Liebe Kolleginnen und Kollegen,
nachstehend haben wir Euch hier wieder die aktuellsten Thome´ – Mitteilungen in Form eines Auszuges aus dessen jüngsten NEWS-LETTER zu Eurer gefälligen Kenntnisnahme und Bedienung auf unsere Homepage gepostet. Die Mitteilung unter 3. halten wir als Gewerkschafter/Innen-Arbeitskreis (AK) für besonders wichtig; denn sie beinhaltet, dass eine „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM) gemeinsam mit der SPD für eine „NEUE AGENDA 2020“ eintritt. Diese soll dann als Exportmodell für Europa dienlich sein. Die Recherche des Harald Thome´dazu empfehlen wir Euch heute ganz besonders zum Lesen und zum Diskutieren. Vielleicht schreibt ja die eine oder der andere unter Nennung seines Namens einen sachlich-kritischen Kommentar dazu. Dem Unterzeichner hat es einstweilen die Sprache über so viel Frechheit verschlagen. Nach seinem Jahresurlaub wird er auf die Angelegenheit zurückkommen.
Für den AK Manni Engelhardt -Koordinator-
1. SG Berlin: Mietkaution als Zuschuss gegen Abtretung des Rückerstattungsanspruchs ========================================================================
Das Sozialgericht Berlin (SG) hat jüngst entschiede, dass die Tilgung eines Kautionsdarlehns aus den Regelleistungen unzulässig sei. Für Kautionstilgung sei in der Regelleistung kein Spielraum. Das SG Berlin hat die Kautionsgewährung auf Zuschussbass angeordnet, dem Jobcenter allerdings die Möglichkeit eingeräumt, sich vom Hilfeempfänger eine Abtretungserklärung geben zu lassen, damit nach Rückzahlung der Kaution diese direkt n das JC gezahlt wird.
Diese Entscheidung ist richtungsweisend und es sollte in der Beratungspraxis darauf Bezug genommen werden, unter dem Motto: Keine Tilgung von Kautionsforderungen im laufenden Leistungsbezug.
Mit dieser Begründung kann gegen einen die Kautionsdarlehensaufrechnung bestimmenden Bescheid Widerspruch oder Überprüfungsantrag eingelegt werden, bzw. wenn eine Aufrechnung durch Vertrag / Erklärung des Betroffenen durchgeführt wird, diese jederzeit mit Bezugnahme auf § 46 Abs. 1, 2. Teilsatz SGB I zurückgenommen werden. Es sollte auf Basis dieses Urteils bundesweit gegen Kautionstilgungen aus der Regelleistung vorgegangen werden. Hier nun das Urteil: http://www.harald-thome.de/media/files/SG-Berlin—S-37-AS-25006-12.pdf
2. SG Berlin sieht die Mietoberwettbeträge der WAV Berlin als nicht anwendbar an ==================================================================
Das SG Berlin hat in einer aktuellen Entscheidung die Mietobergrenzen der WAV (kommunale Satzung zu den Unterkunftskosten) als unzulässig angesehen und dem klagenden Hartz IV-Empfänger deutlich höhere Unterkunftskosten zuerkannt. Anzuerkennen sind die Werte nach § 12 WoGG mit 10%igem Sicherheitszuschlag = 393,80 EUR zzgl. Heizkosten von 45 EUR (als Wert für eine Person), also mit Heizung 438,80 EUR. Damit hat das SG eine neue Runde eröffnet und Berliner sollten darauf aufbauend handeln, Widersprüche einlegen, Überprüfungsanträge stellen. … Das Urteil gibt es hier: http://www.ra-fuesslein.de/wordpress/wp-content/uploads/2013/03/AuszugUrteilSGBerlin.pdf
3. Konservativen, Neoliberalen, Kapitalvertreter, Springer und Sozialdemokraten mobilisieren für eine Agenda 2020 =============================================
Wahrlich eine spannende Konstellation, Konservative, Neoliberale, der Springerverlag„, die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM), Hand in Hand mit den Sozialdemokraten mobilisieren für eine neue Agenda 2020. Anlass ist das die Vorstellung der Agenda 2010 vor Zehn Jahren. Besonders pikant ist, dass die Agenda 2010 jetzt als Exportmodell für die übrigen Europäischen Staaten verkauft wird „Wie eine noch unveröffentlichte Studie des Instituts zur Zukunft für Arbeit zeigt, waren die Arbeitsmarktreformen so wirksam, dass die Bundesrepublik als Modell für die kriselnden Euro-Staaten taugt. Vor allem die „signifikante Kürzung der langfristigen Arbeitslosenunterstützung“ ließ die Massenarbeitslosigkeit deutlich sinken …“ (Welt am Sonntag, 10.03.2013). Siehe dazu: http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2013/03/08/bruederle-italien-muss-hartz-iv-einfuehren/
Brisant ist, dass nun die SPD offen die Agenda 2010 lobt : „Die Agenda 2010 hat Deutschland vorangebracht“ so Andrea Nahles in der Welt vom 9.3.2013 (http://www.welt.de/politik/deutschland/article114277159/Die-Agenda-2010-hat-Deutschland-vorangebracht.html) .
Der Springer Verlag hat letztes Jahr schon mal die Vorlage gemacht, die bekannte Umverteilungspalette fordert die Fortsetzung uralter Maßnahmen wie weiteres Lohn- und Steuerdumping, weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters, Streichung des Kündigungsschutzes, Absenkung des Hartz-IV-Satzes um 30 Prozent und weitere Privatisierungen … die Details sind hier zu lesen: http://www.welt.de/politik/deutschland/article108798784/Das-ist-der-15-Punkte-Plan-fuer-Deutschland.html
Jetzt zum Jahrestag geht die Mobilisierung der Konservativen, Neoliberalen, Kapitalvertreter, Sozialdemokraten für eine neue „Reformen“ weiter: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/agenda-2010-top-oekonomen-beklagen-reformstau-in-deutschland-a-887899.html
Ich denke, es müsste an jeder Hauswand stehen: Keine Umverteilung von unten nach oben – Keine Agenda 2020 – Gegen Arbeitsplatzabbau und Sozialkürzungen in Deutschland und Europa – Für internationale Solidarität!
Wir tragen hier im „Herzen der Bestie“ eine zentrale Verantwortung, meiner Auffassung nach müssen wir hier die Auseinandersetzungen gegen Lohndumping, schlechte Lebens- und Arbeitsbedingungen, Prekarisierung, Mietwucher, KdU-Richtlinien, zu geringe Regelleistungen, gegen den nicht akzeptablen Umgang mit Flüchtlingen, gegen Rassismus und Faschismus führen und dann müssen wir zueinander Solidarisch sein, aber auch Solidarisch mit den Kämpfen in Europa. In dem Sinne, vorwärts …. !
4. „sozialrecht justament“ in der 1. Ausgabe rausgekommen ===================================================
Mein Kollege Bernd Eckhardt vom Nürnberger Arbeitslosenzentrum hat seine neue Zeitung „sozialrecht justament – kompakt und aktuell – rechtswissen für die existenzsichernde sozialberatung“ rausgegeben, darin bearbeitet er relevante Themen und weißt auf seine Seminarangebote hin.
Ich lese seine Veröffentlichungen immer gerne, sie haben Substanz, gehen ins Detail und denken die Sachen zu Ende. Die/das sozialrecht justament gibt es hier: http://www.harald-thome.de/media/files/Sozialrecht-justament-1-2013.pdf
5. Zielvereinbarungen/ Zum Teil Aufruf zum Rechtsbruch =================================================
Die Jobcenter in gemeinsamer Einrichtung oder auch die kommunalen Jobcenter sind verpflichtet mit der Bundesagentur für Arbeit bzw. mit den Landesbehörden jedes Jahr Zielvereinbarungen abzuschließen (§ 48b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 + 4 SGB II). In diesen ist zu regeln welche Ziele für das laufende Jahr umgesetzt werden sollen. Die Zielvereinbarung stellt quasi die Handlungsperspektive des jeweiligen Jobcenters da. Ich erlaube mir mal Teile der Zielvereinbarung 2012 des Jobcenter Leipzig zu veröffentlichen. Darin werden unter anderen die Reduktion und Begrenzung der Unterkunftskosten und der kommunalen Leistungen (Wohnungsbeschaffungs- Umzugskosten und Kaution, Erstausstattung und Bedarfe bei Schwangerschaft und Geburt) als Ziele für das Jahr 2012 festgelegt.
Die genannten Leistungen sind allerdings Rechtsanspruchsleistungen ausgestaltet. Hier kommt die Frage auf, wie Rechtsanspruchsleistungen reduziert werden können. Es bestehen somit erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit solches Verwaltungshandeln. Besonders da diese Bereiche laut ministerialen Vorgaben gar nicht von Reduktion umfasst sein sollen, siehe hier: http://www.agarbeit.de/Downloads/system-der-zielsteuerung-im-sgb-2-final.pdf (Seite 64).
Jedes Jobcenter muss nach § 48b SGB II eine solch Zielvereinbarung abschließen, es sollte daher von Interesse sein, sich diese genauer anzuschauen. Ein Anspruch auf Herausgabe besteht durch Kommunalvertreteranfragen, aber durch Anträge nach dem Landes- bzw. Bundesinformationsfreiheitsgesetz bzw. bei kommunalen Jobcentern in Ländern ohne Landesinformationsfreiheitsgesetz und wenn vorhanden, nach kommunalen Informationsfreiheitssatzungen. Die Zielvereinbarungen für das Jahr2013 sind schon alle abgeschlossen und könnten angefordert werden. Spannend wäre auch die aktuelle Zielvereinbarung mit denn der Vorjahre zu vergleichen um so einen Eindruck zu bekommen und örtliche Entwicklungen besser nachvollziehen zu können.
Zielvereinbarungen sind zum Teil Vereinbarungen die zum Rechtsbruch auffordern, daher muss hier ein Auge drauf geworfen werden.
Link zur Leipziger Zielvereinbarung: http://www.harald-thome.de/media/files/Zelvereinbarung-JC-Leipzig-2012.pdf
Zum Verschaffen eines Überblicks, Hinweise des Deutschen Landkreistages zu Zielvereinbarungen: http://www.harald-thome.de/media/files/DLT—Hinweise-Zielvereinbarungen—01.11.2010.pdf
Harald Thomé
Fachreferent für Arbeitslosen- und Sozialrecht
Rudolfstr. 125
42285 Wuppertal