Elternzeit ist auf die Stufenlaufzeit im Entgeltsystem des TVöD nicht anzurechnen. BAG-Urteil vom 27. JANUAR 2011 mit dem AZ: 6 AZR 526/09

Ein Kommentar des AK-Koordinators Manni Engelhardt

Das jüngste Urteil des 6. Senates des BAG zur Nichtanrechnung der Elternzeit auf die Stufenlaufzeit im Entgeltsystem des TvÖD halte ich für eine Frauen-, Kinder- und Familiendiskriminierung!

Der Senat stellt nämlich fest, dass der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) mit seiner normierten Hemmung der Stufenlaufzeit bis zu 5 Jahren bei Inanspruchnahme von Elternzeit mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar sei  und eben nicht zu einer Geschlechterdiskriminierung führt.

Hier zeigt sich deutlich, dass es eigentlich zu Jahresbeginn keinen positiven Trend in der BAG-Rechtsprechung für Arbeitnehmer gibt, sondern mit Fug und Recht behauptet werden kann, dass sich eher der Negativ-Trend der Vorjahre weiter fortsetzen wird.

Ganz besonders dieses Urteil macht deutlich, dass Nachteile für Familiengründung und Kindererziehung gewünscht sind.

Wie kann es denn sein, dass ein BAG -wie alle Vorderinstanzen- feststellt, dass der Nichtweitererwerb von  Berufserfahrung der wegen des Ruhens des Arbeitsverhältnisses in der Elternzeit eintritt, dazu führt, dass der Stufenaufstieg im Entgeltsystem  hier von Ausschlag ist.

Die Klägerin, die von 2003 bis 2009 in der Kostümabteilung des von der beklagten Stadt unterhaltenen Theaters mit Schneiderarbeiten beschäftigt und in einem festen Beschäftigungsverhältnis tätig war, nahm in der Zeit vom 28.04.2005 bis zum 29.02.2008 Elternzeit in Anspruch. Zum 01.10.20065 trat der TVöD, was für die Klägerin bedeutete, dass sie in die Entgeltgruppe 5 Stufe 2 eingruppiert wurde. Sie hatte also vor Beantragung der Elternzeit keine Chance, zu erkennen, ob ihre Elternzeit in der Stufenlaufzeit Anrechnung finden wird oder nicht!

Die Klägerin fühlte sich, und wie ich meine mit Recht, diskriminiert! Sie stellte den Antrag auf Zuführung in die nächsthöhere Stufe 3 ihrer Entgeltgruppe 5. Dies wären brutto für sie ca. EUR 100,00 pro Monat mehr gewesen!

Nun hätte die Klage ja auch ein Mann führen können, der die Erziehungszeit in Anspruch genommen hätte. Aber auch dann wäre die Entscheidung diskriminierend gegenüber der Familie!

Der 6. Senat des BAG begründete jedoch unter anderem, dass der TvÖD und der darin enthaltene Stufenaufstieg im Entgeltsystem aber gerade die durch größere Erfahrung eintretende Verbesserung der Arbeitsleistung honorieren soll!

Er stelle somit auf ein objektives Kriterium ab, welches keinen Bezug zu einer Diskriminierung wegen des Geschlechtes habe!

Hier sehe ich allerdings die Möglichkeit der Bundesverfassungsbeschwerde.

Aber auch die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes sind nach meinem Dafürhalten jetzt in der Pflicht, genau an dieser Stelle des TvÖD eine familienfreundliche und antidiskriminierende Nachbesserung vorzunehmen!

Quelle: Pressemitteilung des BAG NR.: 8/11 vom 27.01.2011

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