Manni Engelhardt kommentiert: § 70 LPVG/NW (Dienstvereinbarungen):

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

mit und mit entsteht ja auf unserer Gewerkschafter/Innen-Arbeitskreis (AK) – Homepage in der Kategorie „Landespersonalvertretungsgesetz NRW“ (LPVG/NW) ein Nachschlagewerk für die Praxis der Personalräte, wie Ihr es nach dem Klick auf den hierstehenden Link unschwer aufrufen könnt: http://ak-gewerkschafter.com/category/lpvg/ ! Mehrfach ist der Unterzeichner von Kolleginnen und Kollegen, die in der Praxis stehen, darum gebeten worden, das Thema „Dienstvereinbarungen nach dem LPVG/NW“ zu behandeln. Diesem Wunsche möchte ich hier und heute nachkommen.

Im § 70 (Fn 28) ist die gesetzliche Regelung zur Dienstvereibarung enthalten.

Der § 70 lautet:

(1) Dienstvereinbarungen sind zulässig, soweit nicht gesetzliche oder tarifliche Regelungen entgegenstehen. Sie sind unzulässig, soweit die Arbeitsentgelte oder sonstige Arbeitsbedingungen betreffen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden; dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag ergänzende Dienstvereinbarungen zulässt.

(2) Dienstvereinbarungen, die für einen größeren Bereich gelten, gehen den Dienstvereinbarungen für einen kleineren Bereich vor.

(3) Dienstvereinbarungen bedürfen der Schriftform, sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen und von der Dienststelle in geeigneter Weise bekanntzumachen.

(4) Dienstvereinbarungen können, soweit nicht anders vereinbart ist,  mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Nach Kündigung oder Ablauf einer Dienstvereinbarung gelten die Regelungen in Angelegenheiten, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Dienststelle und Personalrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine neue Dienstvereinbarung ersetzt wird. Die Nachwirkung kann ausgeschlossen werden.

Dienstvereinbarungen basieren somit auf einer Kann-Bestimmung. Sie können überall da abgeschlossen werden, wo die Personalvertretung ein Mitbestimmungsrecht hat und die Gegenstände, die sie betreffen soll, nicht bereits durch entsprechende gesetzliche oder tarifliche Bestimmungen und/oder  Regelungen bestehen.

Was kann eine Dienstvereinbarung nach dem LPVG/NW als bindend für Dienststellenleitung, Personalrat und Beschäftigten typisch regeln:

a)     Sozialeinrichtungsfragen in der Dienstelle (Personalkantine,  Pausenangebote, dienststellenseitige Sportangebote etc.)

b)    Dienstelleninterne Gesundheitsprävention zu der auch Prävention gegen Mobbing zählt

c)     Eingliederungsmodalitäten nach längerem krankheitsbedingten Ausfall von Beschäftigten

d)    Regelungen für den Umgang mit suchtkranken Beschäftigten

e)     Gleitende Arbeitszeit und ihre Erfassung

f)      Urlaubsplanerstellung

g)     Fragen der Dienstbekleidung und der Übernahme ihrer Kosten

h)    Beurteilungsfragen besonders bei Fragen nach § 18 TVöD *)

i)       Fragen der Stellenausschreibung oder des Ausschreibungsverzichtes

j)       Beteiligung der Beschäftigten bei Modifizierungs- bzw. Veränderungsprozessen in der Dienststelle

k)     Aus- und Fortbildungsfragen für die Beschäftigten

l)       Verwendung von Aufzeichnungsgeräten in Dienstfahrzeugen

m)  Beschaffungsfragen von Schutzartikel für die Arbeitssicherheit

n)    Gestaltungsfragen in Sachen „Neue Technologien“ (Internet, E-Mail etc.)

o)    Einführung von Kontrollfunktionstechnik in der Dienststelle die der Überwachung der Beschäftigten dient

p)    Vorschlagswesen dessen Prämierung in der Dienststelle,

q)    Integrationsvereinbarung für Schwerbehinderte (Hier sind neben Dienststelle und Personalrat auch die Vertrauensperson der Schwerbehinderten in der Dienststelle zu beteiligen).

Erläuterung zu h) *) § 18 TVöD z. B. (VKA) Leistungsentgelt

(1) Die leistungs- und/oder erfolgsorientierte Bezahlung soll dazu beitragen, die öffentlichen Dienstleistungen zu verbessern. Zugleich sollen Motivation, Eigenverantwortung und Führungskompetenz gestärkt werden.

(2) Ab dem 1. Januar 2007 wird ein Leistungsentgelt eingeführt. Das Leistungsentgelt ist eine variable und  leistungsorientierte Bezahlung zusätzlich zum Tabellenentgelt.

(3) Ausgehend von einer vereinbarten Zielgröße von 8 v.H. entspricht bis zu einer Vereinbarung eines höheren Vomhundertsatzes das für das Leistungsentgelt zur Verfügung stehende Gesamtvolumen 1 v.H. der ständigen Monatsentgelte des Vorjahres aller unter dem Geltungsbereich des TVöD fallenden Beschäftigten des jeweiligen Arbeitgebers. Das für das Leistungsentgelt zur Verfügung stehende Gesamtvolumen ist zweckentsprechend zu verwenden; es besteht die Verpflichtung zur jährlichen Auszahlung der Leistungsentgelte.

Wie im LPVG/NW enthalten, ist der Personalrat ein Beschlussorgan. Dies bedeutet für die Auslegung des § 70 LPVG/NW, dass eine Dienstvereinbarung durch übereinstimmende Beschlüsse von Personalrat und Dienststellenleitung zustande kommt. Dies bedeutet, dass der Entwurf einer Dienstvereinbarung im Personalrat diskutiert und mindestens mehrheitlich beschlossen werden muss, bevor sie durch Dienststellenleitung und Personalratsvorsitzenden paraphiert werden kann. Die Unterschrift des Personalratsvorsitzenden hat nur dann verbindlichen Charakter, wenn er zu dieser Paraphierung auch durch den Mehrheitsbeschluss der gesamten Personalvertretung autorisiert worden ist. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass eine Dienstvereinbarung, die ein Personalratsvorsitzender ohne Beschlussfassung der Personalvertretung paraphiert von vorneherein unwirksam ist.

Ferner muss hier angemerkt werden, dass die Stufenvertretungen (Hauptpersonal- und Gesamtpersonalrat) nach § 70 Abs. 2 LPVG/NW beim Abschluss einer Dienstvereinbarung diese auch wirksam für die unter ihr bestehenden Einzelpersonalvertretungen vor Ort bindend macht. Eventuell ähnlich lautende Dienstvereinbarungen vor Ort müssen demnach zu Gunsten der Dienstvereinbarung, die in der Stufenvertretung geschlossen werden, eliminiert werden. Ausnahmen können gemacht werden, aber nur dann, wenn Abweichungen durch eine sogenannte „Öffnungsklausel“ vorher festgelegt worden sind.

Zu empfehlen ist den Personalräten nicht, die sogenannte „Nachwirkung“, wie im § 70 Abs. 4 LPVG/NW möglich enthalten, auszuschließen. Der Personalrat vergibt nach diesseitiger Meinung durch den Ausschluss der Nachwirkung u.U. Verhandlungsmasse gegenüber der Dienststellenleitung.

Eine Musterdienstvereinbarung aus dem Bereich des LPVG/NW bietet die der FH-Münster, die sehr gut in das Vereinbarungsthema unter n) Gestaltungsfragen in Sachen „Neue Technologien“ (Internet, E-Mail etc.) –siehe oben- passt. Diese Dienstvereinbarung könnt Ihr durch das Anklicken des nachstehenden Links aufrufen:

http://www.fh-muenster.de/personalrat/downloads/DV-IT-NEU.pdf .

Gerne nehmen wir weitere qualifizierte Dienstvereinbarungen nach § 70 LPVG/NW hier  entgegen. Wir werden diese dann jeweils aktualisierend für und unter diesen Artikel posten.

Es bleibt hier noch zu hinterfragen, was die „geeignete Weise“  der Bekanntmachung der Dienstvereinbarung  in der Dienststelle sein könnte.

Hier ist den Personalräten anzuempfehlen, dass sie darauf drängen, dass die Veröffentlichung nicht nur im Intranet, sofern  es in der Dienststelle vorhanden, oder per Aushang erfolgen soll, sondern jeder und jedem Beschäftigten müsste nach diesseitiger Meinung die jeweilige Dienstvereinbarung nach Möglichkeit in Papierform an bzw. in die Hand gegeben werden.

Die verständige Dienststellenleitung wird sich gegen diesen Vorschlag, sofern er aus den Reihen des Personalrates kommt, nicht versperren. Wenn dies allerdings der Fall sein soll, bleibt dem Personalrat auch selbst die Möglichkeit, in einem Personalratsinfo, das allen Beschäftigten als sogenanntes „Hand-Out“ überreicht werden kann, die Dienstvereinbarung ergänzend zur Dienstatellenleitung zu veröffentlichen.

Manni Engelhardt –AK-Koordinator- & -Ehrenmitglied der ARGE der Personalräte der Studentenwerke in NRW-

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4 Antworten zu Manni Engelhardt kommentiert: § 70 LPVG/NW (Dienstvereinbarungen):

  1. Hoffmann, Mario sagt:

    Hallo,
    es würde mich interessieren, ob Dienstvereinbarungen unwirksam sind, wenn diese, schon bei der Schließung, gegen geltende Gesetze, Ordnungen, Verwaltungsvorschriften verstoßen.
    Beste Grüße
    Mario Hoffmann

  2. Manni sagt:

    Hallo Mario,
    alle gegen bestehende Gesetze, Verordnungen etc. verstoßenden Abschlüsse und Vereinbarungen haben keine Rechtskraft! Dazu zählen auch die gegen bestehende Gesetze verstoßenden Dienstvereinbarungen.
    Mit kollegialen Grüßen
    Manni Engelhardt -AK-Koordinator-

  3. Friedhelm Boehm sagt:

    Hallo Herr Engelhardt,

    ich „streite“ mit meinem früheren Arbeitgeber (Körperschaft des öffentlichen Rechts in NRW, nicht tarifgebunden) über eine Passage in einer bestehenden Dienstvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung. In der Dienstvereinbarung ist beschrieben, dass nach dem Tod des Ehepartners die Witwe bzw. der Witwer im Folgemonat nach dem Todestag bei der Berechnung des Nettovergleichseinkommens die Lohnsteuerklasse I berücksichtigt wird.

    Diese Regelung widerspricht jedoch eindeutig dem Einkommensteuergesetz (§ 38b EStG, Bundesgesetz); hier ist geregelt, dass die Einordnung in Lohnsteuerklasse III erfolgt. Mit Verweis auf das bestehende Gesetz und auch auf Art. 31 Grundgesetz „Bundesrecht bricht Landesrecht“ lehnt der Arbeitgeber mit Hinweis auf die bestehende Passage in der Dienstvereinbarung eine Änderung ab.

    Können Sie mir vielleicht weitere Argumente wie z.B. höherrangige Urteile zu der Thematik überrmitteln?

    Herzlichen Dank für Ihre Bemühungen.

    Freundliche Grüße aus Münster
    Friedhelm Boehm

    • Manni sagt:

      Hallo Herr Boehm,
      es wäre in Ihrem Fall angezeigt, sich direkt an die HECKERT-ANWÄLTE zu wenden. Die werden Ihnen mit Sicherheit Ihre Fragestellung dezidiert beantworten, denn diese sind auf dem Rechtsgebiet besonders spezialisiert.
      Mit kollegialen Grüßen
      Manni Engelhardt -AK-Koordinator-
      Hier die Adresse:
      Rechtsanwälte Heckert & Kollegen
      Akademiestr. 28
      76133 Karlsruhe

      0721 91367-0 Telefon
      0721 91367-10 Fax
      mail@rae-heckert.de
      http://www.rae-heckert.de/

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