Liebe Kolleginnen und Kollegen,
soeben hat uns als Gewerkschafter/Innen-Arbeitskreis (AK) der 29. ordentliche NEWSLETTER 2023 des Kollegen Harald Thomé (http://ak-gewerkschafter.com/?s=harald+thom%C3%A9) erreicht.
(Foto: Regine Blazevic)
Wir haben diesen NEWSLETTER zu Eurer gefälligen Kenntnisnahme und Bedienung auf unsere Homepage gepostet und in den Kategorien „HARTZ IV“ (http://ak-gewerkschafter.com/category/hartz-iv/) und „SOZIALPOLITIK“ (http://ak-gewerkschafter.com/category/sozialpolitik/) archiviert.
Für den AK Manni Engelhardt -Koordinator-
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Thomé Newsletter 28/2023 vom 17.09.2023
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,
mein heutiger Newsletter zu folgenden Themen:
1. Bundeskabinett beschließt Regelbedarfe für 2024
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Das Bundeskabinett hat in der Sitzung vom 13.9.2023 die Anpassung der Regelbedarfe zum 1.1.2024 beschlossen. Danach steigen die Regelbedarfe um etwa 12 Prozent, bei einer*m Alleinstehenden und somit die Regelleistungen von 502 Euro auf 563 Euro. Die Anpassung ist gesetzlich vorgeschrieben. Die Anpassungsformel wurde zuletzt durch das Bürgergeld verändert, um einen Kaufkraftverlust der Leistungsberechtigten durch die aktuell sehr hohe Inflation zu verhindern.
Mehr Infos beim Pari: https://t1p.de/e1t2j
Die vom Kabinett beschlossene Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2024 – RBSFV 2024 zum Download: https://t1p.de/7apxn
Einen beachtenswerten Part des Pari zum Thema Lohnabstandsgebot:
„In der politischen Debatte wird verschiedentlich wieder einmal auf ein Lohnabstandsgebot verwiesen: Erwerbsarbeit lohne sich nicht oder nur zu wenig, weil die Grundsicherungsleistungen zu stark stiegen. Dazu prinzipiell: die rechtliche Norm eines Lohnabstandes wurde vom Bundesverfassungsgericht 2010 kritisiert und findet sich seitdem nicht mehr im Gesetz. Für die Ermittlung des Existenzminimums sind die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt rechtlich nicht relevant. Gleichwohl ist es eine gesellschaftlich geteilte Norm, dass Erwerbstätige mehr Geld zur Verfügung haben sollen als Nicht-Erwerbstätige. Dies ist mit den geltenden Regeln auch gewährleistet, da ggf. auch für Erwerbstätige Ansprüche auf ergänzende Leistungen bestehen und Erwerbseinkommen teilweise nicht angerechnet werden. Zur Stärkung von Erwerbsanreizen gibt es zudem eine einfache Lösung: Anpassung auch des Mindestlohns und der Tariflöhne, damit auch für Erwerbstätige mit geringen Einkommen ein hinreichender Inflationsausgleich realisiert wird. Eine faktische Absenkung des menschenwürdigen Existenzminimums durch eine unzureichende Fortschreibung der Regelleistungen ist dagegen unsozial und wiiderspricht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts.“
2. Wohl keine Gleichbehandlung zwischen dem SGB II und SGB XII – oder die gewollte Benachteiligung der „Alten, Kranken und Behinderten“ durch den Gesetzgeber
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Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf „zur Anpassung des Zwölften und des Vierzehnten Buches Sozialgesetzbuch und weiterer Gesetze“ (20/8344) vorgelegt … dies erfolgte unter anderem „aus Gründen des Gleichlaufs“ = Gleichbehandlung zwischen dem SGB II und SGB XII, so zumindest die Formulierung der Bundesregierung.
Die Realität sind anders aus. Restriktive Regelungen des SGB II zur Anrechnung von einmaligen Einnahmen aus Zeiten vor dem Zufluss werden übernommen. In den Punkten, wo eine Gleichbehandlung dringend erfolgen müsste, passiert nichts. Tacheles hatte im Gesetzgebungsverfahren eine umfassende Stellungnahme geschrieben und insbesondere diese Ungleichbehandlung herausgearbeitet. Wer sich diese, neben dem Referentenentwurf, anschauen will findet sie hier: https://t1p.de/v3ivy
Den aktuellen Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 13.09.2023 gibt es hier: https://t1p.de/to624
Das Tacheles und ich appellieren nochmal eindringlich an den Gesetzgeber: Die Anpassungen vom SGB XII an das SGB II sind dringend vorzunehmen. Dies nicht zu tun bedeutet, diese Menschen abzuschreiben. Kümmert Euch um diese Menschen. Sie sind alt, krank oder behindert und benötigen gesellschaftliche Solidarität UND treibt sie nicht in die Arme der Rassisten und Nazis. Denn das ist eine Konsequenz des Abschreibens von Menschen!
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NomosHandkommentar – Lehr- und Praxiskommentar SGB I
Erstklassig: Der „Münder“ zum SGB II in der Neuauflage. Erscheint Oktober 2023
Das Standardwerk zum Recht der Grundsicherung kommentiert alle Neuregelungen der Bürgergeld-Reform. Schwerpunkte sind:
Begriff der Hilfebedürftigkeit/Mehrbedarfe, Anrechenbarkeit von Einkommen/Vermögen etc., Leistungsminderung, Angemessenheit der Wohnung, Kooperationsplan ab 1.7.2023, Übernahme von Weiterbildungskosten.
Berücksichtigt umfassend neue Gerichtsentscheidungen und die Gesetzgebung der letzten Jahre. Ebenso bereits berücksichtigt: Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts, Gesetzentwurf zur Anpassung des SGB XII und SGB XIV sowie weitere Gesetze.
Den Kommentar, den neuen „Leitfaden SGB II/SGB XII“ sowie alle anderen aktuellen Werke zum „Bürgergeld“ finden Sie hier: zum Nomos-Shop.
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3. Das SG Karlsruhe macht einen Vorlagebeschluss zum Bundesverfassungsgericht um prüfen zu lassen, ob die Regelungen des Sofortzuschlages und einer Einmalzahlung in den sozialen Mindestsicherungssystemen verfassungskonform waren
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Das mutige Sozialgericht Karlsruhe hat in drei Fällen einen Vorlagebeschluss an das BVerfG gemacht um prüfen zu lassen ob die Regelung einer Einmalzahlung der Grundsicherungssysteme an erwachsene Leistungsberechtigte und zur Verlängerung des erleichterten Zugangs zu sozialer Sicherung und zur Änderung des Sozialdienstleister-Einsatzgesetzes aus Anlass der COVID-19-Pandemie (Sozialschutz-Paket III) und zur Regelung eines Sofortzuschlages und einer Einmalzahlung verfassungskonform ausgestaltet waren.
Die Aktenzeichen lauten: SG Karlsruhe, Urt. v. 06.06.2023 – S 12 AS 2208/22; S 12 AS 1358/23; S 12 AS 1359/23.
Hier nun zum Vorlagebeschluss: https://t1p.de/tx5t6
4. Neue Weisung der BA zur Erreichbarkeit
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Seit dem 08.08.2023 ist die SGB II eigene Erreichbarkeits-Verordnung in Kraft https://t1p.de/lsatv dazu hat jetzt die BA eine umfassende Dienstanweisung erlassen, diese ist hier zu finden: https://t1p.de/buca und dann unter § 7b SGB II.
5. Neue Weisungen zum Wohngeldgesetz
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Auf der Tacheles-Seite sind neue ministeriale Weisungen des Landes NRW zum WoGG (hat auch in der Rest der Republik Gültigkeit) und Ministerielle Bearbeitungshinweise des Landes NRW zur Einkommensanrechnung nach dem WoGG veröffentlicht.
Außerdem Durchführungshinweise des BMWSB zur Verjährung von Erstattungsansprüchen nach § 50 Absatz 4 und § 52 Absatz 2 SGB X.
Letzte sind von großer Bedeutung, weil es hier um die Formalien geht, dass Erstattungsansprüche nach vier Jahren verjähren und was die Behörde zu tun hat, um dies zu hemmen.
Die ministeriellen Bearbeitungshinweise um WoGG, gibt es hier: https://t1p.de/oa6zp, die Bearbeitungshinweise zur Einkommensanrechnung: https://t1p.de/6trqm und Durchführungshinweise des BMWSB zur Verjährung von Erstattungsansprüchen gibt es hier: https://t1p.de/eau16
6. EU-Parlament verabschiedet EU-Verbraucherkreditrichtlinie mit Recht auf unabhängige und kostenfreie Schuldnerberatung
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Aus der PM der BAG-SB vom 12.09.2023: Mit der gestern vom EU-Parlament verabschiedeten EU-Verbraucherkreditrichtlinie [vgl. www.europarl.europa.eu] wird erstmals in der Geschichte die Voraussetzung für ein Recht auf unabhängige und kostenfreie Schuldnerberatung geschaffen. „Das ist ein Meilenstein, der hilft, dass überschuldete Menschen schnell Rat bekommen und nicht länger von unseriösen Anbietern abgezockt werden“, sagte Ines Moers, Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung e. V. (BAG-SB). „Wir begrüßen die Entscheidung des EU-Parlaments ausdrücklich, denn mit dieser Richtlinie kann in Deutschland endlich ein Recht auf Schuldnerberatung umgesetzt werden. Die unsägliche Situation, mit der je nach Wohnort der Zugang unterschiedlich geregelt ist, hat somit bald hoffentlich endlich ein Ende“.
Zur PM der BAG-SB: https://t1p.de/5a1i3