Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Besucherinnen und Besucher unserer Homepage,
das Selbsthilfe-Netzwerk „PRO PFLEGE“ hat unser wieder eine Pressemitteilung, verbunden mit der Bitte um Veröffentlichung zugesendet. Dieses Mal verweist das Netzwerk auf die dringende Verbesserungswürdigkeit der Versorgung mit Medikamenten für Demenzkranke.
Gerne haben wir diese Mitteilung nachstehend auf unsere Homepage mit der Bitte um Kenntnisnahme und Weitergabe gepostet. Am 18. Juli 2011 findet in NEUSS-ERFTTAL (18.00 Uhr) eine entsprechende, öffentliche Informationsveranstaltung statt, auf die wir in diesem Vorspann zum Artikel jetzt schon hinweisen. Näheres hierzu findet Ihr am Ende der Pressemitteilung.
Unser AK begrüßt ausdrücklich die Initiativen und Veröffentlichungen des Selbsthilfe-Netzwerkes; denn dessen Themen pressieren uns ja alle.
Mit kollegialen Grüßen
für den AK Manni Engelhardt –Koordinator-
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Initiative
Vorstand: Werner Schell – Harffer Straße 59, 41469 Neuss
Telefon 02131 – 150779 – E-Mail: ProPflege@wernerschell.de
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk führt regelmäßig Pflegetreffs mit bundesweiter Ausrichtung durch.
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk ist Kooperationspartner der „Aktion Saubere Hände.“
Pressemitteilung vom 18.06.2011
Demenzkranke: Die Versorgung mit Medikamenten ist dringend verbesserungsbedürftig
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk fordert mehr Sorgfalt bei der Verordnung und Abgabe von Medikamenten
Seit Jahren ist bekannt, dass die medikamentöse Versorgung von Demenzkranken den wirklichen Bedürfnissen dieser Menschen nur unzureichend gerecht wird. Man darf vermuten, dass allzu oft Nebenwirkungen und Risiken einfach billigend in Kauf genommen werden.
Bereits im August 2010 wurde von Arzneimittelexperten die sog. Priscus-Liste vorgestellt, eine Zusammenstellung gefährlicher Medikamente für ältere Menschen. Diese Liste verdeutlichte, dass fast dreiviertel von 83 Medikamenten für ältere Menschen, Demenzkranke eingeschlossen, ungeeignet sind. Als konkrete Folgen der ungeeigneten Medikation wurden u.a. genannt: Sturzgefahr, Nierenschäden, Magenblutungen.
Mit ihrem Ergebnis, dass ältere Menschen im Schnitt sechs Medikamente täglich einnehmen, von denen viele gar nicht für sie geeignet sind oder sich untereinander nicht vertragen, haben die Forscher im Verbund PRISCUS für viel Aufsehen gesorgt. Als Gegenmaßnahme entwickelten sie nun eine Liste, die Ärzten als Hilfe bei der Auswahl und Zusammenstellung von Medikamenten für Ältere dienen soll. Ob und wie die Liste wirkt, wollen sie in der zweiten Projektphase untersuchen.
In einer Pressemitteilung der AOK Rheinland / Hamburg vom 30.03.2011 wurde unter Berufung auf die Verordnungsdaten des Jahres 2010 Zurückhaltung bei der Verordnung von Psychopharmaka angemahnt. Dazu wurde u.a. ausgeführt:
„Die Auswertung zeigt, dass immer mehr Patienten immer größere Mengen von Psychopharmaka wie Mittel gegen Depressionen oder psychisch stimulierende Arzneien erhalten. Besonders kritisch ist dabei die stark wachsende Verordnung von Antidepressiva zu sehen. So erhöhte sich allein von 2009 auf 2010 die Zahl der antidepressiv behandelten Patienten um 21,4 Prozent, während die Verordnungsmenge der Antidepressiva um 12,8 Prozent zunahm. Hinzu kommt, dass bei den Verordnungen ein Umstieg von niedrigpreisigen zu höherpreisigen Psychopharmaka festzustellen ist. Bei den Psychopharmaka stellt sich vor dem Hintergrund, dass ein frühzeitiger und unkritischer Einsatz dieser Arzneimittel den Patienten mehr schadet als nutzt, die skizzierte Verordnungsentwicklung als besorgniserregend dar.“
In einer Arzneimittelstudie der Barmer GEK, vorgestellt am 15.06.2011, werden weitere Besorgnisse hinsichtlich der Medikation geäußert. In der Studie heißt es u.a.:
„Demenzkranke erhalten sechsmal häufiger Neuroleptika als Patienten ohne Demenz. Gleichzeitig ist seit Jahren bekannt, dass Demenzkranke nach Einnahme von Neuroleptika eine 1,6- bis 1,7-fach erhöhte Sterblichkeitsrate gegenüber der Placebogruppe aufweisen. Gesundheitsexperte Glaeske: Hier erhält eine Patientengruppe mit erhöhtem Sterblichkeitsrisiko Medikamente, deren Wirksamkeit teilweise nicht belegt ist und deren Folgen bei Langzeitgabe weithin ungeklärt bleiben.“
Das Thema Medikation in Pflegeeinrichtungen wird auch kritisch im Abschlussbericht „Entwicklung und Erprobung von Instrumenten zur Beurteilung der Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe“, vorgelegt am 17.06.2011 durch das Bundesfamilienministerium und Bundesgesundheitsministerim, angesprochen.
Da alte und demente Patienten nicht selten unerkannt Schmerzen leiden, ist viel Aufmerksamkeit des Personals erforderlich. Denn Schmerzen können nach einer Mitteilung des Universitätsklinikums Jena vom 08.06.2011 Verhaltensauffälligkeiten wie Unruhe und Aggressionen hervorrufen. Wird dem nicht genug Beachtung geschenkt, können dabei selbst Brüche nach Stürzen übersehen werden oder Schmerzen durch Gelenkerkrankungen. Studien zeigen nach Angaben des Klinikums Jena, dass demente Patienten weniger Schmerzmittel erhalten als gleichaltrige kognitiv unbeeinträchtigte Patienten. Dies spricht für die häufige Verkennung des Problems.
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk greift die besorgniserregenden Informationen auf und fordert mehr Sorgfalt bei der medikamentösen Versorgung der pflegebedürftigen Menschen, vor allem bei den Demenzkranken. Es wird in diesem Zusammenhang u.a. erforderlich sein, die ärztliche Versorgung in den Pflegeeinrichtungen bundesweit deutlich zu verbessern und im erforderlichen Umfang die notwendigen Hausbesuche, auch außerhalb der Sprechstundenzeiten, sicherzustellen. In der 2010 vorgestellten „KV-Initiative Pflegeheim“ wurden gleichlautende Forderungen ausgeführt.
Bezüglich der Medikation erscheinen neben der Einbeziehung des pharmakologischen Sachverstandes der Apotheken (auch mit Blick auf die mögliche Verblisterung von Medikamenten) Kooperationsvereinbarungen zwischen den Trägern von Pflegeeinrichtungen und Ärzten sinnvoll. Darin sollten u.a. die Kommunikations- und Dokumentationserfordernisse näher beschrieben sein. Fortbildungsveranstaltungen, in denen das Wissen um eine zielführende Versorgung mit Medikamenten vermittelt und stets aktualisiert wird, erscheinen ebenfalls dringend geboten.
Es muss so auch sichergestellt werden, dass telefonische Medikationsverordnungen und weitreichende Bedarfsmedikationen möglichst vermieden werden. Medikamente müssen im notwendigen und ausreichenden Umfange verfügbar sein, dürfen aber unter keinen Umständen als „pflegeerleichternde Maßnahmen“ zum Einsatz gelangen (können). Ärzte, die sich solchen Praktiken entgegen stellen und sich allein am Patienteninteresse und am Sorgfaltsgebot orientieren, verdienen Anerkennung und Unterstützung.
Werner Schell
Dozent für Pflegerecht, Vorstand von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk
Die vorstehende Pressemitteilung ist zur Veröffentlichung frei
Siehe auch die Texteinstellung unter http://www.pro-pflegeselbsthilfenetzwerk.de/Pressemitteilungen/demenzkranke_und_medikation.php
Beiträge im Forum u.a.unter
http://www.wernerschell.de/forum/neu/viewtopic.php?t=15951
http://www.wernerschell.de/forum/neu/viewtopic.php?t=15935
http://www.wernerschell.de/forum/neu/viewtopic.php?t=14771
http://www.wernerschell.de/forum/neu/viewtopic.php?t=15675
http://www.wernerschell.de/forum/neu/viewtopic.php?t=14576
Siehe dazu die Einladung zu einer Demenz-Informationsveranstaltung am 18.07.2011 in Neuss-Erfttal, 18.00 Uhr. Näheres hier: http://www.wernerschell.de/forum/neu/viewtopic.php?t=15808
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