner Sitzung vom 12. September 2007 (LT-Drucksache 14/5034) die entgegenstehenden Änderungsvorschläge der Fraktionen von CDU und FDP, wonach die förmliche Erörterung im Beteiligungsverfahren beibehalten werden sollte. In dessen Bericht zur Anhörung und den Änderungsvorschlägen der Fraktionen heißt es (LT-Drucksache 14/5034, Seite 66):
„Die sogenannte „förmliche Erörterung“ wird in modifizierter Form neu geregelt. Um einerseits die Streit schlichtende Funktion des Erörterungsverfahrens zu erhalten, andererseits einen zeitlich begrenzten Verfahrensablauf sicherzustellen, wird das Erörterungsverfahren mit strafferen Fristvorgaben kombiniert. Dabei werden bei Verkürzungen aller Fristen (durch die Dienststelle) Verfahren innerhalb von 11 Arbeitstagen, bei Ausschöpfung aller Fristen Verfahren von bis zu 30 Arbeitstagen möglich. Zeitlich unbefristete Verfahren sind im Gegensatz zum früheren Recht nicht mehr möglich.“ Entsprechend dieser Beschlussempfehlung nahm der Landtag den Gesetzesentwurf in seiner Sitzung vom 19. September 2007 an.

Sollten Dienststellenleiter und Dienststellenleiter dies anders sehen und nicht nur selbst oder/und mit ihren Stellvertreter und Stellvertreterinnen, die ausdrücklich im § 8 LPVG/NW definiert sind, in eine Erörterung mit dem Personalrat eintreten, und dabei weitere Personen im sogenannten „Schlepptau“ haben, ist diese Vorgehensweise nicht vom Gesetzgeber gewollt und nicht gesetzeskonform. Dies war zwar bis zur Novellierung des LPVG/NW durch das Gesetz vom 09. Oktober 2007 noch anders geregelt.  In § 66 Abs. 2 Satz 4 LPVG/NW a. F. war ausdrücklich geregelt, dass „der Leiter der Dienststelle berechtigt ist, zu der Erörterung für Personal- und Organisationsangelegenheiten zuständige Beschäftigte  hinzuzuziehen“. Diese Passage ist -wie eingangs erwähnt u. a. Formulierungen des § 66 LPVG/NW a. F. auch- ersatzlos weggefallen.

Es gilt festzuhalten: Sowohl die Landesregierung als auch der Innenausschuss des Landtages von NRW haben sich umfangreich mit der Frage der Erörterung und deren Ausgestaltung befasst. Wenn die Gesetzesformulierung als Ergebnis dieses Prozesses nicht mehr -wie früher- die Hinzuziehung von weiteren Beschäftigten zu den Erörterungsterminen vorsieht, ist dies durch die Beteiligten (Dienststellenleiter und Personalrat) zumindest zu respektieren, wenn auch augenblicklich einige Dienststellenleiter die nicht zu akzeptieren scheinen, wie einige eingeleitete Beschlussverfahren bei der Verwaltungsgerichtsbarkeit in NRW dies ausweisen. Genau nämlich das Fehlen entsprechender Regelung, dass keiner Kommentierung im LPVG/NW selbst durch den Gesetzgeber bedarf, lässt keine andere Schlussfolgerung zu.
Die gesetzliche Formulierung ist eindeutig. Sie verlangt vom Dienststellenleiter, die Verhandlungen selbst und ohne weitere Unterstützung zu führen.
Nur dann nämlich, und dies ist für derzeitige und künftige Rechtsprechung  tragende Voraussetzung, wenn sich aus dem Gesetz tatsächlich ein Zweifel ergäbe, käme eine Auslegung über andere Vorschriften überhaupt nicht in Betracht.
Es ist und wäre somit müßig, sich Gedanken darüber zu machen, welche Überlegungen der Gesetzgeber sich hätte machen können oder machen müssen.

Der Wortlaut ist nach diesseitigem Dafürhalten eindeutig und lässt -insbesondere unter Beachtung der politisch/historischen Entwicklung des Gesetzes- keinen Raum für eine gegenteilige Auffassung bzw. Interpretation.

In § 8 Abs. 1 LPVG/NW ist der Leiter der Dienststelle als derjenige genannt, der für die Dienststelle in personalvertretungsrechtlichen Angelegenheiten handelt. Er kann sich nach § 8 Abs. 2 LPVG/NW durch seinen ständigen Vertreter oder den Leiter der für Personalangelegenheiten zuständigen Abteilung vertreten lassen, wenn er selbst verhindert ist. Somit ist der einzige Entscheidungsträger in der Dienststelle ihr Leiter, oder eben in dessen Abwesenheit die im Gesetz definierten Stellvertreter.
Dies bedeutet aber nichts anderes, als dass der Dienststellenleiter Entscheidungen, die er selbst zu treffen hat, aufgrund des Sachlichkeitsgebotes und aufgrund der Verantwortung, die er mit dem Fällen jeder Entscheidung trifft, über die Hintergründe der Entscheidungen ausreichend und umfänglich informiert sein muss. Nur dann kann er nämlich sachgerecht Entscheidungen treffen.
Insoweit obliegt die Vorbereitung ihm und seinem Mitarbeiterstab im Personaldezernat gegebenenfalls unter direkter Einbindung seiner Stellvertreter nach § 8 Abs. 2 LPVG/NW.
Insoweit ist die ihm in anderen Zusammenhängen eventuell gegebene Möglichkeit der Delegation eingeschränkt.
Ist er aber -was geboten ist- in entsprechender Art und Weise informiert, so bedarf es der Anwesenheit von Sachbearbeitern aus der Ebene der Personalleitungen und erst recht aus den verschiedenen anderen Dezernaten der Dienststelle nicht.

Der Kreis der Vertretungsberechtigten ist bewusst eng gehalten, um sicherzustellen, dass der Personalrat auf einen kompetenten Ansprechpartner trifft, was sich auch in Kommentaren und Rechtsprechungen niedergeschlagen hat.
Dies gilt auch nach der Erweiterung der Vertretungsbefugnis auf „sonstige Beauftragte“ gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 LPVG/NW in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 09. Oktober 2007. Sie ist von dem Einverständnis des Personalrates abhängig und bedeutet eben nicht, dass der Dienststellenleiter sich zu seiner Entlastung uneingeschränkt durch weitere sachkundige Mitarbeiter gegenüber dem Personalrat vertreten lassen kann. Auch die Größe und der Umfang der Dienststellen lassen hier keine andere Interpretation zu.

Eine eventuelle Bezugnahme auf den § 2 LPVG/NW (Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit) muss von vorneherein negiert werden. Dieser Gebotsparagraph stellt eine Appellation dar und hat keinerlei Bezug auf einwandfreie Rechtsvorschriften in Beteiligungsverfahren nach den einschlägigen Bestimmungen des LPVG/NW, besonders im vorgeschriebenen Verfahrensablauf nach § 66 LPVG/NW.

Die Streitbefangenheit in den Erörterungsvorschriften, was die Hinzuziehung von weiteren Sachbearbeitern durch den Dienststellenleiter anbelangt, die sich vermehrt auftun wird, kann, darf und wird nach meiner Meinung auch in der letztendlich höchstrichterlichen Rechtsprechung das Wollen des Gesetzgebers nicht ersetzen. Der Gesetzgeber bleibt jetzt aufgefordert, auch zu dieser Thematik in einem neuen LPVG klarstellend zu berücksichtigen.

Manfred Engelhardt – Ehrenmitglied der ARGE der Studentenwerkspersonalräte NRW
Freunder Landstr. 100
52078 Aachen
Handy-Nr.: 0171-9161493

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