Liebe Kolleginnen und Kollegen,
soeben hat uns als Gewerkschafter/Innen-Arbeitskreis (AK) der 28. ordentliche NEWSLETTER 2023 des Kollegen Harald Thomé (http://ak-gewerkschafter.com/?s=harald+thom%C3%A9) erreicht.
(Foto: Regine Blazevic)
Wir haben diesen NEWSLETTER zu Eurer gefälligen Kenntnisnahme und Bedienung auf unsere Homepage gepostet und in den Kategorien „HARTZ IV“ (http://ak-gewerkschafter.com/category/hartz-iv/) und „SOZIALPOLITIK“ (http://ak-gewerkschafter.com/category/sozialpolitik/) archiviert.
Für den AK Manni Engelhardt -Koordinator-
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Thomé Newsletter 28/2023 vom 10.09.2023
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,
mein heutiger Newsletter zu folgenden Themen:
1. Zum Gesetzesentwurf der Kindergrundsicherung
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Dieser liegt nun vor und Tacheles hat ihn auf 26 Seiten Stellungnahme und 20 Seiten (nachgereichten) Erklärungen zu den Berechnungen zerlegt.
Unser Resümee zur Kindergrundsicherung:
Wesentliche Verbesserungen bringt diese nicht, in einigen Stellen sogar Verschlechterungen. Es wird ein bisher in der Schärfe nicht bekanntes sozialrechtliches Sanktionsrecht bei fehlender Mitwirkung geschaffen und mit der Kindergrundsicherung wird ein rassistisch geprägtes Vierklassensystem von berechtigten und ausgeschlossenen Kindern ohne deutsche Staatsangehörigkeit etabliert.
Kinderarmut wird mit dem Gesetz nicht überwunden, sondern zementiert.
Die Tachelesstellungnahme, der Referentenentwurf und Musterrechnungen gibt es hier: https://t1p.de/a82vc
Dazu noch die Stellungnahme des Paritätischen: https://t1p.de/oekmw
Hinweis: Die Bundesagentur für Arbeit hält die Umsetzung der Kindergrundsicherung für das Jahr 2025 für nicht realistisch, mehr dazu: https://t1p.de/v1lxr
Petition zur Einplanung von 12 Milliarden Euro für die Finanzierung der geplanten Kindergrundsicherung
Ich wurde gebeten auf diese Petition hinzuweisen. In dieser wird gefordert, die ursprünglich geplanten 12 Milliarden EUR für die Kindergrundsicherung zu verwenden. Ich halte nicht wirklich viel von Petitionen, aber sie sind ein demokratisches Beteiligungsinstrument, rufe aber trotzdem zur Teilnahme auf.
Denkt bitte daran, die Mitzeichnungsfrist ist Montag, den 11.09.2023, also wer das will muss jetzt die Petition unterzeichnen: https://t1p.de/13gtc
2. Praxishilfe: Aufteilung der Regelsätze 2016 – 2024
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Der Kollege Rüdiger Böker hat dankenswerterweise eine Übersicht der Aufteilung der Regelleistungen von 2018 bis 2024 erstellt. Diese gibt es hier zum Download: https://t1p.de/asc9t
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3. BMAS-Gutachten: Regelsatz-Berechnung ist ein „Statistik-Warenkorb“, kein Statistikmodell
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Die Bundesregierung stellt immer wieder dar, dass sie die Regelsätze nach einem klaren Statistik-Modell berechnet habe, indem es keine politische Spielräume gäbe.
Mit dieser Behauptung redet sie sich standardmäßig heraus, wenn kritisiert wird, dass die Anteile bei der Berechnung zu niedrig sind – für gesunde Ernährung, für Windeln, für einen Zoobesuch usw.
Ein Forschungsbericht, der für das Bundessozialministeriums erstellt wurde, klärt nun auf: Die Bezeichnung als Statistik-Modell ist unzutreffend. Tatsächlich handelt es sich um einen „Statistik-Warenkorb“. Der Bericht ist hier zu finden: https://t1p.de/cvu63 (S. 8, 9, 29, 55). Um einen Statistik-Warenkorb – und nicht um ein Statistik-Modell – handelt es sich, weil zwar Statistiken über Ausgaben die Grundlage bilden, davon aber nicht alle Posten übernommen werden, sondern munter rausgestrichen wird.
Wenn der politische Wille bestände könnten die Regelsätze höher sein, der besteht nur nicht, daher sind sie nicht höher. Das würde sich nur durch Druck auf der Straße (aber nicht durch eine Querfrontbildung à la Wagenknecht) oder durch Regelsatzklagen vor dem BVerfG ändern.
4. Wohnkostenlücken im SGB II
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Im Jahr 2021 betrug die durchschnittliche Wohnkostenlücke (also die nicht vom Jobcenter übernommenen Unterkunfts- und Heizkosten) bundesweit 437 Millionen Euro. Durchschnittlich wurden 91 Euro je Monat von den SGB II-Beziehenden nicht übernommen. Bei Familien mit Kindern sogar 106 Euro. Diese Kürzung erfolgt bei knapp 400.000 Haushalten (siehe Thomé NL 32/2022, Nr. 5, Download: https://t1p.de/dky5w)
Für das Jahr 2022 sind noch keine Zahlen bekannt.
Aber durch eine Recherche des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages ist bekannt geworden, dass allein im Jahr 2020 durch Sozialgerichte in 24 Fällen rechtswidrige, also zu niedrige, KdU Richtwerte festgestellt wurden.
Siehe dazu: https://t1p.de/e3w3v
Ein aktuelles Beispiel dafür ist die vermutlich rechtswidrige Festsetzung der Unterkunftskosten im Landkreis Göttingen, bei der zum 01.08.2023 für 1 Personen Haushalte die KdU von 540 Euro auf 511 Euro gesenkt wurden.
Es ist auf den ersten Blick klar, dass Mieten, d.h. ja auch inkl. Betriebskosten, nicht preiswerter, sondern nur teurer werden.
Es ist anzunehmen, dass der LK Göttingen irgendwann zu der Liste der Jobcenter gehören wird, deren Mietwert wieder einmal vom Gericht kassiert werden wird. Bis dahin wird der Landkreis aber viel Geld „gespart“ haben. Natürlich auf Kosten der Einkommensschwachen.
5. Broschüre: Rahmenbedingungen des freiwilligen Engagements für Schutzsuchende
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In dieser Basisinformation vom Informationsverbund Asyl und Migration wird auf Fragen eingegangen, die sich im freiwilligen Engagement häufig stellen.
Im Kern:
- Pflichten und (Rechtsdienstleistungsgesetz, Datenschutz etc.)
2. Rechte, Versicherungsschutz und Entgelt
3. Umgang mit Anfeindungen
4. Weiterführende Publikationen
Broschüre zum Download: https://t1p.de/1d4hg
6. Sächsische OVG: Auch bei One-Night-Stand muss UVG gezahlt werden
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Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 24. Mai 2023 – 5 A 350/22 entschieden, dass Mütter auch bei einem One-Night-Stand Unterhaltsvorschuss für ihre Kinder erhalten können. Allerdings muss die Mutter alles in ihrer Macht Stehende tun, um den unbekannten Vater ausfindig zu machen. Das behördliche Verlangen die Vatersuche per öffentlichen Aushang im Café durchzuführen wurde vom OVG als unzumutbar angesehen. Weitere Infos: https://t1p.de/a2w98
7. SG HH gesteht einem Blinden SGB II-Bezieher den Anspruch auf unverschlüsselte Bescheidübersendung zu
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Die Jobcenter argumentieren damit, dass sie zum Schutz der Leistungsberechtigten nicht mehr unverschlüsselt per Mail mit Jobcenterkunden kommunizieren wollen. Dazu führt das SG HH sehr klar aus: gibt der Leistungsberechtigte die Zustimmung zur unverschlüsselten Kommunikation, dann hat die Behörde dem zu folgen (SG HH 30.06.2023 – S 39 AS 517/23). Download: https://t1p.de/jkeo3
Dazu auch: https://t1p.de/2bq0d
Kommentar: Bundesweit versuchen die Jobcenter auf Weisung der BA die eMailkommunikation zurückzuschrauben und auf die Plattform JobcenterDigital zu verlagern. Im Hamburger Fall hat das SG Hamburg klargestellt, dass der Anspruch auf nichtverschlüsselten Zugang besteht. Vorliegend bei einem blinden Menschen, aber grundsätzlich bei jedem, der oder die das wünscht. Ich verweise nochmal auf unseren Diskurs zur eben nicht „bürgerfreundliche Verwaltung“ am Beispiel des Jobcenter Hagen: https://t1p.de/t62w4
Hier ist die BA gefordert ihre Verwaltungspraxis zu ändern!