Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Redaktion „QUERKOPF“ (http://ak-gewerkschafter.com/?s=querkopf) macht uns auf einen Artikel aus dem „Neues Deutschland“ vom 05.08.2014 aufmerksam, den wir nachstehend zu Eurer gefälligen Kenntnisnahme auf unsere Gewerkschafter/Innen-Arbeitskreis- (AK-) Homepage gepostet haben. Wir empfehlen als AK diesen Artikel sehr als lesenswert.
Für den AK Manni Engelhardt –Koordinator-
Artikel aus `Neues Deutschland´ vom 05.08.2014
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Selbsthilfe-Zeitung für Arbeits- und Obdachlose ist bedroht
Vermieter kündigte dem »Querkopf«-Magazin aus Kreuzberg die Räumlichkeiten, das Redaktionskollektiv will aber nicht weichen
Für viele Erwerbslose bieten selbstorganisierte Straßenzeitungen ein kleines zusätzliches Einkommen. In Kreuzberg ist der »Querkopf« als eine solche helfende Zeitung selbst in Schwierigkeiten. »Kein Ort für Nazis« oder »Marx neu entdecken« steht auf zwei der zahlreichen Aufkleber, die eine Tür in der Blücherstraße 37 in Berlin-Kreuzberg schmücken. Wenn sie offen ist, gibt sie den Blick auf einen kleinen Raum mit vielen Büchern, Postern und Plakaten frei. Es ist der Vereins- und Redaktionsraum des »Querkopfs«, einer Publikation, deren Name Programm ist. »Berliner Arbeits-Obdachlosen, Selbsthilfe-Mitmachzeitung« lautet der sperrige Untertitel, der an Zeiten erinnert, als manche Linke möglichst viele politische Positionen schon im Titel unterbringen wollten.
Vereinsmitglied Werner Schneidewind dürfte die Bezeichnung »Querkopf« als Kompliment empfinden. »Sich gegen die Willkür der Mächtigen zur Wehr zu setzen«, bezeichnet er als ein wichtiges Anliegen. Schneidewind betont auch, dass er sich nicht einschüchtern lässt und besonders wütend wird, wenn der Druck von außen steigt. Vor einigen Jahren haben mutmaßlich Neonazis mehrmals die Scheiben des Ladens eingeworfen und die Fassade mit rechten Parolen beschmiert. »Wir haben es überstanden«, sagt Schneidewind. Doch seit einigen Monaten ist die Zeitung erneut bedroht. Im Herbst des vergangenen Jahres hat die Immobilienfirma Bearm GmbH, die das Gebäude verwaltet, dem Verein gekündigt. Bereis zum 31. März dieses Jahres sollten die Räume »besenrein« übergeben sein. Doch Schneidewind hat den Termin ignoriert und einen Solidaritätsappell gestartet: »Sie wollen uns aus dem Kiez vertreiben«, heißt es darin. Erste Reaktionen gab es inzwischen – sogar bundesweit. So hat der »Arbeitskreis GewerkschafterInnen Aachen« von der Bearm GmbH die Rücknahme der Kündigung gefordert.
Für den Verein Querkopf wäre ein Verlust der Kreuzberger Vereinsräume, die er im Jahr 2001 bezogen hat, existenzbedrohend. Schließlich finden dort nicht nur die monatlichen Redaktionssitzungen von sechs Mitarbeitern statt. Der Verein ist vor allem eine Anlaufstelle für die viel zahlreicheren Verkäufer der Zeitung. Die Hälfte des Preises von 1,50 Euro geht an sie. »Ab Mitte des Monats, wenn das ALG-II aufgebraucht ist, wächst die Zahl der Menschen, die sich mit dem Zeitungsverkauf ein Zubrot verdienen«, sagt Schneidewind.
Außerdem dienen die Vereinsräume als Lager für zahlreiche Gegenstände, die bei Wohnungsauflösungen gesammelt wurden und auf Kunden warten. Der Verkauf ist eine der Möglichkeiten, wie sich aktive Erwerbslose Verdienstmöglichkeiten schaffen und dabei möglichst unabhängig vom Jobcenter bleiben können. Das ist Schneidewind und seinen Mitstreitern ein wichtiges Anlegen. Daher ist für sie der Kampf um den Verbleib der Räume in der Blücherstraße auch mit der Frage verbunden, ob für einkommensschwache Projekte und Menschen noch Platz in Kreuzberg ist.
Auch aus der Nachbarschaft gibt es freundliche Ermunterung für die »Querköpfe«. Häufig bleiben Anwohner stehen und erkundigen sich nach dem aktuellen Stand in der Auseinandersetzung, wenn Schneidewind seinen kleinen Klapptisch vor der Vereinslokalität aufstellt. Dort werden neben dem aktuellen »Querkopf«, auch Comics angeboten, die Geschichten aus linker Perspektive erzählen. »Auch andere Mieter haben Probleme mit der Hausverwaltung«, sagt ein Anwohner.
Den juristischen Auseinandersetzungen um die Kündigung sieht Schneidewind aber gelassen entgegen. »Das kann sich noch Jahre hinziehen«, gibt er sich optimistisch. Der Geschäftsführer der Bearm GmbH Frank Emuth habe ihm im März angekündigt, in sechs Monaten werde er die Räume leer haben. Emuth war gegenüber »nd« zu einer Stellungnahme ebenso wenig bereit wie andere Mitarbeiter der Bearm GmbH.
Von Peter Nowak