„Das Restaurant“: Eine Erzählung des Schriftstellers und Kollegen Dinarin Aleksandar Nikolic!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

unser Gewerkschafter/Innen-Arbeitskreis- (AK-) Mitglied, der Schriftsteller Dinarin Aleksandar Nikolic (http://ak-gewerkschafter.com/?s=dinarin+aleksandar+nikolic) kann es, nein er will es nicht lassen, uns mit seinen tief- und hintersinnigen Erzählungen zu konfrontieren, die mit Sicherheit eine literarische Bereicherung auf unserer Homepage darstellen.

Heute erzählt er uns die Geschichte unter dem Titel „Das Restaurant“.

Vielleicht sogar die richtige Lektüre zum Einklang des bevorstehenden Wochenendes?

Für den AK Manni Engelhardt –Koordinator-

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„Das Restaurant“ eine Erzählung des Dinarin Aleksandar Nikolic:

Prolog:

„Als ich zum ersten Mal die deutsche Sprache hörte und nach und nach auch zu sprechen begann, war ich etwa 8 Jahre alt. Dennoch erinnere ich mich ganz genau daran, dass mich verschiedene Redewendungen, Sprüche und Sprichworte im Deutschen, sehr verwunderten. Nicht nur das, sondern einige verstand ich überhaupt nicht. Ich gebe zu, ich verstehe sie bis heute nicht.

Ich nenne ein Beispiel:

„Liebe geht durch den Magen“.

Ich war verwirrt, als ich diesen Spruch, damals wie gesagt 8-jährig, zum ersten Mal hörte. Ja, ich fand ihn ekelhaft und abstoßend. Ich versuchte zu ergründen was das soll. Wenn die Liebe durch den Magen geht – was kommt denn dann raus – dachte ich angeekelt und dachte wer kann denn so einen abstoßenden Spruch erfunden haben. Ich dachte dann weiter – was hat Nahrung mit Liebe zu tun? Liebe kann doch nicht gefressen werden. Geht es hier in irgendeiner Form um Kannibalismus; irgendetwas aus grauer Vorzeit? Dieses Rätsel habe ich bis heute nicht gelöst.

Es ist jetzt mehr als 50 Jahre her – trotzdem – ich lehne diesen Spruch absolut ab. Ich habe ihn niemals verwendet und werde ihn niemals verwenden. Ich gebe zu, der Spruch ärgert mich heute genauso wie damals, als ich ihn zum ersten Mal hörte. Zumeist, wenn ich ihn hörte, sagte ich nichts dazu – allerdings einmal, als ich in einer Bäckerei zwei Brötchen bestellte und hörte, diese wären mit Liebe gebacken, platzte es aus mir heraus und dann auch noch auf Platt:

„ Watt is, so enge Schweinerei, tu die wesch, gib mich die ohne.“

Dazu kann ich nur sagen – ich spreche gar kein Platt.

Ein zweites Beispiel:

„lecker Mädscha“

Tausende Male habe ich das Ärgernis dieses Spruches in den vergangenen mehr als 50 Jahren über mich ergehen lassen.

Aber wer kann im närrischen Rheinland, vor allem im Karneval, sagen dieser Spruch sei nicht bekannt?

Auch dieser Spruch weckt in mir, wie oben erwähnt, eine Assoziation zum Kannibalismus. Kann es denn sein, dass im sogenannten Genpool der Menschheit aus grauer, finsterer Vorzeit ein Kannibalismus-Gen erhalten geblieben ist, das zwar wirkungslos ist, aber zumindest unbewusst Begierden weckt? Vor allem in Zeiten „wider dem tierischen Ernst“, also im Karneval, in dem Masken und auch Hemmungen fallen gelassen werden.

Soweit mein Prolog zur nachfolgenden Erzählung, den ich zum besseren Verständnis vorneweg gesetzt habe.

Nun die Erzählung.

Das Restaurant:

Schon oft erzählte ich über Begebenheiten in der Vergangenheit, und so manch eine Begebenheit ähnelte in einem Ereignis, einer Anderen.

Dieses Ereignis wiederholte sich einige Male, gab mir immer zu denken, aber warum es so war, konnte ich mir nicht erklären. Ich will sagen, dass ich in jenen fernen Jahren Frauen begegnet bin, oder sie zumindest immer wieder an einem bestimmten Ort sah, sie dann plötzlich verschwanden und ich sie nie wieder traf.

Ich beginne auch diese Erzählung wie immer.

In jenen fernen Jahren besuchte ich an diesem Ort, der irgendwo und nirgendwo auf dem blauen Planeten zu finden ist, Orte in regelmäßigen Abständen, aber dennoch immer wieder. Ich erinnere mich an eine bestimmte Bar mit Restaurant, das einen guten Ruf hatte. Bei jedem Besuch saß ich, wie gewöhnlich, an der Bar.

Nicht dass ich absichtlich und eindringlich die Geschehnisse in der Bar beobachtet hätte, eher war ich in Gedanken mit anderen Dingen beschäftigt und dennoch entgingen mir viele Ereignisse nicht, die ich nebenbei bemerkte.

Eigentlich bin ich rein zufällig Beobachter, und wenn ich will, Berichterstatter.

Nun, an einem Abend, ich saß an der Bar, kamen der Koch und sein Gehilfe aus der Küche und stellten sich an die Küchentür.

Der Eingang zur Küche war hinter der Bar, so dass ich sie, an der Bar sitzend, hören und sehen konnte. Ich vergaß, ich sollte vorneweg erzählen, in der Bar und im Restaurant war – ich nenne sie Susanne – als Kellnerin beschäftigt. Sie war schlank und groß gewachsen, jung und hatte ein hübsches Gesicht. Die Haare trug sie zumeist hochgesteckt und gerade deshalb erinnerte sie mich an eine Vestalin, eine römische Tempeldienerin, wie ich sie oft auf antiken römischen Keramiken dargestellt gesehen hatte. Allerdings erinnere ich mich daran, dass mich der leise, leidende Zug, der Susannes Mund umspielte, und den ich immer wieder sah, immer wieder rührte.

Nun, der Koch und sein Gehilfe standen in der Küchentür, und der Blick des Kochs haftete starr auf Susanne, die sich graziös durch die Bar und das Restaurant bewegte und die Getränke auf die Tische stellte.

Ich sah den Koch etwas genauer an, und weder er noch der Gehilfe bemerkten, dass ich sie beobachtete. Der Koch hatte eine stark ausgeprägte Gebisspartie, an den Gehilfen erinnere ich mich nicht, nur das er sehr klein und dünn war. Plötzlich zischte der Koch durch die zusammengebissenen Zähne, und seine Begierde war unmissverständlich:

„Susanne ist so süß, ich könnte ein Stück rausbeißen.“

Ich erschreckte ein wenig und unwillkürlich kam mir der Satz in den Sinn, den ich für totalen Unsinn halte:

– Liebe geht durch den Magen -.

Einige Tage später, an einem sonnigen Nachmittag, sah ich in der Nähe der Bar Susanne und den Koch Hand in Hand spazieren, einander innig zugewandt. Wie bereits eben erwähnt, wiederholte sich das beschriebene Ereignis. Das war das letzte Mal, dass ich Susanne sah.

Nebenbei, das Restaurant wurde für eine Spezialität, das Straußensteak, allseits gerühmt.

Dinarin Aleksandar Nikolic

Epilog:

Ich weiß dass kein Schriftsteller der Welt für Alle schreiben kann. Das ist weder möglich, noch von Bedarf. Es kann durchaus sein, dass sich die Gemüter derer, die Karneval als Brauchtum, für ein hohes Gut der rheinischen Kultur halten, regen werden. Das, denke ich, ist auch gut so, allerdings nur dann, wenn diese eine eigene Stellung beziehen und diese auch erklären – sozusagen Farbe bekennen. Es genügt nicht nur zu verneinen, denn darauf antworte ich immer mit einem freien Zitat aus Goethes Faust: „Nur der Ungeist, der stets verneint.“

Zweifellos gibt es auch kluge Sprüche im Deutschen – zum Beispiel: „An den Worten wirst Du sie erkennen.“

Also rufe ich sehr gerne auf, Farbe zu bekennen und durch Worte zu belegen.

Dinarin Aleksandar Nikolic“

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