Kollege Fred Maintz und die hochinteressante Betrachtung zum Ausgang der italienischen Parlamentswahl 2018!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

soeben erreicht uns als Gewerkschafter/innen-Arbeitskreis (AK) ein Beitrag des Kollegen Fred Maintz (http://www.ak-gewerkschafter.de/?s=fred+maintz).

Fred nimmt darin einen interessanten Bezug auf die Parlamentswahlen in Italien.

Wir haben seine komplette Mitteilung nachstehend zu Eurer gefälligen Kenntnisnahme auf unsere Homepage gepostet.

Für den AK Manni Engelhardt -Koordinator-

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Kollege Fred Maintz teilt mit:

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

„5 Sterne“ in Italien stärkste Kraft:

Ich meine: auch einige Linke sollten jetzt mal zur Kenntnis nehmen, was mit Sicherheit auch hierzulande möglich wäre, wenn sie es mit ihrem Feldzug gegen die in den klassischen linken Feldern (Soziales, Wirtschaft, Steuern) kompetente LINKE-Fraktionsvorsitzende Sahra (Wagenknecht), Oskar (Lafontaine) und deren zahlreichen Anhänger(inne)n in der Bevölkerung zu weit (bis hin zu widerlichen und ungerechten „Rassismus“-Vorwürfen) treiben:

viele (eher) linke Wähler(innen) geben dann bei entsprechendem Angebot verständlicherweise einer (links-) „populistischen“ Partei den Vorzug, die mit einer geschickten Themen-Kombination viele Menschen überzeugt: sozialpolitisch eher links und dabei von der Notwendigkeit nationalstaatlicher Absicherungen überzeugt, gesellschaftspolitisch eher liberal und skeptisch gegenüber unbegrenzter Zuwanderung:

https://www.0815-info.com/News-Parlamentswahlen-in-Italien-item-12089.html

Die Ergebnisse der italienischen Parlamentswahlen sind für die Kräfte des politischen Establishment nicht einmal mehr mit einem Erdbeben zu vergleichen. Das alte politische Parteiensystem ist zerbrochen.

Mit kollegialen Grüßen

Fred Maintz

 Anhang nachstehend:


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von Andreas Grünwald

Vor allem die Partei des nun ehemaligen Ministerpräsidenten Matteo Renzi verliert deutlich und landet bei nunmehr nur noch mageren 18 Prozent. Von deutschen Linken wird diese Partei, die einst aus der stolzen und mächtigen Kommunistischen Partei Italiens hervorging, häufig als „linksdemokratisch“ bezeichnet. Von Medien als „sozialdemokratisch“. Tatsächlich ist sie weder das eine, noch das andere. In Italien ist sie längst zu einer Kraft des Neoloberalismus und des Ausverkauf des Landes an die Europäische Union verkommen. Dafür erhält sie jetzt eine deutliche Quittung.

Eindeutiger Wahlsieger ist indes die linkspopulistische Bewegung der 5 Sterne, die bei einer hohen Wahlbeteiligung etwa 33 Prozent der Wählerstimmen holt. Damit weist sie auch rechtspopulistische Parteien, wie die Partei von Berlusconi und die Lega Nord, in die Schranken, die freilich zusammen über 37 Prozent der Wählerstimmen holten. Stärkste Einzelkraft dort ist die Lega mit rund 18 Prozent der Wählerstimmen. Doch damit bleibt die rechtspopulistische Front unter den erwarteten 40 Prozent, was nach dem deformierten italienischen Wahlrecht – deformiert ausgerechnet von den so genannten Linksdemokraten – vermutlich zu einer absoluten Mehrheit dieser Kräfte im Parlament geführt hätte. Das wiederum ist vor allem den 5 Sternen zu verdanken, während linke und linksradikale Formationen ebenfalls eine herbe Niederlage einstecken müssen. Liberia e Uguali – ein Sammelbecken diverser linker Gruppierungen – liegt bei unter 4 Prozent und das von kommunistischen Gruppen gebildete Wahlbündnis Potere al Popolo liegt mit mageren 1,5 Prozent der Wählerstimmen deutlich unter der 3 Pozent Klausel. Es wird im Parlament nicht vertreten sein.

Fazit: Auch in Italien ist jetzt das alte Parteiensystem restlos zerbrochen. Wie zuvor schon in Frankreich. Eine Linke, die sich indes selbst einen Kurs der „Gestaltung“ dieser neoliberalen Unmenschlichkeit verordnet hat, kann davon aber in keiner Weise profitieren. Aber auch keine Linke, die Politik und Themen der gesellschaftlichen Rechtsentwicklung nur auf „Antifa“ bzw. Themen der Migration reduziert. Auch sie gerät ins Bodenlose. Tatsächlich wird die Rechtsentwicklung nur von linkspopulistischen Formationen gestoppt oder zumindest doch eingeschränkt. Formationen die einerseits eine deutliche Distanz zur EU formulieren, die andererseits aber vor allem wissen, dass es einen Kurs in Richtung von mehr Demokratie und in Richtung von mehr sozialer Gerechtigkeit realistischer Weise eben nur als ein nationalstaatliches politisches Projekt geben kann. Dazu gehört es alle oppositionellen Kräfte des eigenen Volkes – auch unabhängig von der Herkunft und mit einer deutlichen Absage an Diskriminierungen – zu einen (was nun vor allem im Süden Italiens gelungen ist, wo die 5 Sterne in zahlreichen Regionen bei 40 oder sogar bei 50 Prozent oder mehr liegen), wie aber anderseits auch eine klare und deutliche Absage an abenteuerliche Konzeptionen des „No-Border“, die an der Wirklichkeit vollständig vorbei gehen und sich selbst allenfalls als ein weiterer Motor der gesellschaftlichen Rechtsentwicklung erweisen.

Linksradikale und sozialistische Formationen können in einem solchen Projekt ihren eigenen Platz einnehmen. Freilich ohne überzogene Führungsansprüche. Das wäre wertvoll, auch um Fehlentwicklungen wie etwa bei Podemos in Spanien mit der Kraft eigener Argumente zu behindern. In Konkurrenz zu einer solchen Sammlungsbewegung, haben sie indes nicht die geringste Chance. Auch für Deutschland wird genau darin – und ähnlich wie in Frankreich – die mittelfristige Perspektive liegen. Alles andere ist kalter Kaffee und maximal ausgedacht. Und wer das von meinen linken Freunden nicht endlich begreift, der wird an den gegebenen politischen Zuständen auch nicht das Geringste ändern können. So ist, ob es uns nun passt oder eben auch nicht.

© Andreas Grünwald

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