Liebe Kolleginnen und Kollegen,
als Gewerkschafter/Innen-Arbeitskreis (AK) Veröffentlichen wir nachstehend die Stellungnahme der GEW (http://ak-gewerkschafter.com/category/gew/) unter dem Titel
GEW: „Kein Unfall, sondern Fehler im System –
Bildungsgewerkschaft zu den Ergebnissen des IQB-Bildungstrends 2022″
zu Eurer gefälligen Kenntnisnahme. Dieser Einschätzung der GEW schließen wir uns vollumfänlich an.
Für den AK Manni Engelhardt -Koordinator-
************************************************
Die GEW gibt bekannt:
GEW: „Kein Unfall, sondern Fehler im System“
Bildungsgewerkschaft zu den Ergebnissen des IQB-Bildungstrends 2022
Frankfurt a.M. – Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) stellt mit Blick auf die Befunde des heute veröffentlichten „Bildungstrends 2022“ des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) fest: „Das ist kein Unfall, sondern ein Fehler im System.“ Um den Abwärtstrend der Schülerleistungen zu stoppen, schlug die Bildungsgewerkschaft höhere Finanz- und Personalressourcen, aber auch eine Abkehr von der frühen Aufteilung der Schülerinnen und Schüler in unterschiedliche Schulformen vor. „Die Leistungsergebnisse und die immer weiter auseinanderklaffende soziale Schere in der Sekundarstufe I der Schulen sind ernüchternd und besorgniserregend“, sagte Anja Bensinger-Stolze, GEW-Vorstandsmitglied Schule, am Freitag in Frankfurt a.M. Die Untersuchung zeigt unter anderem, dass die Bildungsstandards im Fach Deutsch von noch weniger jungen Menschen im 9. Schuljahr erreicht werden als bei vorausgegangenen Studien.
„Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat – als Reaktion auf die erste PISA-Studie in 2001 – zu sehr auf das Thema Qualitätsentwicklung und Standardisierung fokussiert. Sie hat zu wenig auf andere – nach PISA von der KMK beschlossene – Handlungsfelder wie Leseförderung und Ganztagsschulentwicklung gesetzt“, erläuterte die GEW-Schulexpertin. „Wir brauchen eine durchgängige Lese- und Sprachförderung, die weder nach der Grundschule noch vor dem Schultor aufhört. Und wir brauchen Mindeststandards, die ein Recht auf Bildung für alle begründen und nicht Hürden darstellen, an denen Kinder scheitern“, unterstrich Bensinger-Stolze.
„Das Bildungssystem in Deutschland ist seit Jahrzehnten deutlich unterfinanziert. In allen Bildungsbereichen, insbesondere in Kitas und den Schulen, herrscht ein riesiger Fachkräftemangel“, sagte das GEW-Vorstandsmitglied. Eine bedarfsgerechte Personalausstattung oder eine bessere Unterstützung der Schulen in sozial schwierigen Lagen seien nur mit höheren staatlichen Bildungsausgaben zu erreichen. Das „Startchancenprogramm“ der Bundesregierung werde dafür nicht ausreichen. Dass reichere Bundesländer teilweise bessere Leistungsergebnisse in Deutsch verzeichnen als ärmere, mache zudem die soziale Spaltung in Deutschland deutlich. Die GEW mache sich daher erneut für ein 100-Milliarden-Euro-Programm für Investitionen in die Bildung sowie eine sozial gerechtere Verteilung der Bundesmittel an die Länder stark.
Bensinger-Stolze wies zudem allzu einfache Erklärungen der Schulmisere zurück. Die Corona-Pandemie habe zwar ihre Spuren hinterlassen und die soziale Spaltung vergrößert. Auch stelle die hohe Zahl geflüchteter Kinder und Jugendlicher aus der Ukraine die Schulen teilweise vor große Herausforderungen. Beides tauge aber nur teilweise als Begründung für die nachlassenden Leistungen der Schülerinnen und Schüler. „Anstatt die Alarmglocken immer neu zu läuten und das ‚Scheitern‘ der Kinder und Jugendlichen zu beklagen, müssen wir endlich die Fehler im System analysieren“, betonte die Schulexpertin. „Erstens wird der ‚Output‘ nicht besser, wenn der ‚Input‘ nicht stimmt. Und zweitens verbessern sich Schülerleistungen nicht in der Breite, wenn wir weiterhin so früh selektieren und es zulassen, dass sich die Probleme in bestimmten Schulen konzentrieren.“ Dass sich die Abhängigkeit der Leistungen vom sozioökonomischen Hintergrund der Familien sogar noch verschärft habe, bezeichnete das GEW-Vorstandsmitglied als „Skandal“.
„Bildungsmonitoring muss aus mehr als dem Abprüfen der Leistungsstandards bestehen. Schulqualität bemisst sich auch an der bedarfsgerechten Finanzierung und Personalausstattung sowie an guten Lern- und Arbeitsbedingungen. Gute Bildung und gute Arbeit sind für die GEW zwei Seiten einer Medaille“, unterstrich Bensinger-Stolze. Bedenklich sei überdies, dass die Motivation und das Interesse am Fach Deutsch abgenommen haben und die in der Studie befragten Jugendlichen viel häufiger als vor ein paar Jahren von emotionalen Problemen berichten. „Auch Lernfreude und Wohlbefinden sind Qualitätsmerkmale, die stärker verfolgt werden müssen. Die quantitative Forschung muss durch qualitative Forschungsmethoden ergänzt werden. Bei Problemen sind gut evaluierte Unterstützungsmaßnahmen einzusetzen und nicht nur weitere standardisierte Leistungstests und -diagnosen“, mahnte die GEW-Fachfrau.