Liebe Kolleginnen und Kollegen,
es ist Wochenende, was wir als Gewerkschafter/Innen-Arbeitskreis (AK) auch wieder zum Anlass nehmen, unserem AK-Mitglied, dem Schriftsteller Dinarin Aleksandar Nikolic (http://www.ak-gewerkschafter.de/?s=dinarin+aleksandar+nikolic), die Möglichkeit einzuräumen, eine seiner Geschichten zu Eurer gefälligen Kenntnisnahme erzählen zu können.
Dieses Mal ist es eine erheiternde Story, wie sie nur das Leben schreiben kann, die Dinarin Aleksandar mit dem Titel „Die Panne“ versehen hat.
Sehr gerne haben wir sie nachstehend auf unsere Homepage gepostet. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen.
Für den AK Manni Engelhardt –Koordinator-
Dinarin Aleksandar Nikolic erzählt ein tatsächliches Ereignis mit dem Titel „Die Panne“:
„Es ist sehr viele Jahre her, aber ich erinnere mich, als hätte sich dieses Ereignis, über das ich berichte, gestern zugetragen.
In jenen Jahren lebte meine Schwester mit einem Partner zusammen, der mit Antiquitäten handelte. In regelmäßigen Abständen stellten die beiden ihre Waren, unter anderem auch Möbel, auf Antiquitätenmessen aus, die in verschiedenen Städten stattfanden.
Meine Schwester engagierte zumeist mich als LKW-Fahrer, um die Waren zur Verkaufsausstellung zu bringen. Wenn ich fuhr und bei diesen sehr aufwändigen Aktionen dabei war, fühlte sie sich sicher.
Bei einer dieser Fahrten, wir saßen alle drei in der Fahrerkabine und fuhren mit gemäßigtem Tempo, stieg unerwartet und plötzlich Dampf in der Fahrerkabine auf. Den Lebenspartner meiner Schwester packte eine leichte Panik. Ich hielt auf dem Seitenstreifen der Autobahn, stieg aus, kontrollierte den Kühler und stellte fest, dass er keinen Tropfen Wasser mehr enthielt. Wegen Überhitzungsgefahr war es nicht ratsam, den Motor erneut zu starten.
Wie immer in schwierigen Situationen, übernahm ich die Organisation der Aktionen, die zur Lösung des Problems notwendig waren.
Ich sah nach vorne in Fahrtrichtung, und siehe da, was für ein Glück, in ca. 200 Metern Entfernung war eine Tankstelle.
Kurzer Hand ordnete ich an – meine Schwester ans Lenkrad, der Lebenspartner und ich hinter den LKW, um den LKW zur Tankstelle zu schieben. Meine zierliche Schwester verschwand hinter dem riesigen Lenkrad – und ich ordnete erneut an – immer geradeaus und auf dem Seitenstreifen bleiben. Der Lebenspartner schlug zaghaft vor, den LKW vielleicht auszuladen, weil ihm schon bei der Vorstellung, den LKW zu schieben, übel wurde. Ich verwarf diesen Vorschlag, da ich für die kurzen, schnellen und heftigen Lösungen bin.
Ich darf nicht vergessen, zu erwähnen, dass dieser Kasten-LKW eine maximale Zuladung von fünf Tonnen hatte, die die Ladung geringfügig überstieg. Hinzu kam noch das Eigengewicht des Fahrzeugs, das mir nicht bekannt ist, und ich kann auch nicht schätzen, wie schwer es war.
Immerhin etliche Tonnen waren bis zur Tankstelle zu schieben.
Zu allem Überfluss hatte die Autobahn auf der zu bewältigenden Strecke eine zwar geringe, aber dennoch eine Steigung.
Wir schoben an, die Trägheit der Masse war zu überwinden, dann ging es besser, trotz Steigung.
Eine genaue Schilderung des Vorgangs unterlasse ich aber, da die Erinnerung daran, wie soll ich sagen – doch schmerzt.
Auf der halben Strecke warf sich der Lebenspartner meiner Schwester auf den seitlich verlaufenden Grasstreifen. Eigentlich fiel er wie ein Brett auf den Rücken, breitete die Arme aus und wisperte: ´Ich bin pleite, das ist das Aus.´
Ich sagte: ´Sich Hinlegen und aufgeben, bedeutet sterben. Steh auf, es geht weiter.´
Nach einer kurzen Weile der Erholung schoben wir erneut an; die Trägheit der Masse galt es erneut zu überwinden, die Steigung erschwerte das Ganze, dennoch erreichten wir die Tankstelle.
Ich versuchte ein paar Schritte ohne das Gewicht des LKWs, es ging nur mit enormer Mühe, als hätte ich das Gehen verlernt. Kurz hatte ich den Gedanken – werde ich jemals wieder gehen können? – Aber eine Minute später entspannte sich meine Muskulatur, es ging wieder.
Ich wollte gerade Wasser für den Kühler holen, als meine Schwester die Tür der Fahrerkabine öffnete, mir einen Wasserkanister mit den Worten entgegenhielt: ´Sascha, hiermit kannst Du Wasser holen gehen.´
Ein explosionsartiger Ärger stieg in mir hoch, aber gefasst sagte ich: ´Warum hast Du mir diesen vermaledeiten Kanister nicht 200 Meter vorher gegeben?´
Wobei, dachte ich in diesem Moment, ich hätte auch gleich zur Tankstelle gehen können, ohne den LKW zu schieben, einen Kanister ausleihen können, wenn keiner in der Kabine gewesen wäre, um wesentlich angenehmer und bequemer das Problem zu lösen.
Ich hätte auch den Pannendienst rufen können, den ich dann ja auch gerufen hatte.
Der Pannendienst kam und schleppte uns zur nächsten Werkstatt. Wir wurden sozusagen als Notfall vorgezogen, der Kühler wurde ausgetauscht und wir konnten sehr bald weiterfahren.
Nach Mitternacht erreichten wir das Ziel.
Werte Leserinnen und Leser – ich bin sicher, dass auch sie Problemsituationen kennen, die mit vollkommen ungeeigneten Mitteln aber dennoch bewältigt wurden. Aus der Retrospektive betrachtet, beschleicht dann einen die Peinlichkeit und deshalb wird über den Vorgang nichts erzählt.
(Eine mögliche Reaktion könnte lauten: Diese zwei Idioten schieben einen vollgeladenen LKW über eine leichte Steigung 200m zur Tankstelle und es war absolut unnötig.)
Dieser Vorfall liegt viele Jahre zurück, aber wenn ich mich daran erinnerte, habe ich mich jedes Mal gefragt – dämlicher ging es nicht, hee -.
Dennoch – jeder sollte über sich zuallererst lachen können.
Dinarin Aleksandar Nikolic Im Zeichen der Wahrheit“