BEHINDERTER ERHÄLT KEINEN SCHADENSERSATZANSPRUCH: VERWALTUNGSGERICHT (VG) NEUSTADT URTEILT BEHINDERTENFEINDLICH! Urteil vom 17. Juni 2011 mit dem Az. 1 K 1158/10

EIN KOMMENTAR UNSERES AK-KOORDINATORS MANNI ENGELHARDT:

Bis dato bin ich immer davon ausgegangen, dass bei gleichgelagerter Qualifikation der Schwerbehinderte bei einer Bewerbung um eine Einstellung im öffentlichen Dienst den Zuschlag erhält. Jedenfalls wurde dies in meiner 33-jährigen und ununterbrochenen Tätigkeit als ehemaliger Personalratsvorsitzender in meiner Dienststelle so praktiziert.

Mit großer Verwunderung muss ich aber jetzt feststellen, dass dieses Prinzip für das VG-Neustadt scheinbar keine Gültigkeit hat.

Die Klage eines behinderten Bewerbers auf Schadensersatz, wegen Verstoßes gegen dieses Prinzip, wurde durch das VG-Neustadt abgewiesen. Ausdrücklich hatte der Kläger seine Klage auf den Verstoß der Behörde gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz gestützt, und eine Entschädigungsleistung in Höhe von drei Monatsgehältern gefordert.

Die Beklagte hatte im Vorstellungsgespräch des Klägers nach dessen Gesundheitszustand gefragt. Diese Frage halte ich ganz deutlich und besonders bei Behinderten für unzulässig. Der Kläger hatte dann mit Recht darauf verwiesen, dass er darin einen Verstoß sehe, der in einer willkürlichen Ablehnungsbescheidung gemündet habe.

Diese Auffassung bestätigte das VG-Neustadt ganz und gar nicht. Im Gegenteil hoben die Richter in ihrer Entscheidungsbegründung hervor, dass für eine Einstellung als Beamter die gesundheitliche Eignung des Bewerbers zwingend erforderlich sei. Es müsse der Beklagten als Dienstherr erlaubt sein, sich darüber im Vorstellungsgespräch ein Bild machen zu können, und deshalb erforderlichenfalls auch entsprechend nachzufragen. Sie sahen in dieser Fragestellung keine Benachteiligung des behinderten Klägers im Vergleich zu den nichtbehinderten Mitbewerbern. Der Kläger hat allerdings den Ausschreibungstext (Stellenbeschreibung) vor der Abgabe seiner Bewerbung zur Kenntnis genommen und mit Sicherheit wohl ab gewägt, ob er dieser ob seiner Behinderung gerecht werden kann.

Da darf allerdings die Frage danach erlaubt sein, weshalb in Ausschreibungstexten des öffentlichen Dienstes der Passus:

„Bei gleichgelagerter Eignung, werden Behinderte  bevorzugt!“ (oder so ähnlich) in Stellenausschreibungen eingebaut wird?

Ich denke, dass dies reine Makulatur ist; denn wenn sich diese erstinstanzliche Rechtsprechung jetzt über das OVG bis zum BVerwG fortsetzt, ist die Behindertenfeindlichkeit in unserer „Bananenrepublik Deutschland“ in Bezug auf die Vergabe von Beamtenstellen im öffentlichen Dienst zementiert, was mit Sicherheit auch auf die sogenannten „Freien Arbeitgeber“ und deren Einstellungspraxis ausstrahlen wird!

(Quelle: Pressemitteilung des VG-Neustadt Nr.: 18/2011)

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