Kollege Heinz-W. Kneip schreibt tiefsinnig zu den bevorstehenden Festtagen!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
 
 
als Gewerkschafter/Innen-Arbeitskreis (AK) hat uns heute ein Beitrag des Kollegen Heinz-W. Kneip erreicht, der zum ersten Mal unseren AK angeschrieben hat.
Sein Beitrag ist zu den bevorstehenden Feiertagen und zum Jahresausklang aus unserer Sicht entsprechend kritisch, wertvoll und passend.
 
 
Wir haben ihn nachstehend direkt für Euch auf unsere Homepage gepostet.
 
 
Für den AK Manni Engelhardt -Koordinator-
 
 
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Kollege Heinz-W. Kneip meint:
 
 
Liebe Freunde,
 
 
nur lesen, wenn die Bestürzung zum Handeln führt, die Bereitschaft zur Veränderung vorhanden oder alle „ja, abers ….“ so sicher, so eingeübt, so glaubhaft internalisiert und leichtzüngig abrufbar sind, wenn das Leben nach dem Lesen, jenseits der hin und wieder intellektuell anmuteten Gespräche unter Freunden, Kollegen usw. seinen gewohnten Weg auf der Straße der Lemminge wohlgelaunt fortsetzen kann.
 
Das Interview kann ein schönes Beispiel einer kritischen Sicht auf unsere Produktionsweise sein und verknüpft halt alle Bereiche unserer Lebensweise miteinander und auch alle Bestandteile unserer Art marktlichen Denkens, Handelns und Produzierens. Die freiwillige Reduktion des menschlichen Strebens auf eine einfache Formel, „Aus Geld mehr Geld machen“ ist das satanische Angebot, welches uns direkt oder vermittelt schuldig macht an dessen Ende wir oder besser die anderen oder noch besser die kommenden oder wahrscheinlicher die kommenden anderen das süsse Gift des faustischen Gretchenbundes verstehen werden. Das leichte Leben kurzfristig und das bitterlich-verderbliche kommende, diese symbiotische Unausweichlichkeit ist der schicksalhafte Preis der ethik- und moralfreien Konzeption des in seine Hoch-Zeit übergetretenen Zeitalters des „Deals“. Dessen aus den tiefen, den dunkelen Verfliesen stammenden apokalyptischen Reiter überziehen die Welt, überziehen unsere Lebensweisen, überziehen unsere Grundfesten: Wasser, Luft, Böden; – Demut, Barmherzigkeit, Solidarität; – Gleichheit, Freiheit, Brüderlichkeit und fegen hinweg, was Enzyklopädisten, was die Aufklärung uns an Erkenntnis anboten. Die Orientierung am ersten weißen Reiter ist trügerisch, er wie die anderen lassen verschwinden was Mensch, dieser vielleicht schönste Begriff aller Begriffe – der, schließt man die Augen und flüstert langsam, ganz langsam und zart    M E N S C H    und dann    M e n s c h S E I N   uns soviel spüren lässt und Berufung sein könnte, Mensch beinhalt die Verpflchtung des Seins, des Menschseins – menschlich sein. Nun keiner glaubt die Zeit zu haben diesen kurzen Augenblick sich zu schenken, sich seiner selbst zu erinneren und doch liegt hierin das einzige Gegengift  zum Verderben bringenden süssen Gift des „aus Geld mehr Geld machens“. 
 
Es ist Weihnachten, die Pakete sind gemacht, der Baum reichlich damit garniert, die Konten bei manchen leer, bei anderen weiter und wieder gefüllt – und doch die Regale weiter voll. 
 
Und am dritten Weihnachtstag – endlich – gehts los, die Mall ruft und vergessen sind, 
das Gespräch über Plastik, Uran, Gülle, Pflanzengift, fehlende Bienen, verlorenes Wasser, Allergien, burn outs, ölverschlammte Länder, Feinstaub, uranverseuchte Gebiete, sterbende Orang Utans, geschredderte Hähnchen, geschundene Schweine, Kühe, Kälber, sterbende Haie, Wale, Delphine, fischfreie Zonen in den Meeren, Verwüstung, Abholzungen, die frierenden zu Hambach, die versklavten Arbeitskinder der Kinderschokolade Westafrikas, die versklavten Arbeitsfrauen der Prachtmarken auf unserer Haut, die versklavten Arbeitsmänner in den Minen des edel funkelnden Gesteins, die gestorbene Jugend in den Rohstoffkriegen in fernen Ländern, 6 Millionen gemordete Kongolesen und umzu still und leise für den Treibstoff der Malls, Korruption, die Berber, die Kinderarmut, die verlorenen alten Menschen in Verwahranstalten und Nachbarschaft, der Verlust geisteswissenschaftlicher Akademie, die Reduzierung von Geschichts- und Politikuntericht in Schulen, das Schicksal der lobbylosen Psychiatrieinsassen, die Hungernden der Welt, das schwindende Eis der Pole, die quälent gestopfte Weihnachtsgans, den pharmazeutisch gezüchteten Weihnachtsbraten, die Kindertränen benetzte Schokolade, das Menschenaffen tötende und kindergeschürfte Kobalt und Coltan unserer Telefone …….
 
 
… und doch die Regale weiter voll und die Bedürfnisse unstillbar ….
 
Es naht das Fest der Liebe. Es naht die Hinwendung zum kommenden Jahr. Es nahen die Tage des Innehaltens. Und dann – spätestens dann – müssen wir einen Weg finden, einen Kniff, irgendetwas was uns ermöglicht, mit guten Gefühl weiter machen zu können, weiter zumachen, einfach weiter zu machen. Vielleicht machen wir es so wie letztes Jahr, wie das Jahr zuvor und davor, wir reden mal drüber – wenn wir Zeit haben.
 
Neuer Versuch: Es naht das Fest der Liebe. Es naht die Hinwendung zum kommenden Jahr. Es nahen die Tage des Innehaltens. Achtung ab hier neu und wirklich wichtig: Ein guter Augenblick an euch zu denken. Ein guter Augenblick Danke zu sagen. Danke für ein Jahr Euer Freundschaft und danke für Euer Vertrauen und vor allem auch Dank, dass Ihr mich ausgehalten habt mit meinem Salon-Utopisten-Gehabe. Wie erklärt man seinen Freunden, dass man sich in seiner eigen Verwerflichkeit, Amoralität kaum noch ertragen kann, vielleicht mit einem Weihnachtsgruß – ein Versuch. Ich freue mich auf die Zeit mit Euch, die da kommt und darauf, dass wir hingucken und uns nicht gewöhnen, dass wir gerade stehen und da, wo wir sind, es nicht zu lassen, dass die Welt wieder ein Stück Anstand verliert, dass wir weiter vermutlich vergeblich versuchen werden es zu richten, selbst und gemeinsam zu sein, was so schön an uns ist – mensch sein.
 
Habt es schön, ich wünsche Euch vom Herzen der Welten schönsten Glück.
 
Heinz-W. Kneip
 
In den alten Faustlegenden stand anstatt der Wette zwischen Faust und Mephisto ein Pakt, durch den Faust seine Seele verliert, als er irdisches Glück und Weisheit gewinnt.
 
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