Ein Kommentar unseres AK-Koordinators Manni Engelhardt:
Gibt jemand bei seiner Einstellung als Beschäftigter des Öffentlichen Dienstes seine Erklärung zu den Grundsätzen der freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und/oder zu den jeweiligen Landesverfassungen ab, und erklärt darüber hinaus, dass er Nichtmitglied einer verfassungswidrigen Organisation ist, so ist dies die unbedingte Voraussetzung dafür, dass er oder sie für den Staatsdienst tauglich ist.
Stellt der Arbeitgeber dann jedoch im Nachgang fest, dass dem so nicht ist und im Gegenteil der Beschäftigte nicht nur Mitglied der NPD und der JN ist, sondern auch noch ganz öffentlich an den Kundgebungen dieser Organisationen teilgenommen hat, und mahnt deswegen ab, so schützt das den Betroffenen vor dem Folgeschritt, nämlich der Kündigung im Wiederholungsfall. So und nicht anders entschied der 2. Senat des BAG, was für mich überhaupt nicht nachvollziehbar ist!
Damit schloss das BAG sich der Vorderrechtsprechung des Landesarbeitsgerichtes (LAG) Baden-Württemberg, Urteil vom 02.06.2009, Az.: 14 Sa 101/08, an.
Das BAG ist der Meinung, dass die Kündigung, wenn sie sich auf das Verhalten des Beschäftigten, dass die Abmahnungssubstanz schon beinhaltet, stützt, unwirksam ist, weil sie sich ausschließlich darauf bezieht.
Wörtlich: „Die Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen verfassungsfeindlicher Bestätigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer eine ihm bei seiner Einstellung in den öffentlichen Dienst zulässigerweise gestellten Frage nach seiner Verfassungstreue bewusst falsch beantwortet oder relevante Umstände trotz bestehender Offenbarungspflicht verschwiegen hat.“
Und somit wurde die Kündigung des Beschäftigten, der Mitglied der NPD ist und seit 2003 beim beklagten Land Baden-Württemberg bei der Finanzverwaltung tätig war, verworfen.
Ausdrücklich legte der 2. Senat nochmals fest, dass er zwar die Erklärung zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des GG und zur Nichtmitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Organisation, die die Grundordnung bekämpfe, abgegeben habe, aber bei der Abgabe der Erklärung sich eines Eignungsmangels nicht bewusst war.
Trotz, dass der Beschäftigte nach seiner Abmahnung wieder an einer Gedenkveranstaltung der NPD teilgenommen hatte, ließ das BAG die Kündigung nicht gelten.
Wörtlich: „Der Kläger hat jedenfalls nach seiner Abmahnung bis zum Zugang der Kündigung kein Verhalten gezeigt, das als aktives Bekämpfen der freiheitlich demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes angesehen werden kann. Ob die NPD und ihre Jugendorganisation als verfassungsfeindlich einzustufen sind und ob das abgemahnte Verhalten deutlich gemacht hat, dass der Kläger mögliche verfassungsfeindliche Ziele der NPD aktiv unterstützt, war nicht zu entscheiden.“
Wie die Rechtsprechung ausgesehen hätte, wenn es sich hier um einen Beschäftigten, der in der linken politischen Szene aktiv ist, gehandelt hätte, kann ich mir lebhaft ausmalen.
Das Land Baden-Württemberg wäre nunmehr gut beraten, wenn es mit dieser, für mich nicht verwunderlichen Entscheidung des 2. Senates des BAG, das Bundesverfassungsgericht anrufen würde.
(Quelle: Pressemitteilung Nr. 35/2011 des BAG vom 12.05.2011)!