Liebe Kolleginnen und Kollegen,
soeben hat uns als Gewerkschafter/Innen-Arbeitskreis (AK) der 21. ordentliche NEWSLETTER 2023 des Kollegen Harald Thomé (http://ak-gewerkschafter.com/?s=harald+thom%C3%A9) erreicht.
(Foto: Regine Blazevic)
Wir haben diesen NEWSLETTER zu Eurer gefälligen Kenntnisnahme und Bedienung auf unsere Homepage gepostet und in den Kategorien „HARTZ IV“ (http://ak-gewerkschafter.com/category/hartz-iv/) und „SOZIALPOLITIK“ (http://ak-gewerkschafter.com/category/sozialpolitik/) archiviert.
Für den AK Manni Engelhardt -Koordinator-
***************************************************
Thomé Newsletter 21/2023 vom 24.06.2023
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,
mein heutiger Newsletter zu folgenden Themen:
1. BMAS legt Entwurf der SGB II – Erreichbarkeitsverordnung vor
———————————————————-
Das BMAS hat einen Entwurf der SGB II-Erreichbarkeitsverordnung vorgelegt, diese soll dann den Namen „ErrV“ erhalten. Diese Erreichbarkeitsverordnung enthält einige wirklich gute Änderungen, im Kern: Wegfall der persönlichen postalischen Erreichbarkeit, Ausweitung des orts- und zeitnahen Bereichs und weitere wichtige Gründe für Unerreichbarkeit Leistungsbeziehender.
Grade der erste Punkt, der Wegfall der persönlichen postalischen Erreichbarkeit wird erhebliche Bedeutung haben, da nunmehr Behördenpost nicht mehr persönlich in Empfang genommen werden muss, sondern nun auch von Dritten. Die Behördenpost kann dann den Betreffenden digital übersandt werden. Das wird eine Riesenerleichterung insbesondere für wohnungslose und obdachlose Menschen bedeuten. Die Stellen zur postalischen Erreichbarkeit dieser Personengruppen könnten ihren Servicebereich dadurch deutlich ausweiten.
Bemerkenswert ist aber, dass das BMAS in allen SGB II/SGB XII – Änderungen der letzten Jahre Tacheles immer im Rahmen der sog. Verbändeanhörung um vorherige Stellungnahme gebeten hatte. Von dieser Möglichkeit hat Tacheles immer ausgiebig Gebrauch gemacht und einige der Anmerkungen von Tacheles haben so auch Eingang in die Gesetzesänderungen gefunden. Dieses Mal wurde Tacheles nicht um Stellungnahme gefragt. Wir stellen uns schon die Frage warum und werden diese auch dem BMAS stellen. Derweilen entsteht der Eindruck, dass sachkundige Kritik und auch Anregung nicht gewünscht sind?
Den Entwurf der SGB II-Erreichbarkeitsverordnung mit Kurzstellungnahme gibt es auf der Tacheleswebseite unter: https://t1p.de/9c5zb
2. Sachverständige: Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ohne einen gültigen Fahrschein soll keine Straftat mehr sein
————————————————-
Bei einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses am Montag, 19. Juni 2023, hat sich die überwiegende Mehrheit der geladenen Sachverständigen dafür ausgesprochen, die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ohne einen gültigen Fahrschein nicht mehr als Straftat nach § 265a StGB zu ahnden. In einigen Stellungnahmen wurde eine Verortung im Bereich der Ordnungswidrigkeiten vorgeschlagen. Um dem Problem zu begegnen, dass häufig arme und hilfsbedürftige Menschen und Obdachlose, die sich weder die Fahrkarte noch eine Strafzahlung leisten können, von sogenannten Ersatzfreiheitsstrafen betroffen sind, plädierten mehrere Sachverständige für die Senkung der Fahrpreise und die Schaffung eines kostenfreien öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV).
Grundlage der öffentlichen Anhörung war ein Gesetzentwurf der Fraktion Die Linke zur Änderung des Strafgesetzbuchs (20/2081). Darin spricht sich die Fraktion dafür aus, das Fahren ohne Ticket künftig nicht mehr als Straftat zu behandeln. Wie die Abgeordneten schreiben, sei die in Paragraf 265a des Strafgesetzbuches („Beförderungserschleichung“) enthaltene Strafandrohung nicht verhältnismäßig und widerspreche der Funktion des Strafrechts als letztes Mittel (Ultima-Ratio-Funktion).
Weitere Infos: https://t1p.de/m6adk
ANZEIGE
Das Besondere Seminar für Betriebs-u. PersonalrätInnen:
Montag 13. bis 17. November 2023
Im Arbeitsalltag verstärken sich Spaltung und Konflikte innerhalb der Belegschaften
Wie ist es möglich, einer Entsolidarisierung unter den Beschäftigten entgegenzuwirken und die Resilienz der Beschäftigten zu stärken?
Denkklima e.V. als Veranstalter ist gemeinnützig, Link: http://denkklima.de/
+++++++++++++++++++++++++++++++++++
Du/Sie möchtest/möchten eine Anzeige im Newsletter schalten?
Hier geht es zu den Mediadaten und Kosten
+++++++++++++++++++++++++++++++++++
3. PRO ASYL: Bundesregierung verbreitet fake news zur GEAS-Verordnung
————————————————————
Im Moment kursiert im Deutschen Bundestag ein Schreiben ohne Briefkopf, das vom Layout und der Argumentation her dem BMI zuzuschreiben ist*. Darin wird gegen die Kritik der Zivilgesellschaft sachfremd und realitätsfern argumentiert. Immer wieder wird behauptet, dass Schutzsuchende mit guten Anerkennungschancen nicht ins Grenzverfahren kommen würden. Z.B. sagte Bundeskanzler Scholz: „Wer hingegen gute Chancen auf Schutz in Europa hat, weil er aus einem Kriegsgebiet kommt oder politisch verfolgt wird, der wird künftig registriert und kann dann in die EU einreisen.“ (zit. nach FR, afp, 23. Juni 2023). Ähnlich haben sich die Ministerinnen Faeser und Baerbock am 8.6.2023 geäußert.
PRO ASYL hat deshalb einen kurzen Faktencheck erstellt, in dem zentralen Aussagen der Regierung die Realität entgegengestellt wird.
Faktencheck von PRO ASYL: https://t1p.de/h535q
4. BVerfG: Niedriglohn für Gefangene ist verfassungswidrig
————————————————————
Gefangene erhalten derzeit in der Regel weniger als zwei Euro Lohn pro Stunde für ihre Arbeit. Das verstößt gegen das Resozialisierungsgebot, hat das BVerfG entschieden. Die Verfassungsbeschwerden zweier Häftlinge hatten somit Erfolg.
Mehr dazu auf LTO: https://t1p.de/4admm
5. Evident unzureichender Regelbedarf nach dem SGB II für die Jahre 2021 und 2022
———————————————
Rechtsanwalt Schulte-Bräucker berichtet über zwei Verfahren, die derzeit beim LSG NRW anhängig sind. Unter den Aktenzeichen L 12 AS 741/23 (Regelbedarf 2021 und L 12 AS 668/23 (Regelbedarf 2022) wird nunmehr durch das Landessozialgericht geprüft, ob die Regelsätze in den Jahren 2021 und 2022 noch ausreichend bemessen sind. Der Kollege trägt verschiedene (zutreffende) Gründe vor, nach denen die Höhe des Regelsatzes für die Jahre 2021 und 2021 als evident unzureichend anzusehen sind.
RA Lars Schulte-Bräucker gibt den Hinweis, dass in Parallelverfahren, in denen es um die Höhe des Regelsatzes geht, ein Antrag auf Ruhendstellen gestellt werden sollte, bis diese beiden Verfahren entschieden sind.
Im Übrigen wird darauf verwiesen, dass in einem Verfahren bei 4. Senat (!) des BSG, in dem es um eine Nichtzulassungsbeschwerde in Bezug auf die Höhe der Pauschale von 150 EUR in der Coronapandemie ging, vom BSG Prozesskostenhilfe bewilligt wurde.
Das bedeutet, die genannten Verfahren, einschließlich das beim BSG werden interessant. Weitere Infos unter: https://t1p.de/lx52t
6. Empfehlungen des DV zur Ausgestaltung der Kindergrundsicherung
————————————————————————
Aus dem Vorwort: „Die Einführung einer Kindergrundsicherung bietet nach Ansicht des Deutschen Vereins je nach Ausgestaltung die Möglichkeit, Armut bei Kindern effektiver zu bekämpfen, ihre Teilhabemöglichkeiten sicherzustellen und Chancengerechtigkeit zu fördern. Gleichzeitig kann sie dazu beitragen, das System der familienbezogenen Transferleistungen zu vereinfachen“.
Daher sollten die Empfehlungen in den Planungen rund um die Kindergrundsicherung unbedingt berücksichtigt werden.
Diese gibt es hier: https://t1p.de/dxcru
7. Neue Weisung der BA zum SGB II
————————————-
Die BA hat die Fachlichen Weisungen zu § 44a SGB II – Feststellung von Erwerbsfähigkeit und Hilfebedürftigkeit überarbeitet und an die geltende Rechtslage angepasst.
Eine Zusammenfassung der wesentlichen Änderungen gibt es hier: https://t1p.de/hudjv
Die Weisung gibt es unter § 44a SGB II hier zu finden: https://t1p.de/buca
Kurzer Hinweis: zum 1.7.2023 kommt es im Rahmen der Änderungen rund um das Bürgergeld zu einer Reihe von Änderungen. Es ist nicht im Entferntesten verständlich, warum die dahingehenden Weisungen von der BA nicht oder nur sehr zögerlich veröffentlicht werden.