Zum Thema „HARTZ IV“: Drohen in Duisburg sozialpolitisch katastrophale Zustände?

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

sehr häufig befassen wir uns als Gewerkschafter/Innen-Arbeitskreis (AK) mit dem Thema HARTZ IV. Diesem wichtigen Thema haben wir auf unserer Homepage eine eigene Kategorie gewidmet, die Ihr durch den Klick auf den nachstehenden Link direkt aufrufen könnt:

http://ak-gewerkschafter.com/category/hartz-iv/ !

Zu diesem Thema erreicht uns die nachstehende Stellungnahme des Kollegen Detlef Hertz, der sich mit den Sparvorschlägen der Stadt Duisburg bei den Unterkunft-Kosten von Hartz IV-Betroffenen befasst.

Als AK sehen wir die Dinge genau so, wie Kollege Hertz sie mit nachstehend gepostetem Artikel beschrieben hat.

Für den AK Manni Engelhardt –Koordinator-

Von Detlef Hertz:

Hallo zusammen,

größter Sparvorschlag der Stadt Duisburg bei den Unterkunft-Kosten von Hartz IV-Betroffenen: sozialer Sprengstoff in Form von Zwangsumzügen, Stromsperren usw.?

Die Einsparvorschläge der Duisburger Stadtverwaltung haben bereits medial hohe Wellen geschlagen. Doch ausgerechnet um den größten Posten machen bisher auch alle Zeitungen einen ganz großen Bogen: dabei könnten die in der Maßnahme 4-500060 („Senkung des bisher geplanten Aufwandes für die Kosten der Unterkunft“) für echten sozialen Sprengstoff in der Stadt sorgen; vielleicht deshalb?

Jährlich zwischen 4,5 Mio. € (HSP-Ziel 2015) und 7,2 Mio. € (HSP-Ziel 2021) sollen ausgerechnet bei denen eingespart werden, die am Rande oder schon unterhalb des Existenzminimums leben: nämlich bei den Unterkunft-Kosten für Bezieher von ALG II („Hartz 4“). Schon in der Vergangenheit hatte die Stadt Duisburg regelmäßig zu geringe Unterkunft-Kosten anerkannt. Für die Betroffenen hieß das entweder Zwangsumzug in eine kleinere Wohnung oder die Differenz aus dem kargen Regelsatz selbst bezahlen. Dadurch blieb zum Überleben z.B. für einen Alleinstehenden 391€ abzüglich (steigender) Stromkosten abzüglich der zu hohen Miete und evt. abzüglich weiterer Darlehenstilgungen (z.B. infolge der Übernahme einer Mietkaution). Dadurch war für viele Betroffene 200€ bis 250€ monatlich zum Überleben keine Seltenheit. Die Streitigkeiten darüber gingen durch alle Instanzen (bis zum Bundessozialgericht) mit der Aufforderung an die Stadt Duisburg, endlich ein schlüssiges Konzept zu erstellen, das den tatsächlichen Unterkunft-Kosten nahekommt. Dies ist inzwischen geschehen, wodurch die Unterkunft-Kosten jetzt etwas höher liegen als in der Vergangenheit, wobei rechtlich immer noch umstritten ist, ob dieses Konzept ausreicht oder nicht noch höhere Unterkunft-Kosten bewilligt werden müssen.

Der Sparvorschlag der Stadtverwaltung geht freilich in die entgegengesetzte Richtung. Sollten diese jährlich 4,5 Mio. € bis 7,2 Mio. € nicht auf andere Kostenträger überwälzt, sondern bei den Betroffenen eingespart werden, handelt es sich um die Aufforderung an das Duisburger Jobcenter zum offenen Rechtsbruch. Dabei müsste man dann ganz ungeniert auf die Notsituation der Betroffenen spekulieren, um diese Einsparungen durchzusetzen. Das Problem für die Betroffenen ist nämlich, dass ihre berechtigten Widersprüche und Klagen gegen das Jobcenter rechtlich keine aufschiebende Wirkung haben. Wenn sie also nach monatelangen oder jahrelangen Verfahren (die Sozialgerichte sind jetzt schon überlastet) im Nachhinein Recht bekommen, dürfen sie zwar auf eine Nachzahlung des Jobcenters hoffen (selbst die muss man teilweise per Zwangsvollstreckung durchsetzen!), aber in der ganzen Zwischenzeit sitzen die Betroffenen auf dem Trockenen und könnten dann ihre aktuelle Miete nicht mehr bezahlen. Die Anzahl an Zwangsumzügen, Stromsperren, Obdachlosigkeit oder Heimeinweisungen würde also steigen, obwohl die Jobcenter-Bescheide dann in noch größerer Anzahl als jetzt (über die Hälfte der Klagen sind erfolgreich) rechtswidrig sind.

Zwar steigt die Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft (KdU) für ganz Deutschland z.B. von 3,9 Mrd. € (2014) auf 4,6 Mrd. € (2015). Sie stehen aber in keinem direkten Zusammenhang zu den KdU in Duisburg. Denn einerseits müssen die Bundes-KdU immer erst mühsam durch alle Instanzen bis auf die Kommunen herunter gebrochen werden und andererseits steht in der Sparmaßnahme ausdrücklich, dass das Jobcenter „per Zielvorgabe“ (vom Duisburger Stadtrat an das Jobcenter) „verpflichtet werden soll, die KdU-Werte in den nächsten Jahren auf die KdU-Planwerte von 150 Mio. € (2015) bis 158 Mio. € (2018) zu begrenzen.

Sozialpolitisch drohen damit in Duisburg katastrophale Zustände. Die allermeisten ALG II-Betroffenen werden nicht die  Kraft oder die finanziellen Rücklagen haben, um während eines monatelangen oder jahrelangen Rechtsstreits unterhalb des Existenzminimums in der Hoffnung auf eine große Nachzahlung zu leben. In einer Stadt, in der rechtsextreme und rechtspopulistische Parteien wahlpolitisch erfolgreich gegen den Zuzug von Flüchtlingen kämpfen, wäre es vermessen, von „einheimischen“ Betroffenen im Falle von zunehmenden Zwangsumzügen, Stromsperren usw. eine „Willkommenskultur“ zu erwarten. Das ist von den Verantwortlichen offenbar auch nicht so gewollt. Für die Stadtverwaltung ist es leichter, die Armen gegeneinander auszuspielen, da deren Lobby dort am geringsten ist.

Wie werden sich Sozialausschuss und Stadtrat dazu positionieren? Die LINKE wird wohl dagegen stimmen. Aber das reicht natürlich nicht. Entscheidend wird es vor allem auf die SPD ankommen. Was machen die Gewerkschaften und wie groß ist überhaupt deren Einfluss auf die SPD? Werden die ALG II-Bezieher auf dem Altar einer großen Rathaus-Koalition geopfert? Duisburg würde dann für die Betroffenen ein noch brutaleres Pflaster als es jetzt schon teilweise der Fall ist.

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