Wir haben den NEWSLETTER Nummer 45/2021 des Kollegen Harald Thomé für Euch bei uns online gestellt!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

als Gewerkschafter/Innen-Arbeitskreis (AK) haben wir den NEWSLETTER Nummer 45/2021 des Kollegen Harald Thomé (http://www.ak-gewerkschafter.de/?s=harald+thom%C3%A9)

                                Bildergebnis für fotos von tacheles e. v. und harald thomé

erhalten und für Euch auf unserer Homepage nachstehend online gestellt sowie in den Kategorien „HARTZ IV“ (http://ak-gewerkschafter.com/category/hartz-iv/) und „SOZIALPOLITIK (http://ak-gewerkschafter.com/category/sozialpolitik/) archiviert.

Diesen NEWSLETTER Nummer 45/2021 könnt Ihr durch den Klick auf den nachstehenden Link auch direkt auf der Homepage von

online lesen.

> https://tacheles-sozialhilfe.de/startseite/tickerarchiv/d/n/2861/ !

Dem Harald sagen wir wieder ein herzliches Dankeschön für sein unermüdliches Engagement im sozialpolitischen Sektor!

Nicht irritieren lassen. Es ist in der Tat der 45. NEWSLETTER, da Harald Thomé zwei Nummer-9-NEWSLETTER unterschiedlichen Inhaltes im Februar 2021 gepostet hat!

Für den AK Manni Engelhardt -Koordinator-

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Thomé Newsletter 45/2021 vom 29.11.2021

Liebe Kolleginnen und Kollegen,  sehr geehrte Damen und Herren,

mein heutiger Newsletter zu folgenden Themen:

1. Koalitionsvertrag:  Bürgergeld bleibt Hartz IV

Der Koalitionsvertrag der Ampel liegt auf dem Tisch. Das, was in Bezug auf die Grundsicherung darinsteht, ist in Teilen katastrophal.

Das System „Hartz IV“ soll nun in Bürgergeld umbenannt werden. Die beiden für die AGENDA 2010 verantwortlichen Parteien möchten diesen Volksmundbegriff unbedingt in einen neuen neoliberal klingenden und wirkenden umfirmieren und sich so aus der Verantwortung stehlen.

Allerdings Bürgergeld bleibt Hartz IV: denn es soll keine höheren Regelleistungen geben, die Sanktionen bleiben bestehen und es gibt keine Lösung zur Wohnkostenlücke.

a. Die Nichtanhebung der Regelleistungen
Der Koalitionsvertrag sagt ganz klar, dass die Regelleistungen nicht angehoben werden sollen. Es ist bekannt, die Regelleistungen sind deutlich zu niedrig. Die Wohlfahrts-, Sozial- und Betroffenenverbände stellen seit Monaten klar, dass sie auf mind. 600 € angehoben werden müssen und dass das jetzige System Armut und Elend per Gesetz bedeutet. Selbst die massiven Preissteigerungen der Lebenshaltungs- und Energiekosten führen weder zu einer Regelleistungserhöhung und noch nicht mal zu einem Solidarzuschlag. Hier nichts zu regeln ist schäbig!

Hier nichts zu regeln ist vermutlich auch verfassungswidrig, denn das BVerfG hat in seinen beiden Regelsatzurteilen von 2010 und 2014 bei kurzfristig „auftretende[n], extreme[n] Preissteigerungen“ zwingend kurzfristige Anpassungen vorgeschrieben. Dies wurde in dem Kurzgutachten von Prof. Anne Lenze vor kurzem rausgearbeitet (siehe Nr. 3 dieses NL, Gutachten von Fr. Lenze: https://t1p.de/p9sgs). Eine solche Situation liegt jetzt vor, die Lebenshaltungs- und Energiekosten schnellen in die Höhe und die Ampel will keinerlei Änderungen bei den Regelleistungen. Die Ampel will noch nicht einmal einen Solidarzuschlag in der Coronazeit.

Solange die Regelleistungen im SGB II/ SGB XII/AsylbLG nicht angehoben werden, ist das Grundsicherungssystem Armut per Gesetz und bleibt Hartz IV, auch wenn es jetzt einen anderen Namen bekommen soll.

b. Sanktionen bzw. das Märchen des Sanktionsmoratoriums
In verschiedenen Veröffentlichungen wird nun von einem „Sanktionsmoratorium“ gesprochen, so im Tagesspiegel (https://t1p.de/sz4kd), der Artikel basiert auf einem Papier von Sven Lehmann: https://t1p.de/wc3x

Sven Lehmann schreibt: „Bis zur gesetzlichen Neuregelung keine Sanktionen. Bis Ende 2022 wollen wir die Mitwirkungspflichten der Bürgergeldbeziehenden neu regeln. Bis dahin gilt ein Sanktionsmoratorium: Es werden keine Sanktionen unter das Existenzminimum mehr verhängt“ [….] „Kosten der Unterkunft und Heizung werden grundsätzlich von Sanktionen ausgenommen und Unter-25-Jährige nicht mehr verschärft sanktioniert“ (Das neue Bürgergeld, Sven Lehmann MdB, 24.11.2021).

Zunächst sind erstmal die Begriffe zu klären: ein „Sanktionsmoratorium“ bedeutet ein komplettes Aussetzen der Sanktionen.
In dem Lehmann- Papier und medial wird aber nur dargestellt, es gäbe keine „Sanktionen unter das Existenzminimum“ und keine Sanktionen der „Kosten der Unterkunft und Heizung“ sowie „Unter-25-Jährige [werden] nicht mehr verschärft sanktioniert“.
Im Klartext bedeutet dies, dass weiter sanktioniert werden wird, nur nicht „unter das Existenzminimum“. Im Ergebnis ist das aber der derzeitige Zustand. Sanktionen nur bis 30 % des Regelsatzes, keine Sanktionierung der KdU und keine verschärften Sanktionen für U-25’er. Das ist das, was das BVerfG in seinem Sanktionsurteil bereits vorgegeben hatte und wo Tacheles nach dem Urteil des BVerfG die Begrenzung der Sanktionen auf 30 % in den Weisungen festklopfen konnte (https://t1p.de/v1o2).

Diese auf 30 % begrenzten Sanktionen jetzt als Sanktionsmoratorium zu verkaufen entspricht einfach nicht der Realität.  

Auch möchte ich anmerken: es bedarf zu einem Sanktionsmoratorium eine gesetzliche Regelung, das diese gewollt ist, ist auch nicht im Koalitionsvertrag enthalten. Dafür ist aus den Ampelpapieren zu entnehmen, dass in Zukunft Sanktionen unter „Achtung der Würde des Einzelnen“ erfolgen sollen.
Ob Sanktionen von einer schwarz/roten oder rot/grün/gelben Regierung ausgesprochen werden, macht keinen Unterschied, die einen sagen „Wer nicht arbeitet, soll nicht essen“, die anderen sagen „Sanktionen mit Menschenwürde“.

Man kann auf dieser Basis übrigens auch nicht von einer Beziehung „auf Augenhöhe“ sprechen. Wenn eine beteiligte Person eine andere sanktionieren kann, ist weder Augenhöhe, noch ein Vertrauensverhältnis gegeben.

Dazu klare Position: Jede Sanktion bedeutet in jedem Fall einen Verstoß gegen die Menschenwürde. Solange ein System mit Sanktionen und nicht mit positivem Anreiz agiert, ist es als „Sanktionsregime“ abzulehnen und bleibt durch die Kombination der gezielten Unterfinanzierung mit Sanktionen faktisch Hartz IV.

Daran ändert auch ein neuer Name nichts.

c) Armut der Alten und Kranken

Dem Koalitionsvertrag sind in Bezug auf das SGB XII keinerlei Änderungen zu entnehmen. Was angedeutet wird, ist lediglich ein höherer Zuverdienst bei vorzeitiger Altersrente.
Es soll aber laut Koalitionsvertrag keine Änderungen bei den Regelleistungen, dem Schonvermögen, bei KFZ, dem Zuverdienst, zu den langlebigen Gebrauchsgütern oder Unterkunftskosten geben.  

Im Kern: Das ist ein beschämender Umgang mit den Alten und Kranken. Sie sind und bleiben damit verdammt auf lebenslange Unterfinanzierung und bittere Armut. Man könnte es auch durch die Ampel fortgesetzte planmäßige Organisation des „sozialverträglichen Ableben“ nennen.

Gesamtbewertung: Wir hätten „Anwält*innen der Armen“ und nicht der Autofahrenden in den Koalitionsverhandlungen gebraucht. Das Koalitionspapier ist ein Armutszeugnis für alle.

Beteiligten. Offensichtlich ist, dass Änderungen auf der Straße (Luisa Neubauer) oder vor Gericht erstritten werden müssen. Erschreckend ist, dass schon der Einleitungssatz des Koalitionsvertrag „Bündnis für Gerechtigkeit“ so falsch ist.

Natürlich sind Kindergrundsicherung, Übernahme der Sozialschutzeregelungen (bei Neuantragstellenden), besserer Zuverdienst bei Schüler*innen und Studierenden kleine und auch wichtige Veränderungen, aber in der Gesamtheit muss hier deutlich nachgebessert werden.
Der erste Schritt sind höhere Regelleistungen und zwar deutlich höhere! Hier wäre wünschenswert, dass die Parteimitglieder ein klares NEIN zu dem Koalitionsvertrag in dieser Form aussprechen!

2. Tacheles Kampagne: Angemessenheitsfiktion in den Unterkunftskosten – Für das Jahr 2020 und 2021 jetzt Überprüfungsanträge stellen!
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In einer Vielzahl von Fällen werden trotz eindeutiger Rechtslage Unterkunftskosten im SGB II/SGB XII und bei sog. Analogberechtigten nach dem AsylbLG nicht in tatsächlicher Höhe gezahlt.
Im Rahmen des Sozialschutz-Paketes „Vereinfachtes Verfahren für den Zugang zu sozialer Sicherung aufgrund der COVID-19-Pandemie“ wird in § 67 Abs. 3 SGB II/§ 141 Abs. 3 SGB XII bestimmt, dass alle Unterkunfts- und Heizkosten nach § 22 Abs. 1 SGB II / § 35 Abs. 1 SGB XII und § 42a Abs. 1 SGB XII unabhängig von ihrer Höhe als angemessen gelten und es sich dabei um eine unwiderlegbare Fiktion handelt. Diese gesetzliche Bestimmung nennt sich »Angemessenheitsfiktion«. Diese Regelung trifft für das ALG II, für die Sozialhilfe, und auf sog. Analogleistungsberechtigte nach dem AsylbLG, also Geflüchtete, die länger als 18 Monate in Deutschland sind, zu.

Gesetzeszweck dieser Schutzregelung ist, dass sich SGB II- und SGB XII – Leistungsbeziehende in der Zeit der Pandemie „nicht auch noch um ihren Wohnraum sorgen müssen“ (vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drs 19/18107, S 25).

Wurden 2020 und 2021 die Unterkunfts- oder Heizkosten nicht in tatsächlicher Höhe anerkannt ist es jetzt höchste Zeit, noch im Jahr 2021 Überprüfungsanträge zu stellen um rückwirkend die Leistungsansprüche zu sichern. Das betrifft Menschen aus dem SGB II/SGB XII und die Analogleistungsberechtigten nach dem AsylbLG.

Hier muss jetzt gehandelt werden.  

Umfangreicher Text und Musteranträge gibt es auf der Tacheleswebseite: https://t1p.de/xvjd

3. Stefan Sell: Zum Existenzminimums bzw. zum zeitnahen Inflationsausgleich in der Grundsicherung / Gas- und Strompreise im Jahr 2022
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Stan Sell widmet sich in seiner aktuellen Veröffentlichung der Frage, wie das  Existenzminimums durch einen zeitnahen Inflationsausgleich erhalten bleiben kann und macht klar, dass der fehlende Ausgleich auch verfassungsrechtlich sehr kritisch ist. Zum Artikel von Stefan Sell: https://t1p.de/jyym

Die Gas- und Strompreise im Jahr 2022 werden drastisch steigen, auch dieses ist selbstverständlich bei den unterdeckten Regelleistungen zu berücksichtigen, dazu mehr hier: https://t1p.de/mtmu

4. Neue AsylbLG-Leistungssätze / Arbeitshilfe der Diakonie zur Erlangung von RBS1 statt RBS2

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Das BMAS hat die neuen Leistungssätze nach dem AsylbLG, gültig ab Januar 2022, auf seiner Homepage veröffentlicht. Es gibt zwischen einem und drei Euro mehr im Monat, also deutlich unter dem Inflationsausgleich.

Neue RB’s im AsylbLG: https://t1p.de/w88t

Die Diakonie Hessen hat eine sehr gute Arbeitshilfe erstellt, wie man gegen die Einstufung in Regelbedarfsstufe 2 vorgehen sollte, in die alle in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebrachten alleinstehenden und alleinerziehenden Erwachsenen eingestuft werden. Auch Personen, die bereits Analogleistungen nach §2 AsylbLG erhalten, sind von diesen Kürzungen betroffen. Gegen diese Rückstufungen sind Betroffene vereinzelt gerichtlich vorgegangen. Dabei haben alle hessischen Sozialgerichte bislang im Sinne der Kläger entschieden und auf Wiedereinsetzung der Regelbedarfsstufe 1 entschieden. Auch hat inzwischen das Landessozialgericht Hessen in zwei Fällen die Kürzungen für verfassungs- und europarechtswidrig erklärt. Die Arbeitshilfe gibt es hier: https://t1p.de/2m2y

5. Kinderfreizeitbonus – rausgefallene Kinder erhalten Nachzahlung
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Die Bundesregierung hatte in ihrem „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona“ u.a. einen „Kinderfreizeitbonus“ – eine Geldleistung von 100 Euro für Kinder und Jugendliche in bedürftigen Familien zur Auszahlung gebracht.
Rd. 160.000 Kinder und Jugendliche hatten diese Leistung allerdings nicht erhalten, weil sie nicht Teil der elterlichen BG waren. Dieser systematische Fehler soll jetzt korrigiert werden. Im Dez. 2021 soll diesen Kindern und Jugendlichen der Freizeitbonus von 100 EUR automatisch nachgezahlt werden.

Mehr dazu beim Pari unter: https://t1p.de/wev0

6. Aktualisierte Folien zum SGB II im Netz
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Dann möchte ich darauf hinweisen, dass wieder mal aktualisierte Folien zum SGB II im Netz sind. Diese sind hier zu finden: https://tacheles-sozialhilfe.de/startseite/folien-zum-sgb-ii/

7. Zum Jahreswechsel gibt es eine neue Tacheles Homepage
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Ab dem Jahreswechsel wird es eine neue Tacheles Homepage geben. Die Neue wird übersichtlicher, komfortabler, handykompatibel sein und den ein oder anderen neuen Service beinhalten. Das nur schon mal zur Ankündigung.

Als AK merken wir an:

Weitere Infos inklusive Impresseum bitte nach dem Klick auf den nachstehenden Link direkt auf der Homepage von Tacheles e. V. lesen!

> https://tacheles-sozialhilfe.de/startseite/tickerarchiv/d/n/2861/ !

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