EIN KOMMENTAR UNSERES AK-KOORDINATORS MANNI ENGELHARDT:
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
in jüngerer Zeit erreichen mich immer wieder Anfragen von aktiven Kolleginnen und Kollegen aus diversen Personalräten, wie ich denn als vormals dienstältester Personalratsvorsitzender Deutschlands nach dem novellierten LPVG/NW das „Vorfeld der beabsichtigten Maßnahme“ interpretieren würde.
Um mir die jeweiligen Telefonate gerade zu diesem Themenkomplex ersparen zu können, habe ich hier meine Meinung zu diesem Thema auf unsere Webseite posten lassen:
Die §§ 66 – 71 des LPVG/NW beinhalten die Regeln der Formen und Verfahren der Personalratsbeteiligung (Mitbestimmung).
§ 66 Absatz 1 lautet:
„Soweit eine Maßnahme der Mitbestimmung des Personalrates unterliegt, kann sie nur mit seiner Zustimmung getroffen werden. Eine Maßnahme im Sinne des Satzes 1 liegt bereits dann vor, wenn durch eine Handlung eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme vorweggenommen oder festgelegt wird.“
Die Frage, die sich aus Arbeitnehmervertretungssicht stellt, ist allerdings die, ob eine beabsichtigte Maßnahme, die im Kopf des Dienststellenleiters herangereift ist und den Führungskräften grob skizziert vorgestellt wird, schon das „Vorfeld der Beabsichtigung“ darstellt, und somit zur Einbindung des Personalrates führen muss?
Diese Frage muss ich mit einem ganz klaren JA beantworten, auch wenn dies arbeitgeberseitig oftmals anders gesehen wird. Es macht geradezu Sinn, in diesem frühen Stadium den Personalrat einzubinden, damit dessen Anregungen und Bedenken und/oder Optimierungsvorschläge die entsprechende Berücksichtigung finden können.
Der verständige Dienststellenleiter muss gerade zu ein Interesse daran haben, die Maßnahme durch den Personalrat im möglichst frühen Stadium mitgestalten zu lassen.
Das gegenteilige Handeln, das eher die Regel darstellt, führt dazu, dass der Personalrat nach dem Einreichen des entsprechenden Antrages (§ 66 Absatz 2) ein durch die Dienststellenleitung festgezurrtes Konzept vorgelegt bekommt, wo es dann nur noch dem Personalrat möglich ist, die Maßnahme begründet abzulehnen, was ein weiteres Prozedere (§ 66 Absätze 3 – 7) nach sich zieht, oder ihr zuzustimmen.
In der Regel stimmen Personalräte aber Anträgen (beabsichtigten Maßnahmen) der Dienststellenleitung zu, bei denen die Einbindung des Personalrates im frühen Vorfeld der beabsichtigten Maßnahme tatsächlich beachtet wurde. Sind die Anregungen und Bedenken und/oder Optimierungsvorschläge des Personalrates vor Erstellung des Antrages auf Zustimmung nämlich berücksichtigt, ist kein Grund erkennbar, weshalb der Personalrat dem Antrag nicht zustimmen soll. Der Personalrat ist nämlich auf sogenannte „Augenhöhe“ mit der Dienststellenleitung eingebunden gewesen, was auch dem § 2 des LPVG/NW entspricht, worin die sogenannte „vertrauensvolle Zusammenarbeit“ geregelt ist.
Personalräte, und das scheint mir auch nach der Novelle zum LPVG/NW häufiger der Fall zu sein, die nicht rechtzeitig und umfassend in die durch die Dienststelle beabsichtigten Maßnahmen eingebunden werden, versagen dann meistenteils die Befürwortung der Anträge, weil sie erkennen müssen, dass sich an den beabsichtigten Maßnahmen kaum etwas oder nichts aus Anregung- und Bedenkensicht des Personalrates verändern lässt. Die Versagung der Zustimmung kann im sich daran anschließenden Prozedere um viele Wochen hinauszögern und nicht vorher abzusehende Folgekosten für die Dienststellenleitung erzeugen.
Gerade, wo es um beabsichtigte Maßnahmen aus dem Mitbestimmungskatalog nach § 72 LPVG/NW geht, die die Beschäftigten unmittelbar betreffen, wäre jeder Dienststellenleiter klug beraten, das frühe Vorfeld der beabsichtigten Maßnahme zu berücksichtigen.
Leider hat der Gesetzgeber es auch bei dieser Novelle zum LPVG/NW versäumt, das „Vorfeld der beabsichtigten Maßnahme“ und die darin implizite liegende Beteiligung des Personalrates genauestens zu definieren. Aus diesem Grunde besteht ja hier auch wieder die Unsicherheit bei vielen Personalräten.
Personalräte sollten es deshalb nicht scheuen, mit den jeweiligen Dienststellenleitern die rechtzeitige Einbindung des Personalrates im Vorfeld der beabsichtigten Maßnahme zu besprechen, und einen jeweiligen Rahmen per Dienstvereinbarung festzulegen. Die Vorteile der rechtzeitigen Einbindung des Personalrates im Vorfeld der beabsichtigten Maßnahme liegen allesamt auf der Hand. Es liegt in erster Linie bei den Personalräten, diese Vorteile (Zeit, Geld, Vermeidung von Frust, spätere Akzeptanz durch das Personal) dem Dienststellenleiter aufzuzeigen.
Da, wo Personalräte mit ihren begründeten Vorschlägen wider besseren Wissens kein Gehör finden, liegt meistenteils die bewusste Vermeidung der „Begegnung auf Augenhöhe“ zwischen Dienststellenleiter und Personalrat vor, was dann aber ganz klar dem nichtverständigen Dienststellenleiter angelastet werden muss.
Die nichtrechtzeitige Einbindung des Personalrates ist ein feststellungsklagerelevanter Tatbestand, der durch Personalräte nach diesseitigem Dafürhalten bei den Verwaltungsgerichten dann eingebracht werden kann (§ 79 LPVG/NW), wenn die Absicht des Dienststellenleiters, den Personalrat bewusst im Vorfeld der beabsichtigten Maßnahme -also nicht rechtzeitig und umfassend- informiert zu haben, gegebenenfalls, um den Personalrat zu einer Entscheidung zu „zwingen“ , die unförderlich für die Dienststelle und ihre Beschäftigten ist, oder sich in der Folge schädlich auswirken wird.
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