Stephan Nuding vom UAC leitet uns die Pressemitteilung zum Thema „Werden die Contergan-Opfer durch Stiftung geschädigt statt entschädigt?“ zu!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

soeben erhalten wir als Gewerkschafter/Innen-Arbeitskreis (AK) über den Kollegen Stephan Nuding vom UAC (http://www.ak-gewerkschafter.de/?s=stephan+nuding) eine Pressemitteilung unter dem Titel „Werden Contergan-Opfer durch Stiftung geschädigt statt entschädigt?“.

Wir haben die komplette Pressemitteilung inklusive Anschreiben des Herrn Nuding nachstehend zu Eurer gefälligen Kenntnisnahme auf unsere Homepage gepostet und in der Kategorie „GRÜNENTHAL“ (http://www.ak-gewerkschafter.de/category/grunenthal/) archiviert.

Für den AK Manni Engelhardt -Koordinator-

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Stephan Nuding teilt mit:

Von: Stephan Nuding <UAC@gmx.net>
An: Manfred Engelhardt <manni@ManfredEngelhardt.de>
Datum: 29. November 2018 um 15:39
Pressemitteilung: Schädigt Conterganstiftung selbst die Opfer?

Es schreibt: 
Untersuchungsausschuss Conterganverbrechen (U.A.C.)
c./o. Stephan Nuding (Sprecher)
Im Aehlemaar 1c
51467 Bergisch Gladbach 
Tel.: 02202-1882677
 
An: 
Die nantionalen und internationalen Medien 
 
Sehr verehrte Damen und geehrte Herren, 
 
in der Anlage übersende ich Ihnen die heutige Pressemitteilung unserer Mitbetroffenen Frau Friederike Winter. 
Ich bitte, der enormen Wichtigkeit wegen, um ausführliche Berichterstattung. 
Anfragen richten Sie bitte direkt an:
Frau Friederike Winter 
Schumanstraße 1 
76185 Karlsruhe
Mobil: 01517 3009445
 
Mit freundlichen Grüßen und bestem Dank für Ihre Bemühungen 
 
Stephan Nudin

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PRESSEMITTEILUNG vom 29.11.18:

Werden Contergan-Opfer durch Stiftung geschädigt statt entschädigt?

Die Conterganstiftung wurde vom Gesetzgeber 1971 zur finanziellen Entschädigung der Contergan-Opfer (Conterganrente) gegründet. In der BRD leben derzeit noch ca. 2500 Überlebende. Alle im Zusammenhang mit der Einnahme von Thalidomid durch die Mutter während der Schwangerschaft verursachten Schädigungen- auch solche die erst zu einem späteren Zeitpunkt entdeckt werden-sollen laut Gesetzestext entschädigt werden. Die Anerkennung dieser sog. Spätschäden ist Aufgabe der ärztlichen Gutachterkommission der Conterganstiftung- eigentlich.

Nun klagen ca. dreizehn Betroffene beim Verwaltungsgericht in Köln gegen die Conterganstiftung auf Anerkennung von Gefäß-bzw. Nervenschäden in den Extremitäten. Komplette Arterien in den Armen und Beinen fehlen ihnen von Geburt an, oder sind unterentwickelt (hypoplastisch). Nerven in den Armen sind zu dünn oder zusammengewachsen-auch bei augenscheinlich weniger Geschädigten.

Diese Schäden treten durch neueste medizinische Diagnostik bei den ca. 58  Jahre alten Betroffenen nach und nach zu Tage. Studien aus England und der Uniklinik Hamburg Eppendorf bestätigen die Häufung dieser Schadensbilder.

In einer Schadenstabelle der niederländischen Thalidomid-Opfer (Nesos-Stiftung, 2010) sind diese Schädigungen bereits seit Jahren aufgeführt. Entsprechende Therapien können dort schon längere Zeit für die Betroffenen eingeleitet werden.

Bereits Anfang der sechziger Jahre kam der Verdacht auf, dass Contergan mit seinem Wirkstoff Thalidomid, die Rückbildung von Tumoren bewirkt. Inzwischen weiß man, dass der Wirkstoff Thalidomid ein Zytostatika ist. Zytostatika dürfen wegen ihrer teratogenen Wirkung auf den Embryo nicht bei Schwangeren angewendet werden, denn sie verursachen schwerste Missbildungen.

Bereits seit Mai 1994 war amerikanischen Wissenschaftlern der Harvard Medical School bekannt, dass der Wirkstoff Thalidomid das Wachstum von sprossenden Blutgefäßen hemmt und sie lieferten damit erstmals eine Erklärung für die Missbildungen während der embryonalen Entwicklung bei den Contergan-Opfern.

Kai Zwingenberger, Mitarbeiter und Forscher bei der Firma Grünenthal,  fürchtete damals, dass HIV – infizierte, drogensüchtige Frauen während einer Schwangerschaft unzuverlässig Thalidomid einnehmen und Kinder zur Welt bringen könnten, die behindert sind (FOCUS- Magazin /Comeback für Contergan, Nummer 18, 1994).

Der Wirkstoff Thalidomid wurde von der Firma Grünenthal  auch nach dem Aachener Prozess weiterhin produziert bzw. Restbestände kostenlos abgegeben. [Zitat Focus-Magazin Nr.18, 1994:

Klaus Wilsmann, der medizinische Direktor der Firma gibt zu: „Ja, wir stellen das noch her.“ Bis zu 1 Million ihrer Tabletten werden pro Jahr in Absprache mit der WHO „weltweit kostenlos abgegeben“. Die Gesundheitsbehörden der Länder übernehmen die Verantwortung.“]

Dies legt die Vermutung nahe, dass im Jahre 1994 nicht nur die WHO, sondern auch das Bundesgesundheitsministerium der BRD, über die weitere Herstellung des Wirkstoffes durch die Firma Grünenthal Kenntnis haben musste.

Die Krebsforschung setzte ihre Hoffnungen für die Zukunft in verwandte Wirkstoffe des Thalidomid .Diese Derivate sollten so weiter entwickelt werden, dass sie molekular besser wirken, aber keine Missbildungen beim Embryo mehr hervorrufen.

Prof. Kurt Eger, Leiter der pharmazeutischen Chemie an der Universität Leipzig sagt wörtlich in diesem Focus-Bericht:“ Wir wollen die schädlichen Eigenschaften des Moleküls entschlüsseln und verändern“.

Kurt Eger forschte über 20 Jahre  in Verbindung mit der Firma Grünenthal an der Weiterentwicklung  von Thalidomid.

Mehrere Forschungen wurden von Grünenthal,  in Zusammenarbeit mit Prof. Kurt Eger,  patentiert oder veröffentlicht:

Neue Thalidomidderivate , ein Verfahren zu deren Herstellung sowie die Verwendung derselben in Arzneimitteln 8.4.1992 -PCT/ EP92/00790-

-Compounds analogous to thalidomide from the class comprising piperidine

date of patent 29.8.2000, patent number. 6110941

– Acylated n-hydroxy methyl thalidomide prodrugs with immunomodulatory action,

date of patent: 9.7.2002 ,patent number: 6417197

Die antiangiogenetische Wirkweise von Thalidomid wurde von Prof. Kurt Eger ebenfalls schon früh erforscht:

Analogs of thalidomide as potential angiogenesis inhibitor

-Publikation von 2004 und 20.12.2007

– Patent vom  22.1.2008, patent number:7320991

-Patent vom 6.5.2014/ patent number: 8716315

Zwei wissenschaftliche Mitarbeiter (Kai Zwingenberger und Stephan Wnendt)  der Firma Grünenthal haben ebenfalls seit den 90er Jahren an Thalidomid geforscht (teils mit Prof. Kurt Eger) und Patente angemeldet. Noch im Jahre 2003 wurde im Rahmen einer in vivo Studie an Patienten der Charite Berlin Thalidomid  von Grünenthal zur Verfügung gestellt und diese Habilitationsarbeit von Grünenthal/Kai Zwingenberger beratend und finanziell unterstützt.

Nun ruht die Hoffnung der vor dem Verwaltungsgericht Köln klagenden Contergan-Opfer nicht nur auf  neuester Zellforschung (Prof. Bassermann,TU München,2016), sondern auch auf dem Wissen   von Experten der Herstellerfirma Grünenthal .

Wie konnte ausgerechnet der Conterganstiftung und deren ärztlicher Gutachterkommission das Wissen um die Wirkweise von Thalidomid in Bezug auf die embryonale Blutgefässbildung als Ursache für die Missbildungen jahrzehntelang verborgen bleiben?

Schließlich war der ehemalige Leiter der Rechtsabteilung und Anwalt der Fa. Grünenthal, Herbert Wartensleben, bis 2003 Vorsitzender der ärztlichen Kommission der Conterganstiftung.

Nachweislich wurden schon in den frühen Sechzigern bereits bekannte Schadensbilder (fehlendes Gleichgewichtsorgan u.a.) nicht  in die Entschädigungstabelle der Stiftung aufgenommen und erst nach Jahrzehnten des Verschweigens (2013/2014) die Überlebenden hierfür entschädigt.

Derzeit weigert sich die Conterganstiftung die Opfer über der Stiftung bekannte Gefäß-und Nervenschäden (fehlende Arterien, zu dünne Nerven u.a.) zu informieren und umfassend aufzuklären, obwohl dadurch weiterer gesundheitlicher Schaden von den Betroffenen abgewendet werden könnte.

Obwohl  dies für sich genommen bereits skandalös erscheint, werden die Opfer zusätzlich auch finanziell geschädigt:

Ein vom Bundesrechnungshof für unzulässig erklärten Immobilienfonds in Höhe von zwei Millionen Euro erwirtschaftete  Verluste. Der Gesamtschaden kann z.Zt. laut Stiftungsvorstand  noch nicht beziffert werden. Die Staatsanwaltschaft Köln hat die Ermittlungen aufgenommen (AZ 112Js 474/18).

Auf die Frage, wer die entstandenen Verluste ausgleichen wird, hat die Conterganstiftung und das zuständige Familienministerium für die Contergan-Opfer auch schon eine Antwort:

„Darüber liegen keine Erkenntnisse vor“. (Antwortschreiben der Stiftung vom 1.6.2018)

Die gewählten Betroffenenvertreter haben die genannten Missstände –trotz Kenntnis- bis heute  nicht im Stiftungsrat thematisiert.

Mein Dank geht nach  England, woher ein entscheidender Hinweis für die wissenschaftliche Recherche kam.

Friederike Winter

Schumannstrasse 1

76185 Karlsruhe

Mobil: 0151 73009445

Karlsruhe, den 29.11.2018

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