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Meta
Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
der wirkliche Gedenktag ist dieser 9. November. Die ein oder andere mag anderer Ansicht sein. Ein sozialistisch verfaßtes Deuschland, hätte es aus den Trümmern des Kaiserreiches sofort und nicht erst nach 30 Jahren entstehen können, wäre dem 2. Weltkrieg zuvorgekommen. Mit einem solchen Deutschland wäre die Geschichte Europas anders verlaufen. Besser.
Daher noch einmal ein Rückblick auf die Situation am Berliner Schloß:
Mit sozialistschen Grüßen,
Paul Michels
Liebknecht an das Volk
9. November 1918
Gegen 4 Uhr entwickelte sich um das Schloß ein lebhaftes Gedränge. Die Auffahrten und der Platz vor dem Balkon waren dicht besetzt. Eine Anzahl von Automobilen mit roter Fahne hielt unter der Menge. Unter lebhaftem Jubel schob sich ein kleiner Kraftwagen, auf dessen Oberdeck Karl Liebknecht unter einer großen roten Fahne stand, durch die Masse und hielt gegenüber dem Hauptportal des Schlosses. Liebknecht verkündete in einer kurzen Ansprache, daß der Arbeiter- und Soldatenrat von Berlin das Schloß in seinen Schutz genommen habe. Es sei kein beliebiges Privateigentum mehr, sondern Volkseigentum. Die Wache würde durch das Telegraphenbataillon ausgeübt, sie habe striktesten Befehl, jegliche Versuche, einen Angriff auf das Gebäude zu unternehmen, mit Waffengewalt zu vereiteln. Darauf sprach ein Unteroffizier des Telegrafenbataillons und ermahnte ebenfalls zur Ruhe. Man solle nicht das, was man bis jetzt errungen habe, durch Unbesonnenheit verscherzen; die Wache würde der ihr vom Rat auferlegten Pflicht bis zum äußersten nachkommen. Und dann wandte sich Liebknecht wieder an die Menge und sagte: «Der Tag der Revolution ist gekommen. Wir haben den Frieden erzwungen. Der Friede ist in diesem Augenblick geschlossen. Das Alte ist nicht mehr. Die Herrschaft der Hohenzollern, die in diesem Schloß jahrhundertelang gewohnt haben, ist vorüber. In dieser Stunde proklamieren wir die freie sozialistische Republik Deutschland. Wir grüßen unsere russischen Brüder, die vor vier Tagen schmählich davon gejagt worden sind.» Liebknecht wies dann auf das Hauptportal des Schlosses und rief mit erhobener Stimme: «Durch dieses Tor wird die neue sozialistische Freiheit der Arbeiter und Soldaten einziehen. Wir wollen an der Stelle, wo die Kaiserstandarte wehte, die rote Fahne der freien Republik Deutschland hissen! Die Soldaten der Schloßwache, die auf dem Dache sichtbar waren, schwenkten die Helme und grüßten zur Menge herab, die auf das Tor zudrängte. Es wurde langsam geöffnet, um dem Automobil Liebknechts Einlaß zu gewähren. Die Menge wurde davon zurückgehalten, zu folgen. Nach einigen Minuten erschienen, von der Menge stürmisch begrüßt, die Soldaten der Schloßwache ohne Waffen und Gepäck. Kurze Zeit darauf zeigte sich Liebknecht mit Gefolgschaft auf dem Balkon, von dessen Grau sich eine breite rote Decke abhob.
«Parteigenossen,» begann Liebknecht, «der Tag der Freiheit ist angebrochen. Nie wieder wird ein Hohenzoller diesen Platz betreten. Vor 70 Jahren stand hier am selben Ort Friedrich Wilhem IV. und mußte vor dem Zug der auf den Barrikaden Berlins für die Sache der Freiheit Gefallenen, vor den 50 blutüberströmten Leichnamen seine Mütze abnehmen. Ein anderer Zug bewegt sich heute hier vorüber. Es sind die Geister der Millionen, die für die heilige Sache des Proletariats ihr Leben gelassen haben.
Mit zerspaltendem Schädel, im Blut gebadet, wanken diese Opfer der Gewaltherrschaft vorüber, und ihnen folgen die Geister von Millionen von Frauen und Kindern, die für die Sache des Proletariats im Kummer und Elend verkommen sind. Und Abermillionen von Blutopfern dieses Weltkrieges ziehen ihnen nach. Heute steht eine unübersehbare Menge begeisterter Proletarier an dem selben Ort, um der neuen Freiheit zu huldigen. Parteigenossen, ich proklamiere die freie sozialistische Republik Deutschland, die alle Stämme umfassen soll, in der es keine Knechte mehr geben wird, in der jeder ehrliche Arbeiter den ehrlichen Lohn seiner Arbeit finden wird. Die Herrschaft des Kapitalismus, der Europa in ein Leichenfeld verwandelt hat, ist gebrochen. Wir rufen unsere russischen Brüder zurück. Sie haben bei ihrem Abschied zu uns gesagt: ‹Habt Ihr in einem Monat nicht das erreicht, was wir erreicht haben, so wenden wir uns von euch ab.› Und nun hat es kaum vier Tage gedauert.»
«Wenn auch das Alte niedergerissen ist,» fuhr Liebknecht fort, «dürfen wir doch nicht glauben, daß unsere Aufgabe getan sei. Wir müssen alle Kräfte anspannen, um die Regierung der Arbeiter und Soldaten aufzubauen und eine neue staatliche Ordnung des Proletariats zu schaffen, eine Ordnung des Friedens, des Glücks und der Freiheit unserer deutschen Brüder und unserer Brüder in der ganzen Welt. Wir reichen ihnen die Hände und rufen sie zur Vollendung der Weltrevolution auf.
Wer von euch die freie sozialistische Republik Deutschland und die Weltrevolution erfüllt sehen will, erhebe seine Hand zum Schwur» (alle Hände erheben sich, und Rufe ertönen: Hoch die Republik!). Nachdem der Beifall verrauscht war, ruft ein neben Liebknecht stehender Soldat und schwenkt die rote Fahne, die er in den Händen trägt: «Hoch lebe ihr erster Präsident Liebknecht!»
Liebknecht schloß: «Soweit sind wir noch nicht. Ob Präsident oder nicht, wir müssen alle zusammenstehen, um das Ideal der Republik zu verwirklichen. Hoch die Freiheit und das Glück und der Frieden!»
Bald darauf wurde an dem Mast der Kaiserstandarte die rote Fahne gehißt.
Aus: Vossische Zeitung, Nr. 576, 10. November 1918.
Die von Liebknecht initiierte sozialistische deutsche Sowjetrepublik wurde von den kaiserlichen Militaristen im Auftrag des deutschen Monopolkapitals zertreten und im Blut erstickt. Der Opportunist Friedrich Ebert spielte dabei eine der unrühmlichsten Rollen. Ein einiges Sowjetdeutschland hätte es niemals zum zweiten Weltkrieg kommen lassen.