Kollegin Martina Haase sendet einen Artikel zum Verhalten der Justiz: „Ich glaub mein Schwein pfeift!“

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

unser Gewerkschafter/Innen-Arbeitskreis- (AK-) Mitglied Kollegin Martina Haase hat uns den nachstehenden Artikel mit der Bitte um Veröffentlichung zu Eurer gefälligen Kenntnisnahme auf unserer Homepage zukommen lassen. Dieser Beitrag, der der Zeitung TAZ entnommen ist, zeigt deutlich auf, dass die Justiz in der “BANANENREPUBLIK DEUTSCHLAND“ (http://ak-gewerkschafter.com/?s=justiz) mit zweierlei Maßen misst !

Wer an die Justiz glaubt, der hat nach wie vor auf Sand gebaut!

Für den AK Manni Engelhardt –Koordinator-

Wenn sie keine andere (R)Ausrede mehr finden, behaupten sie einfach, sie hätten’s nicht gewußt…..  ICH GLAUB MEIN SCHWEIN PFEIFT!!!

25.08.2014 | http://www.taz.de/Kriminalitaet/!144814/

Kriminalität
Dummheit schützt Polizisten vor Strafe

Beamte halten Frau illegal fest: Staatsanwaltschaft meint, Polizisten war unklar, dass das verboten ist. Grüne fordern bessere Ausbildung für Einsatzkräfte.

Die Staatsanwaltschaft hat ein Verfahren wegen Freiheitsberaubung gegen mehrere Polizisten eingestellt. Die Beamten hatten eine Frau gegen ihren Willen weggetragen und im Auto festgehalten. Die Staatsanwaltschaft kam zu dem Ergebnis: Den Polizisten sei nicht bewusst gewesen, dass das verboten ist. Somit würden „hinreichende Verdachtsmomente für den Nachweis der subjektiven Komponente einer Freiheitsberaubung“ fehlen, schreibt die Staatsanwaltschaft der Frau.

Der Fall zeigt, wie die Justiz mit zweierlei Maß misst. Eigentlich gelten die Gesetze für alle Menschen gleich. Aber je nach Art des Täters wird ein Gesetz mal in diese Richtung und mal in die andere gebogen. So entsteht für Polizisten ein teilweise rechtsfreier Raum, in dem sie Straftaten begehen können, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen.

Die Tat geschah bereits im Mai 2011. Damals tagte im Congress Center am Alexanderplatz das Atomforum, ein Lobbyverband der Atomindustrie. Auf der anderen Straßenseite demonstrierte die Anti-Atom-Aktivistin Cecile Lecomte. Sie kletterte auf einen Laternenmast, um ein Transparent aufzuspannen.

Polizisten zogen Lecomte herunter, erteilten ihr einen Platzverweis, trugen sie in ein Polizeiauto und hielten sie eine halbe Stunde fest, bis ihre Personalien aufgenommen waren. Die Polizisten beriefen sich auf das Landespolizeigesetz: „Die Ordnungsbehörden und die Polizei können zur Abwehr einer Gefahr eine Person vorübergehend von einem Ort verweisen.“

Polizisten dürfen also nicht willkürlich jeden Bürger wegtragen, sondern nur die Bürger, die eine Gefahr sind. Lecomte meinte: Sie war keine Gefahr für das Atomforum, da sich zwischen ihr und dem Veranstaltungsgebäude noch eine achtspurige Straße, eine Absperrung mit Gittern und eine Menge Polizisten befand. Lecomte klagte vor dem Verwaltungsgericht und gewann: Die Polizisten hätten sie nicht wegtragen und festhalten dürfen.

Damit stellte sich die Frage nach der Strafe für die Täter. Im Strafgesetzbuch heißt es: „Wer einen Menschen einsperrt oder auf andere Weise der Freiheit beraubt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Es gibt aber auch Ausnahmen. „Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln“, heißt es im Strafgesetzbuch. Davon profitiert etwa ein Kneipenbesucher, der an der Garderobe einen fremden Mantel anzieht statt den eigenen. Das erfüllt eigentlich den Tatbestand des Diebstahls, ist aber nur versehentlich passiert. Wer nicht weiß, was er tut, wird nicht bestraft.

Diesen Grundsatz wendet die Staatsanwaltschaft nun auch auf die Polizisten an. Die wussten zwar, dass sie eine andere Person wegtragen – aber angeblich nicht, dass sie das nicht hätten tun dürfen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, „dass die Polizeibeamten von der Rechtmäßigkeit ihres Handelns überzeugt waren. Damit steht die Überführung einer vorsätzlichen und schuldhaft verwirklichten rechtswidrigen Tat nicht zu erwarten.“

Sprich: Wer ungestraft Straftaten begehen will, muss einfach nur fest davon überzeugt sein, es sei gar keine Straftat. So steht es auch an anderer Stelle im Strafgesetzbuch: „Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte.“

Dummheit schützt also doch vor Strafe. Aber nicht jeden – denn diese Vorschriften werden sehr unterschiedlich angewandt. „Die Justiz argumentiert ergebnisorientiert“, berichtet der Kreuzberger Strafverteidiger Carsten Hoenig aus seiner Erfahrung. Er erinnert sich an einen Mandanten, der kostenpflichtige Abofallen im Internet betrieben hatte. Er hatte sich vorher von einem Rechtsanwalt beraten lassen, damit er nichts macht, was strafbar ist. Anstatt dann wegen eines Irrtums auf eine Strafe zu verzichten, legte die Staatsanwaltschaft dem Mandanten die Beratung negativ aus: Das zeige gerade das Unrechtsbewusstsein des Mannes.

Hat dagegen ein Polizist eine Tat begangen, „dann setzt eine Art Solidarisierungseffekt der Staatsanwaltschaft ein“, meint Hoenig. Auch Staatsanwälte haben die Sonderbefugnis zu Maßnahmen, die sie unter bestimmten Bedingungen nutzen dürfen, und die sonst aber unter hohen Strafandrohungen stehen. Die Polizisten müssten „in Sekundenbruchteilen eine Entscheidung treffen“, sagt Hoenig, eben ob zum Beispiel in einer Situation eine Gefahr besteht oder nicht.

Wenn jede Fehlentscheidung eines Polizisten gleich als Freiheitsberaubung bestraft würde, hätte das erhebliche Konsequenzen für den Beamten – bis hin zur Entfernung aus dem Dienst. Das wäre wohl ebenso zu hart, wie das jetzige Verfahren, bei der Polizisten bei Straftaten häufig völlig ohne Sanktionen bleiben, zu nachsichtig ist.

Eine Lösung könnte eine bessere Ausbildung der Polizei sein, die bei Polizisten solche Irrtümer darüber, wann sie jemanden festhalten dürfen, gar nicht erst entstehen lässt. Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Benedikt Lux: „Das Land Berlin trägt die Verantwortung dafür, dass nur Polzisten eingesetzt werden, die die Rechtslage kennen und die nicht vorschnell Leute festnehmen.“

Die Polizei lehnt das ab. Auf die Frage, welche Konsequenzen die Behörde aus der Angelegenheit ziehen will, teilt die Pressestelle mit: „keine“.

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