Warnstreiks in der Gebäudereinigung werden in dieser Woche sensible Bereiche der Infrastruktur und Teile der Autoindustrie sowie deren Zulieferer treffen. Nach erfolglosen Tarifgesprächen erhöht die Gebäudereiniger-Gewerkschaft IG BAU damit den Druck auf die Arbeitgeber, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Gleichzeit will sie Namen von Unternehmen der Gebäudereiniger-Branche öffentlich machen, die den tariflosen Zustand nutzen, um Reinigungskräfte durch die Änderung von Arbeitsverträgen zu deutlich schlechteren Konditionen zu beschäftigen. Die IG BAU spricht von „Drückerei bei Lohn und Urlaub“.
Die Gebäudereiniger-Gewerkschaft ist deshalb am heutigen Montag mit einem „Dirty-Job-Pranger“ online gegangen.
Das erste Unternehmen der Reinigungsbranche, das die IG BAU wegen „Arbeitnehmer-Schröpfens“ anprangert, ist Piepenbrock aus Osnabrück – und damit eine Branchengröße. Die Gewerkschaft will so „schwarze Schafe der Gebäudereiniger-Branche sichtbar machen“. Ulrike Laux als zuständiges Vorstandsmitglied der IG BAU für die Gebäudereinigung: „Es wird höchste Zeit, den Trend zu stoppen. Unternehmen, die ihre Reinigungskräfte durch geänderte Arbeitsverträge schröpfen, dürfen auf dem Markt keine Chance mehr haben.“ Kunden dieser Firmen hätten ein Recht darauf, zu erfahren, wie von ihnen beauftragte Dienstleister ihre Beschäftigten behandelten.
Nachdem die 6. Verhandlungsrunde über einen neuen Rahmentarifvertrag für das Gebäudereiniger-Handwerk in der vergangenen Woche ergebnislos blieb, nimmt die IG BAU jetzt etliche Unternehmen der Branche ins Visier: Die Gewerkschaft wirft den Firmen vor, den tariflosen Zustand ausnutzen. „Bundesweit drängen Arbeitgeber im Gebäudereiniger-Handwerk Beschäftigte dazu, geänderte Arbeitsverträge zu unterschreiben. Wer darauf eingeht, verliert Zuschläge oder Urlaubstage. Im schlimmsten Fall sogar beides. Oft wird Druck auf Beschäftigte ausgeübt, um an deren Unterschrift für die Änderungen im Arbeitsvertrag zu kommen“, so IG BAU-Bundesvorstandsmitglied Ulrike Laux. Die Verhandlungsführerin der Gebäudereiniger-Gewerkschaft sprach von einem „stillen Branchenangriff auf die Arbeitsverträge“. Reinigungskräfte würden dabei „regelrecht über den Tisch gezogen“.
Die IG BAU kündigte an, diese Praxis offensiv an den Pranger zu stellen – und schwarze Schafe der Branche nach und nach öffentlich zu machen. „Wir lassen nicht zu, dass Firmen die aktuelle Situation so schamlos ausnutzen und Beschäftigte um ihr Recht an fairen Bedingungen bringen. Unsere Pflicht ist es, zu informieren“, so Laux.
Den Auftakt machte die IG BAU am heutigen Montag mit der Piepenbrock Dienstleistungen GmbH + Co. KG aus Osnabrück. Piepenbrock habe einem 32-jährigen Gebäudereiniger, dessen Name der IG BAU bekannt ist, deutliche Abstriche bei Zuschlägen „aufs Auge gedrückt“ – und zwar im Juli, als der bisherige Rahmentarifvertrag noch gültig war. So hat sich nach Angaben der IG BAU der Zuschlag für Nachtarbeit, die über die regelmäßige Arbeitszeit hinausgeht, bei dem Gebäudereiniger halbiert. Auch das Extra-Geld für Sonntagsarbeit ist von 100 auf 50 Prozent und damit auf die Hälfte geschrumpft. „Weitere Abstriche hat Piepenbrock bei den Zuschlägen für die Arbeit an Feiertagen gemacht. Piepenbrock diktiert seine eigenen Tarifregeln nach Gutsherrenart“, sagt Ulrike Laux.
Ein „dicker Brocken“ sei der „klammheimlich weggenommene Urlaubsanspruch“: Eigentlich hätten Gebäudereiniger im ersten Beschäftigungsjahr Anspruch auf 28 Urlaubstage. Danach steige dieser jährlich bis auf 30 Tage, also auf sechs Wochen Urlaub im Jahr. Piepenbrock aber erwähne die Urlaubstage im Arbeitsvertrag mit keinem Wort. „Damit ist klar: Der gesetzliche Urlaubsanspruch soll gelten. Und der liegt für eine Vollzeitkraft bei nur 24 Werktagen. Wer fünf Tage pro Woche arbeitet, hat dann sogar nur zwanzig Arbeitstage Urlaub. Damit hat Piepenbrock dem Beschäftigten mal eben acht Urlaubstage gestrichen“, erklärt Ulrike Laux. Mit einem fairen und vertrauensvollen Umgang zwischen dem Arbeitgeber und seinen Beschäftigten habe das nichts mehr zu tun.
Als Beweis legte die IG BAU Auszüge aus einem aktuellen Piepenbrock-Arbeitsvertrag vor. Diese machte sie per „Dirty Job“-Online-Pranger auf ihrer Homepage öffentlich. „Betroffene Reinigungskräfte haben oft keine andere Chance, als solche Arbeitsverträge zu unterschreiben. Das läuft in den meisten Fällen mit viel Überredungskunst. Und wenn die nichts bewirkt, dann kommt die ‚Vogel-friss-oder-stirb-Taktik‘: Unterschrift her oder Job weg. Arbeitgeber setzen gezielt da an, wo’s weh tut: Bei der Chance, Geld zu verdienen. Geld, das die Reinigungskräfte dringend brauchen“, sagt Laux.
Zur „Welle von Änderungen bei Arbeitsverträgen“ ist es nach Angaben der IG BAU gekommen, nachdem der Bundesinnungsverband für die Arbeitgeber den Rahmentarifvertrag für das Gebäudereiniger-Handwerk zum 31. Juli gekündigt hatte. „Trotzdem besteht kein Grund, an bestehenden Arbeitsverträgen zu sägen. Denn die Beschäftigten haben grundsätzlich die gleichen Rechte wie früher“, sagt Laux. Der Rahmentarifvertrag sei nämlich für allgemeinverbindlich erklärt worden und wirke nach. Er gelte deshalb auch weiterhin. Und zwar für alle, die Ende Juli bereits in der Branche beschäftigt waren. Und das unabhängig davon, ob das Unternehmen, bei dem die Reinigungskräfte arbeiten, dem Bundesinnungsverband angehöre oder nicht.
Piepenbrock-aus-Osnabrueck-am-Dirty-Job-Pranger-der-Gebaeudereinigung.pdf (444,7 KB)
Und hier ein Link, der Euch nach dem Anklicken zu den aktuellen Streik-Aktionen der IG-BAU führt.
Wir bleiben als AK am Thema dran und werden weiter dazu berichten.
Foto IG-BAU
Für den AK Manni Engelhardt -Koordinator-