Liebe Kolleginnen und Kollegen,
mehrfach haben wir als Gewerkschafter/Innen-Arbeitskreis (AK) über die Krise in der Automobilindustrie und deren Folgewirkung für die Arbeitnehmerschaft Artikel auf unserer Homepage gepostet, wie Ihr nach dem Klick auf den Link es feststellen könnt: http://ak-gewerkschafter.com/?s=automobilkrise . Speziell zur Situation bei Ford (Genk) haben wir bereits am 11. November 2012 einen Artikel verfasst und auf unsere Homepage gepostet, den Ihr unter http://ak-gewerkschafter.com/2012/11/09/die-krise-in-der-automobilindustrie-verstarkt-sich/ durch anklicken aufrufen könnt.
Gestern nun sendete uns das Ver.di-Netzwerk den nachstehenden Solidaritätsaufruf für die Kolleginnen und Kollegen (Genker-Fordarbeiter) zu, die aufgrund ihrer Aktionen zum Erhalt ihrer Arbeitsplätze mit staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren überzogen wurden. Hier stellt ich nun wirklich die Frage, was krimineller ist, die Vernichtung von Arbeitsplätzen durch Standortschließung oder der Kampf um deren Erhalt? Bitte unterschreibt die Solidaritätserklärung und reicht sie an andere Kolleginnen und Kollegen weiter.
Für den AK Manni Engelhardt –Koordinator-
Liebe KollegInnen,
wir bitten Euch um die Weiterleitung, Verbreitung und Veröffentlichung der
folgenden Erklärung des Solikreises „7. November“.
Am 7. November 2012 demonstrierten 250 KollegInnen von Ford Genk in Köln
gegen die Schließung ihres Werks. Die Folge war ein Amoklauf der Polizei,
die mit mehreren Hundertschaften anrückte. Jetzt hat die
Staatsanwaltschaft
Ermittlungsverfahren gegen insgesamt 16 Kollegen aus Belgien und Köln
eingeleitet – wegen „besonders schwerem Landfriedensbruch“.
Wir sagen dazu: Das wirkliche Verbrechen ist die Werksschließung. Der
Widerstand dagegen ist voll und ganz gerechtfertigt. Wir wenden uns gegen
die Kriminalisierung.
Wir bitten Euch um Solidaritätserklärungen!
Mit solidarischen Grüßen aus Köln
Solikreis „7. November“
http://solikreis07nov.wordpress.com/
Solidarität mit den
Ford-KollegInnen!<http://solikreis07nov.wordpress.com/2013/10/10/solidaritat-mit-den-ford-kolleginnen/>
*[image:
dscf1038]<http://solikreis07nov.files.wordpress.com/2013/10/dscf1038.jpg>
*
*„Wir wollten unsere Kölner Kollegen warnen. Jeden Tag kann es passieren,
dass die da oben weitere Stellenstreichungen und ganze Werksschließungen
verabschieden.“* (Zitat eines Genker Kollegen im Express, 8.11.12)
Am 7. November protestierten 250 Beschäftigte und Gewerkschafter aus dem
belgischen Genk vor der Ford-Europazentrale in Köln gegen die geplante
Schließung ihres Werks.
Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Köln Ermittlungsverfahren gegen 15
belgische Ford-Arbeiter und einen solidarischen Kollegen aus Köln
eingeleitet. Der Vorwurf lautet auf “Rädelsführerschaft” in einem
“besonders schweren Fall von Landfriedensbruch”. Die Strafandrohung darauf
lautet auf Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
*Was war passiert?*
Zwei Wochen zuvor, am 24. Oktober, hatte der US-Autobauer Ford
angekündigt,
den Produktionsstandort Genk mit 4300 Beschäftigten bis Ende 2014 zu
schließen. Rechnet man alle Arbeitsplätze zusammen, die vom Genker Werk
abhängen, kommt man auf etwa 10.000. Die Werksschließung bedeutet also das
wirtschaftliche Ausbluten einer ganzen Region in Belgien.
Als Ford-Beschäftigte aus Köln von der Werksschließung und den beginnenden
Protesten ihrer Genker Kollegen erfahren haben, wandten sie sich an ihren
Betriebsrat mit dem Vorschlag, die Kollegen zu unterstützen. Die lapidare
Antwort der IG-Metall-Funktionäre: Man habe leider keine Telefonnummer in
Belgien. Die Koordination einer Solidaritätsaktion sei daher nicht
möglich.
Daraufhin haben einige Kölner KollegInnen selbst die Initiative ergriffen
und sind zu einem Solidaritätsbesuch nach Genk gefahren. Dort wurden sie
mit offenen Armen empfangen. Aus dem Treffen entstand die Idee einer
Aktion
der Genker Beschäftigten während der Sitzung des Europäischen Betriebsrats
in der Europazentrale in Köln. Die Forderung der Genker Kollegen:
Verteilung der Produktion von Ford auf alle europäischen Standorte statt
Schließung des Genker Werks.
Am 7. November brachen etwa 250 Genker Autobauer in 5 Bussen nach Köln
auf.
Sie betraten das Werksgelände, gingen zu Gebäude A und forderten dort den
Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Hinkelmann zu einem Gespräch auf. Statt die
BesucherInnen mit offenen Armen zu empfangen und zu unterstützen,
versuchte
dieser die Kollegen mit Verweis auf die von ihnen in Genk geplante
Demonstration am folgenden Sonntag zu beschwichtigen. Viele der Zuhörer
beantworteten Hinkelmanns Rede mit Buh- und Zwischenrufen.
*Amoklauf der Polizei*
Was dann folgte, verschlug vielen die Sprache: Als die Genker KollegInnen
das Werksgelände nach einer kurzen Besetzungsaktion verließen, wurden sie
von einem massiven Polizeiaufgebot aus mehreren Hundertschaften
angegriffen
und eingekesselt. 120 Streifenwagen und ein Hubschrauber wurden gegen die
protestierenden ArbeiterInnen eingesetzt.
Offensichtlich zum Zwecke einer späteren Strafverfolgung fertigte die
Polizei jeden einzelnen im Polizeikessel festgehaltenen Arbeiter mit
Personalienkontrolle, Fotografien, Taschen- und Körperkontrollen ab. Nicht
wenige KollegInnen fühlten sich an die faschistische deutsche Besetzung
Belgiens während des Zweiten Weltkriegs erinnert. In einem empörten
Redebeitrag mit dem Megaphon wurde deutlich, dass die anwesenden
Beschäftigten, das verantwortliche Managment bei Ford Bernhard Matthes
(aus
Köln), Phelipe Verbeek (aus Genk) und Stephen Odell (für ganz Europa) für
die wahren Verbrecher halten: “Sie und nicht wir sollten kriminalisiert
werden!”
*Parallelen zum Ford-Streik 1973*
Zeitgleich zum Polizeiangriff wurden Kölner KollegInnen, die sich
solidarisieren wollten, daran gehindert, indem die Werkshallen geschlossen
und sie darin eingesperrt wurden.
Wie wir auf einer Veranstaltung anlässlich des 40sten Jahrestages des
Ford-Streiks von 1973* erfahren haben, liegen diesem Agieren Notfallpläne
gegen Arbeiterunruhen bei Ford zugrunde, die ein abgestimmtes Handeln von
Werksschutz, Polizei, Geschäftsleitung, Gewerkschaft und Medien im
Fall von
Protesten vorsehen.
Wie schon damals beim Ford-Streik, als innerhalb und außerhalb des Werks
rassistische Pogrom-Stimmungen gegen den „Türken-Terror“ geschürt wurden,
haben die Kölner Medien am 7. und 8. November gegen den „Aufstand bei
Ford“
(Express) gehetzt.
*Auf sich allein gestellt sterben oder gemeinsam kämpfen?*
Die Autoindustrie ist heute hochmonopolisiert und der Konkurrenzkampf
zwischen den Autobauern hat sich ungemein verschärft. Während VW aus der
weltweiten Wirtschaftskrise gestärkt hervorgegangen ist, ungemein viel
Kapital nach Asien exportiert und den Plan verfolgt, Weltmarktführer zu
werden, hatten Firmen wie Opel/General Motors und Ford in Europa das
Nachsehen und wollen sich jetzt auf Kosten der Beschäftigten gesund
sanieren.
In einer Zeit, in der die Industrieproduktion in globalen
Produktionsketten
organisiert ist, funktioniert das für die kapitalistischen Firmen nur,
wenn
sie es verstehen, ihre Beschäftigten „im Griff“ zu behalten.
Mit diesem Ziel werden verschiedenste Methoden eingesetzt, um die
Belegschaften zu spalten und gegeneinander auszuspielen. Beispielsweise
durch die Spaltung in Stamm- und Leihbelegschaften, die den deutschen
Konzernen während der Krise „gute Dienste“ geleistet hat.
Ein weiteres Mittel ist der Standort-Chauvinismus, an dem sich gerade
Gewerkschaften wie die IG Metall beteiligen: Im Fall von Opel schoss der
Bochumer Betriebsratschef Einenkel im Jahr 2010 zunächst gegen den
Standort
Antwerpen („Das belgische Werk dürfe nicht auf Bochums Kosten gerettet
werden.“, WAZ vom 7.4.10). Jetzt, da Antwerpen dicht ist, soll es
Bochum an
den Kragen gehen.
Die Produktion der Fahrzeuge Ford Mondeo, S-Max und Galaxy soll nach den
Plänen von Ford nach der Schließung von Genk ins spanische Valencia gehen.
Von dort soll die Fertigung des C-Max und Grand C-Max ins saarländische
Saarlouis verlagert werden. Die deutschen Belegschaften sollen damit
vorübergehend in Sicherheit gewiegt werden – nach dem Motto: „Das Gewitter
ist nochmal an uns vorbeigezogen.“ Das Beispiel Opel zeigt aber: Selbst
wenn hier vorübergehend ein paar Jobs erhalten bleiben, weil eine
Belegschaft mehr Zugeständnisse macht als die anderen, hält das die
Gesamtbewegung nicht auf, die am Ende alle in die Arbeitslosigkeit reisst.
Als Beschäftigte können wir uns überlegen, ob wir uns auf diese Logik
einlassen und einer nach dem anderen auf sich allein gestellt stirbt. Oder
ob wir uns zusammentun und eigenständig Kämpfe führen, die über Standort-,
Konzern- und Ländergrenzen hinausgehen und sich nicht an den
vorgeschriebenen „Dienstweg“ halten.
Die Aktion der Genker Kollegen hat vorgemacht, wie das gehen kann. Lassen
wir sie jetzt also nicht allein!
*Solidarität ist notwendig*
Durch die Ermittlungsverfahren wird jeder, der gegen die Vernichtung
seines
Arbeitsplatzes kämpft, mit strafrechtlicher Verfolgung bedroht (denken wir
nur an Nokia Bochum, Schlecker, TSTG Duisburg, Opel Bochum, Siemens,
Outokumpu u.v.m.). Die Kriminalisierung der Aktion der Genker KollegInnen
und ihrer UnterstützerInnen ist daher ein Angriff auf jeden, der in
Deutschland einer Lohnarbeit nachgeht.
Neben dem drohenden hohen Strafmaß könnte Ford mögliche Verurteilungen
außerdem zum Anlass nehmen, um die Beschäftigten zu kündigen.
Deshalb haben wir einen Solidaritätskreis ins Leben gerufen, um die
KollegInnen zu unterstützen. Wir bekräftigen die Ansage der eingekesselten
KollegInnen vom 7. November: Das wahre Verbrechen besteht darin, Fabriken
und Firmen zu schließen, tausende Menschen auf die Straße zu setzen und
ihnen ihre Existenz zu rauben. Der Widerstand gegen
Arbeitsplatzvernichtung
ist voll und ganz gerechtfertigt. Wir lassen uns nicht vorschreiben, wie
wir für unsere Arbeitsplätze zu kämpfen haben.
Wir rufen Kolleginnen und Kollegen und alle Interessierten –
unabhängig von
Weltanschauung, Parteibuch oder Gewerkschaftsmitgliedschaft – dazu auf,
sich zu solidarisieren!
Schickt uns Solidaritätsadressen! Informiert Euch auf unserer Webseite!
*Wir fordern die sofortige Einstellung aller Ermittlungsverfahren!*
*Der Widerstand gegen Massenentlassungen ist legitim!*
*Für internationale Klassensolidarität statt Standortlogik!*
E-Mail: solikreis0711@gmail.com
*Spendenkonto: *Klaus Dillmann, Postbank Saarbrücken, BLZ 590 100 66, Kto.
098 858 0668, Stichwort: “7. November”
* http://ford73.blogsport.de/
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Eure Aktion war ein Beispiel notwendiger, gelebter internationaler Solidarität.
Stehen wir zusammen gegen die Kriminalisierung von Widerstandsmaßnahmen
gegen Kapitalinteressen, insbesondere einer verheerenden Standortpolitik.
Solidarität und gemeinsame Aktionen über die Landesgrenzen hinweg sind unverzichtbar, wenn die Interessen der Lohnabhängigen verteidigt werden sollen.
Georg Heidel, Ver.di-Vertrauensmann
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