Ein Kommentar unseres Koordinators Manni Engelhardt.
Darauf habe ich eigentlich gehofft, dass nach der Serie von Negativentscheidungen in Sachen Geschlechterdiskriminierung auch einmal wieder eine Ausnahmeentscheidung von der Regel zum Jahresbeginn 2011 getroffen wird.
Der 8. Senat des BAG hat jüngst gegen eine Entscheidung der Vorderinstanz (LAG Berlin-Brandenburg/Urteil vom 12.02.2009 mit dem Az.: 2 Sa 2070/08) geurteilt, dass die (firmeninterne) Bewerbung einer Schwangeren nicht abgelehnt werden kann/darf, wenn die avisierte Stelle mit einem männlichen Bewerber besetzt wird, sondern die Betroffene dann eine geschlechtsspezifische Benachteiligung erfahren hat, wenn sie außer der Schwangerschaft weitere Tatsachen vorträgt, die die Benachteiligung vermuten lassen.
Hintergrund war, dass die Klägerin sich im Bereich „International Marketing“ auf die freiwerdende Stelle des „Vicepresident“ beworben hatte, die im September 2005 vakant geworden war.
Die Stelle wurde jedoch kurzerhand mit einem männlichen Bewerber besetzt.
Die zum damaligen Zeitpunkt schwangere Klägerin begehrte deswegen von ihrem Arbeitgeber eine Entschädigung, die dieser verweigerte. Sie begründete dieses Entschädigungsbegehren damit, dass sie wohl wegen ihrer Schwangerschaft diese Stelle nicht bekommen habe; denn sie sei bei der Bekanntgabe der Entscheidung auf ihre Schwangerschaft hingewiesen worden.
Die Beklagte hatte dem widersprochen und reine Sachkriterien für die Entscheidung unterstellt.
Die Klägerin legte beim ArbG Klage ein, der auch stattgegeben wurde.
Die Beklagte legte Berufung gegen diese Entscheidung ein, die vor dem LAG Berlin-Brandenburg Erfolg hatte.
Die Klägerin ging vor das BAG und der 8. Senat hob diese LAG-Entscheidung auf und verwies sie erneut zur Verhandlung vor dem LAG. Dieses urteilte aber wiederum für die Klägerin geschlechterdiskriminierend und somit negativ! Somit ging die Klägerin konsequenter Weise wieder vor das BAG! Das BAG hob die erneute Negativentscheidung des LAG im Revisionsverfahren erneut auf!
Diese Entscheidung ist wiederum einmal deutlich gegen die Geschlechterdiskriminierung gerichtet, was ich außerordentlich begrüße. Auch die Quintessenz der Begründung sagt mir zu. Das BAG macht in den Begründungen zu seinen zwei Entscheidungen deutlich, dass die Klägerin Tatsachen vorgetragen hat, die die geschlechtsspezifische Benachteiligung nach § 611 a Abs. 1 BGB in der Fassung, die bis zum 17.08.2006 galt, vermuten lassen könnten. Es unterstellt dem LAG deutlich, dass bei dessen Verneinung der Vermutung der Benachteiligung der Klägerin Rechtsfehler unterlaufen sind.
Zu einem weiteren Tatsachenvortrag bei einer dritten Verhandlung vor dem LAG stellt das BAG fest, dass daran keine strengen Anforderungen zu stellen seien.
Ich meine, dass das renitente Zurückweisungsverhalten des LAG Berlin-Brandenburg einen eklatanten Verstoß darstellt und die geschlechtsspezifische Ungleichbehandlung von Frauen in unserer Gesellschaft überdeutlich akzentuiert! Ein LAG, das den „Wink mit dem Laternenmast“ des BAG permanent ignoriert, gehört für meine Begriffe abgestraft! Sollte es in renitenter Weise wieder auf seinem diskriminierenden Standpunkt beharren, gehören diese Richter beim LAG Berlin-Brandenburg abgesetzt!
(Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 27.01.2011)