Unser AK-Mitglied Ralph Quarten meint zum Post-Streik und dem erzielten Ergebnis:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

als Gewerkschafter/Innen-Arbeitskreis (AK) haben wir uns mit dem Tarifkonflikt bei der Deutschen Post AG und dem Verhandlungsergebnis breit auseinandergesetzt, wie Ihr es durch den Klick auf den nachstehenden Link aufrufen könnt:

http://ak-gewerkschafter.com/?s=post+streik !

Nunmehr hat auch unser AK-Mitglied Ralph Quarten (http://ak-gewerkschafter.com/?s=ralph+quarten), der sehr aktiv am Poststreik teilgenommen hat, seine Meinung zur Situation geschrieben.

Sehr gerne haben wir diese auf unserer Homepage zu Eurer gefälligen Kenntnisnahme nachstehend gepostet.

Für den AK Manni Engelhardt –Koordinator-

Ralph Quarten meint:

Die globale Wettbewerbsfähigkeit ist das A & O der deutschen Post AG.

Schon 1995 zu Zeiten der AG-Umwandlung gehörte Klaus Zumwinkel zur Unternehmensberatung MC Kinsey, u.a. als Mitglied der Weltgeschäftsführung. Zumwinkel war schon zu Zeiten Bundeskanzlers Kohl ein Top-Privatisierer deutscher Bundesunternehmen.

Die Gewinne sollen um 8% auf 5 Mia. / im Jahr steigen.

Die Post unterliegt wie viele AG’s dem Zepter der Shareholder aus den USA und England

In diesem Fall mit 67%. Deren Macht ist nicht zu unterschätzen, da sie Investment-Leitlinien forcieren. Der größte Shareholder ist Blackrock – Lohnsenkungen bei der Post lässt die Aktien steigen – die Blackrock Insider kaufen vorher auf und verkaufen gewinnbringend.

Nur 😉 nebenbei: Blackrock ist auch Berater der US- Regierung und der EZB…(Entflechtung der Deutschland-AG damals unter rot-grün mit Schröder als führenden Transatlatlantiker).

Und es gibt weiterhin Druck von z.B. Hedgefonds Chef Bridgewater der die ca. doppelt so hohe Arbeitskraft der EU kritisiert – quasi als neue Leitlinien für Lagarde, Junker und Schäuble.

Im konkreten Fälle der Deutschen Post kündigt Appel nun seine Gewinnverdoppelungsstrategie für 2020 (!) an und will dies durch eben diese in den Medien dargestellten Billigtochter-GMBH – Auslagerungen in denen nach günstigeren Logistiktarifen gezahlt wird oder gar weitere Auslagerungen in Schwellenländern bewerkstelligen.

Diese Auslagerung in Deutschland wurde schon praktiziert und betraf den Fachbereich Transport:

2014 wurden 10.800 Stellen ausgelagert und private scheinselbstständige Subunternehmen übernahmen- das Ergebnis: keine Mindestlöhne, kein Urlaub, kein Krankengeld und keine Qualität. – auch hier schon eine Kritik an die Mitarbeiter und die Ver.di.

Aber auch die neuen Mitarbeiter der Post unterliegen dem Prekariat:

Seit der Umwandlung in eine AG läuft alles unter dem betriebswirtschaftlichem Ziel der Flexibilisierung, z.B. durch Befristungsverträge, Leiharbeit, Teilzeitarbeit oder gar gemogelter Kettenverträge, welche auch nach der Höchstlaufzeit von 2 Jahren ein geordnetes Leben der betroffenen Arbeitnehmer nicht ermöglichen. Die Nicht Auszahlung von Überstunden wird ausgeweitet. Ca. 9.000 Abrufkräfte untergraben außerdem verdi -Vereinbarungen ( kein Urlaub, kein Krankengeld).

Ebenfalls die computergestützte Statistik wird zugunsten der Arbeitgeber/Aktionäre geführt und die Post vermeldet Jahr für Jahr Gewinne – die Basis muss dafür bluten und erhält dafür am wenigsten Lohn im Verhältnis zur höheren pro Kopf Arbeitsleistung.

Das ganze wäre schon schlimm genug, wenn nicht der deutsche Staat zu 21% Mitauktionär wäre und die Politik dies billigt. Vor allen die Scheinheiligkeit der Sozialdemokraten ist hier zu kritisieren, welche zwar den Postlern während des Streiks Ihre Solidarität bekunden aber dessen Genosse Staatssekretär Werner Gatzer vom Finanzministerium im Aufsichtsrat sitzt (zusammen mit KFW-Chef Ulrich Schröder u.a. – wenn auch eher als Mitläufer trotz Anteilsmehrheit).

Eine Anfrage der Linken wurde abgelehnt – es bestünden keine Rechte und Pflichten sich hierzu zu rechtfertigen.

Die Arbeitnehmervertretung sitzt bei strategischen Entscheidungen nicht im Aufsichtsrat.

Es wird also fleißig weiter dereguliert, wie es unter Gerd Schröders Agenda 2010 vorgegeben wurde… (Finanzminister Schäubles Ziel ist es weitere Staatsaktien zu verkaufen)

Und mit einem bedenklichen Wirtschaftsprüfer unter Vertrag… (Ein Schelm, wer Böses dabei denkt).

Die Post ging nun soweit, dass sie den Tarifabschluss mit der verdi unterwanderte durch die neugegründete Tochter DHL-Delivery (Fremdvergabe von 49 Standorten):

Den zur Zeit bei der Post arbeitenden Kollegen, deren Verträge ausliefen wurde dort eine Stelle angeboten -mit der Alternative der Arbeitslosigkeit – auch hier gab es keinen Aufschrei von der Regierung. Der neue Verdienst (Tarif Logistik) lag bei bis zu 30% unter dem Post-Haustarif.

Nach einigen Berichten wurden die Verträge in Hotels gemacht und die neuen Arbeitnehmer durften keine Vertragskopien mitnehmen! – nicht rechtens!

Als es nun zu Streiks kam, wurden von der Post diverse Maßnahmen getroffen, diese zu unterwandern:

Eine Unterwanderung des Streiks ist gegen das Verfassungsrecht!

Der Stand der Dinge war, das von den 135.000 Postlern schon viele Beamte und Mitarbeiter in Befristeten Verträgen sowie Abrufkräfte vorhanden waren.

Die maximale Anzahl an Streikenden, lag zu Ende des Streiks bei gut 35.000 Kollegen (im Laufe von mehreren Streikwochen stetig angewachsen)- warum wurde hier nicht direkter mobilisiert?

In einem Maße, wie ich es bisher nicht kannte, wurde zeitgleich im neuen hauseigenen Post-Fernsehen sowie mit Sonderbeilagen des Postmagazins ein positives Image suggeriert.

Es kamen Details heraus, in denen Beamte doch nicht so freiwillig für sie nicht vorgesehene Positionen als Streikbrecher eingesetzt wurden.

Hiergegen klagte Ver.di, obsiegte im ersten Verfahren nicht. In späteren Fällen wurde erneut geklagt…

Weitere Steikbrechungsmaßnahmen waren:

Das Anheuern von ausländischen Hilfsarbeitern durch Zeitarbeitsfirmen und Werkverträge (Diese waren dann über die DHL-Tochter Sorting und 12 weitere Töchter Handlanger).

Durch das Jobcenter vom Staat ebenfalls geduldete Maßnahmen von Leiharbeit (nur Mindestlohn!) – wo bleibt die Jobcenter Neutralität?

Sonntagsarbeit!

Mitarbeiter von Großkunden wurden teilweise auch als Streikbrecher eingesetzt.

Die Finanzkontrolle für Schwarzarbeit wurde hier von DGB-Sprecher Körzell aufgefordert zu reagieren!

Wenn Appel so kreativ und mit Geldmitteln verbunden das Streikrecht unterläuft, erkennt man, mit welchem Nachdruck die Verfolgung seiner Aktionärsziele ihm wichtig sind.

Hierzu wäre noch zu erwähnen, dass der Marktanteil des Bereichs Paket bei 42% liegt und der Gewinn vor Steuern 2 Mia. € und die DHL mit weitem Abstand Marktführer ist.

Dem Endkunden wird trotz des Streiks und der nur schwachen Steikbrechungsmaßnahmen vorgegaukelt, der Verspätungszeitraum belaufen sich bei maximal einem Tag und das bei nur 20% aller Briefe/Pakete.

Einige Testläufe z.B. im Grossraum Hamburg ergaben nicht ansatzweise dieses Ergebnis- 60% kamen zu spät – mit bis zu 10 Tagen Verspätung.

Die Kollegen der Post wurden mit einer Einmalzahlung und den weiteren schon von AK- Kollegen als mager eingestuften Zahlungen für 2016/17 abgespeist. Die Arbeitszeitverkürzung von 38 auf 36,5 wurde aufseite gekehrt. Wir als AK schlossen uns ja in diesem Jahr der Forderung der IG Metall , die Pionier hierbei war, an und übernahmen dies u.a. als unser diesjähriges Motto zum Tag der Arbeit für unser Plakat.

Eine Bitte an die Kollegen der Post – haltet Augen und Ohren offen – eh der Postvorstand seine neuesten Abwicklung schnell umgesetzt hat! Seid weiterhin solidarisch zu den 6.500 Kollegen, die jetzt bei Delivery sind! – gebt nicht auf im Arbeitskampf – macht euch schlau über eventuelle Alternativen zu verdi – werbt für die Zukunft weitere Kollegen an – denn um einen derart verstrickten Konzern Paroli zu bieten zählt die breite Masse! Hierbei sind auch auch die Kunden und alle, die Solidarität leben, angesprochen.

Wer im Raum Aachen wohnt, kann uns auch als Gewerkschafter/Innen-Arbeitskreis bei unseren monatlich stattfindenden Sitzungen kontaktieren. ( siehe oberes Register Einladungen/Treffen).

Die Frage stellt sich mir , warum trotz stark verhärteten Fronten es dann doch zu einem so schnellem Abschluss kam – der jedoch die Kernforderungen, die Delivery GmbH zurückzuführen, nicht ansatzweise erfüllte und weitere Fremdvergaben nur bis 2019 limitierte. Nun müssen Arbeitslose, die unter Druck einer Eingliederungsvereinbarung stehen, erstmal zur Delivery – eventuell als Aufstocker? …

Aber die Politik der letzten etablierten Regierungen kümmert das nur wenig… ( sind ja auch nur fremdbestimmt!).

Zum Abschluss möchte ich noch ein Lob aussprechen an die Kollegen, die es für selbstverständlich hielten, auch für Ihre befristeten Kollegen mit zu streiken, welche mehr oder weniger verständlich nicht streikten!

Hier hat Ver.di es auch geschafft, alle, die über die gesetzliche Zeit von 2 Jahren sich befanden, zu entfristen!

Ralph Quarten“

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