Liebe Kolleginnen und Kollegen,
soeben hat uns als Gewerkschafter/Innen-Arbeitskreis (AK) der 8. ordentliche NEWSLETTER 2023 des Kollegen Harald Thomé (http://ak-gewerkschafter.com/?s=harald+thom%C3%A9) erreicht.
(Foto: Regine Blazevic)
Wir haben diesen NEWSLETTER zu Eurer gefälligen Kenntnisnahme und Bedienung auf unsere Homepage gepostet und in den Kategorien „HARTZ IV“ (http://ak-gewerkschafter.com/category/hartz-iv/) und „SOZIALPOLITIK“ (http://ak-gewerkschafter.com/category/sozialpolitik/) archiviert.
Für den AK Manni Engelhardt -Koordinator-
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Thomé Newsletter 08/2023 vom 26.02.2023
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,
mein heutiger Newsletter zu folgenden Themen:
1. Ablehnung mit Verweis auf vorrangige Leistungen am Beispiel des Landkreises Kassel
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Hier einmal ein wenig praktische Rechtskunde: eine Familie mit Einkommen stellt einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II, Bürgergeld genannt. Das betreffende Jobcenter lehnt den Antrag mit Verweis auf vorrangige Leistungen ab. Das ist rechtswidrig.
1. Bei SGB II – Leistungen handelt es sich um Rechtsanspruchsleistungen, diese sind zu erbringen, wenn Hilfebedürftigkeit vorliegt. Einzige Ausnahme ist, die Antragstellenden haben darauf verzichtet. Das BSG sagt dazu: „Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist nur eine tatsächlich zugeflossene Einnahme als „bereites Mittel“ geeignet, den konkreten Bedarf im jeweiligen Monat zu decken“ (BSG 12.11.2012 – B 14 AS 161/11 R). Die BA sagt in Ihrer Weisung zu § 67: „Sofern ein vorrangiger Anspruch auf KiZ festgestellt wird, ist im Sinne einer zeitnahen Sicherstellung des Lebensunterhalts aber regelmäßig in Vorleistung zu gehen, d. h. die Leistungen nach dem SGB II sind zu bewilligen und es ist ein Erstattungsanspruch anzumelden. Dies gilt auch im Hinblick auf andere vorrangige Leistungen„, (Weisung zu § 67, Stand: 24.06.2022, S. 37).
Zusammengefasst: wegen fehlendem Zufluss der anderen Sozialleistung dürfen keine SGB II-Leistungen versagt werden. Das bedeutet, das Kasseler Verwaltungshandeln ist alleine deswegen gravierend rechtswidrig.
2. Besteht für Bewilligungszeiträume die bis zum 30. Juni 2023 beginnen keine Pflicht Wohngeld zu beantragen (§ 85 SGB II). Das heißt der Kasseler Verweis auf die vorrangige Leistung ist auch aufgrund dieser Rechtslage rechtswidrig.
Zusammengefasst: das ist eine glatte Sechs. Weder werden unmittelbare anzuwendende Rechtslagen berücksichtigt, noch wird die Beratungspflicht nach § 14 SGB I und § 14 Abs. 2 SGB II umgesetzt.Es gibt lediglich den Versuch einer Bescheidbegründung mit den nicht zu verstehenden Berechnungen über vorrangige Leistungen.
Hier nun zu dem Kasseler Landrechtsbescheid: https://t1p.de/x5hh9
2. Drittstaatsangehörige aus der Ukraine: SGB-II-Anspruch auch mit Fiktionsbescheinigung
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Es häufen sich die Meldungen, nach denen Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine mit Fiktionsbescheinigung, die nicht die ukrainische Staatsangehörigkeit haben, vom Jobcenter die Leistungen verweigert werden. Die Begründung ist in vielen Fällen, dass sie keine oder keine ausreichende Arbeitserlaubnis in ihrer Fiktionsbescheinigung hätten und deshalb gem. § 8 Abs. 2 SGB II ausländerrechtlich nicht erwerbsfähig seien. Besonders betroffen sind von der Leistungsverweigerung Drittstaatsangehörige, die aufgrund der Erlasslage etwa in NRW und Niedersachsen eine Fiktionsbescheinigung auf Grundlage des § 16 a oder b AufenthG erhalten haben, um Zeit zu bekommen, die Voraussetzungen für einen Studierendenaufenthalt oder einen Aufenthalt zum Zwecke der Ausbildung zu schaffen.
Die Leistungsverweigerungen durch das Jobcenter sind rechtswidrig. Es besteht auch in diesen Fällen ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Im Folgenden sollen die unterschiedlichen Konstellationen dargestellt werden.
Dazu eine umfassende Info mit Erlassen auf der Seite der GGUA Münster: https://t1p.de/zrmmh
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3. Neue Weisung zu § 42, 41a und 74 SGB II
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Die BA hat wieder einige neue Weisungen erlassen und davon ist bekannt, die Weisung zu:
– § 41a SGB II zur Vorläufigen Entscheidung
– § 42 SGB II zur Fälligkeit, Auszahlung und Unpfändbarkeit der Leistungen
– § 74 SGB II zu den Ansprüchen von Ausländerinnen und Ausländern mit einer Fiktionsbescheinigung
Diese Weisungen gibt es hier: https://t1p.de/d6vrb
4. MAGS NRW zur Übernahme von Beiträgen für Mietervereinen im SGB II
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Weil es immer wieder Beratungsinhalt ist und auch für die Sozialberatung bundesweit von Interesse, haben wir das MAGS NRW, als fachaufsichtsführende Stelle für die KdU in NRW zum Thema angefragt. Das Ergebnis wollen wir weitergeben.
MAGS zu Mietervereinsbeiträgen: https://t1p.de/0cao1
5. Energiehilfekampagne / Weiterhin: Aufforderung zum Mitmachen
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Vorab die Info: die Homepage wurde auf die Rechtsänderungen zum 1.1.2023, rund um das Bürgergeldgesetz, angepasst. Die bundesweite Aufklärungs- und Unterstützungskampagne für Betroffene hoher Energiekosten www.energie-hilfe.org wurde im Nov. 2022 gestartet. In der Zeit wurden bundesweit fast 145.000 Flugblätter und Tausende von Plakaten verschickt und verteilt. Die letzten 5.000 Flyer und 1.500 Plakate können noch bei uns abgerufen werden.
Zu diesem Thema gibt es auch eine richtig positive und eine negative Meldung: ins Bürgergeldgesetz ist eingeflossen „wird ein SGB-II-Antrag für einen einzelnen Monat für die Übernahme von Nachzahlung von Heizkosten (nicht Betriebskosten) oder Aufwendungen der „angemessenen“ Beschaffung von Heizmitteln gestellt, wirkt dieser Antrag, wenn er bis zum Ablauf des dritten Monats nach dem Fälligkeitsmonat gestellt wird, auf den Ersten des Fälligkeitsmonats zurück“. Das gilt nur für Anträge, die ab 2023 gestellt werden (§ 37 Abs. 2 S. 3 SGB II). Hier hat die energie-hilfe-Kampagne konkrete Wirkung gezeigt.
Diese Nachwirkungsregelung gilt aber nicht für das SGB XII. Hier werden die alten, kranken und behinderten Menschen wieder einmal komplett alleingelassen und diskriminiert.
Mitmachen!
Ihr/Sie könnt und sollt bei der Kampagne mitmachen. Bitte werbt in Euren/Ihren Strukturen und Organisationen dafür! Wenn viele darüber informieren, gewinnt sie weitere Tiefe.
Die Kampagne baut darauf auf, dass Infomaterial in Beratungsstellen, Stadtteilzentren, Gewerkschaftsbüros, Jugendzentren, Kindergärten, Kneipen, Kinos, Unis, Stadtbibliotheken ausgelegt und aufgehängt werden soll. Diese Verteilung müsst Ihr/Sie in euren Kommunen, Strukturen oder Einrichtungen organisieren. Diese Materialien versenden wir kostenfrei.
Daher liebe Leute: Material ist genug da, bestellt und verteilt. Hier geht es direkt zur Seite mit den Materialien und zur Bestellung: https://www.energie-hilfe.org/infomaterial.html
6. KdU – Richtlinien bitte auf Aktualität prüfen
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Wie wahrscheinlich bekannt ist, veröffentliche ich die mir bekannten bundesweiten KdU Richtlinien, diese gibt es hier: https://t1p.de/ixqj
Diese müssen regelmäßig auf Aktualität geprüft werden. Ich mochte euch daher bitten, schaut in der Liste nach und wenn ihr aktuelle Zahlen für KdU-Richtlinien/MOG-Werte habt, übersendet diese bitte.
Dann habe ich eine Bitte an einen Menschen, der oder die zeitliche Kapazitäten frei hat. Vielleicht kann sich jemand von euch vorstellen, sich diese Liste vorzunehmen und jede Richtlinie, die älter als 2023 durch eine Internetrecherche auf Aktualität zu prüfen. Dabei kann folgendermaßen vorgegangen werden: Einfach den Namen des jeweiligen Jobcenters zusammen mit den Begriffen „KdU – Richtlinie“, „MOG“ oder „KdU Verwaltungsanweisung“ o.ä. in eine Suchmaschine eingeben. Aus dem Ergebnis ein Pdf-Dokument erstellen. Bei der Bezeichnung der Datei dann nach dem Muster: „KdU xxx (Stadt/Kreis nennen) – und dann Datum zB. 1.1.2023 vorgehen und die Datei so abspeichern. Dann entspricht es meinem Schema und kann ohne viel Arbeit von mir weiterverwendet werden.
Diese KdU Werte sind für viele Betroffene und auch BeraterInnen von enormer Wichtigkeit und die Datenbank zu pflegen ist richtig viel Arbeit, dabei könnte ich sehr gut Hilfe gebrauchen. Also Freiwillige vor. Wer Richtlinien bzw. MOG-Werte hat, kann die auch über den anonymen Upload oder mit normaler Mail schicken.
7. Tacheles sucht Unterstützung in der Beratung
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Wir vom Tacheles suchen Menschen, die Lust haben, bei uns dauerhaft in die ehrenamtliche Beratungsarbeit einzusteigen und sich zu engagieren. Wir bieten Ehrenamtstätigkeit, ein tolles Team, eine fundierte Ausbildung und Schulung in der Sozialberatung, organisiertes Chaos und ganz viele Situationen, in denen engagiertes Einschreiten notwendig ist.
Gerne können die Mitstreiter*innen vom Fach sein, ehemalige Verwaltungsmitarbeiter*innen, pensionierte Juristen*innen, Sozialarbeiter*innen und natürlich auch Nicht-Fach-Menschen, wie selbst Leistungsbezieher oder ehemalige die sich vorstellen können, solch eine Arbeit durchzuführen. Super wäre natürlich, wenn ihr aus Wuppertal kämt, aber auch aus unmittelbaren Nachbarstädten wäre das auch möglich.
Wer Interesse hat, möge sich bitte bei info@tacheles-sozialhilfe.org melden