Gutachten
Mindestlohn: Anhebung auf 12 Euro macht Sinn
„Ein deutlich höherer Mindestlohn kommt Beschäftigten zu Gute, die sehr wenig verdienen und zusätzliches Einkommen umgehend ausgeben werden. Forderungen nach einer zurückhaltenden Anpassung oder gar Nullrunde beim Mindestlohn mit Hinweis auf die Corona-Krise sind dagegen fehl am Platze.“
Thorsten Schulten, Tarifexperte des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung
Deutschland weit unterm EU-Durchschnitt
Gemessen am sogenannten mittleren Median-Lohn von Vollzeitbeschäftigten lag der deutsche Mindestlohn nach den aktuellsten verfügbaren Daten mit 45,6 Prozent deutlich niedriger als im EU-Durchschnitt (50,7 Prozent). Und anders als in vielen anderen Ländern sank die Quote in den vergangenen Jahren. Ein Mindestlohn bei 60 Prozent des Medians und damit oberhalb der Schwelle, bei der nach verbreiteter wissenschaftlicher Definition von „Armutslöhnen“ gesprochen wird, müsste in Deutschland aktuell 12,21 Euro betragen. In Großbritannien soll diese 60-Prozent-Schwelle nach fünf aufeinanderfolgenden kräftigen Erhöhungsschritten in diesem Jahr erreicht werden, berichten die Forscher von WSI und IMK. 60 Prozent des Medians sind auch die Zielmarke, die derzeit in der Europäischen Union im Hinblick auf eine mögliche europäische Mindestlohninitiative diskutiert werden.
Würde der deutsche Mindestlohn analog auf 12 Euro angehoben, könnten davon schätzungsweise rund 10 Millionen Beschäftigte profitieren und damit mehr als doppelt so viele wie bei der Einführung 2015. Nach Simulationsrechnungen mit dem IMK-Konjunkturmodell hätte die Anhebung positive gesamtwirtschaftliche Auswirkungen. So fiele langfristig der private Konsum preisbereinigt um 1,4 bis 2,2 Prozent höher aus als ohne Erhöhung. Die Wirtschaftsleistung läge um 0,5 bis 1,3 Prozent höher. Empirische Erfahrungen mit vergleichbar hohen Mindestlohnzuwächsen sind bislang zwar beschränkt, aber in der Tendenz positiv, zeigen die Forscher. Vorliegende Studien aus den USA hätten „gezeigt, dass eine Erhöhung des Mindestlohns auf 60 bis 66 Prozent des Medianlohns ohne negative Auswirkungen auf die Beschäftigung möglich ist“, schreiben die Wissenschaftler. „Allerdings sind in den meisten Fällen größere Mindestlohnerhöhungen nicht in einem, sondern in mehreren Schritten durchgeführt worden.“
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Als AK halten wir am bewährten LUXEMBURGER MINDESTLOHN-MODELL fest!
Manni Engelhardt -Koordinator-