Liebe Kolleginnen und Kollegen,
am 09. April 2014 gab es zum Thema „Schichtarbeit“ eine richtungsweisende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) mit dem Az.: 10 AZR 673/13, die einen Kommentar wert ist.
KOMMENTAR DES AK-KOORDINATORS MANNI ENGELHARDT ZUR BAG-ENTSCHEIDUNG (Az.: 10 AZR 673/13):
Die Kernfrage bei dieser Entscheidung ist, ob eine/ein Schichtarbeiterin/Schichtarbeiteraus die/der aus gesundheitlichen Gründen keine Nachtschicht mehr leisten kann, arbeitsunfähig ist? Im vorliegenden Fall ging es um eine Krankenschwester, die einen Anspruch auf Beschäftigung ohne Nachtschichteinteilung geklagt hatte. Hier entschied das BAG, dass der Arbeitgeber die Arbeit möglichst so organisiert, dass die/der Betroffene nur tagsüber eingesetzt wird. Der beklagte Arbeitgeber betreibt ein Krankenhaus in Vollversorgung mit ca. 2000 Beschäftigten. Die Klägerin ist seit 1983, also 31 Jahre (!), beim Beklagten beschäftigt. Der zwischen Klägerin und Beklagten bestehende Arbeitsvertrag sieht im Rahmen begründeter betrieblicher Notwendigkeiten vor, dass Sonntags-, Feiertags-, Nacht-, Wechselschicht- und Schichtarbeit verpflichtend zu leisten ist.
Die Klägerin hat sich in 31 Jahren ununterbrochener Tätigkeit im Krankenhaus mit Sicherheit um die Patienten und um das Krankenhaus verdient gemacht, so dass der Arbeitgeber die mittlerweile bei der Klägerin entstandene Krankheit hätte zur Kenntnis nehmen müssen. Die Klägerin musste mittlerweile Medikamente nehmen, die sie schläfrig machen. Daher konnte sie keine Nachtdienste mehr verrichten.
Bei dem Beklagten handelte es sich nach diesseitigem Dafürhalten aber nicht um einen verständigen Arbeitgeber, denn er schickte die Klägerin nach einer betriebsärztlichen Untersuchung am 12. Juni 2012 nach Hause, mit der Begründung, dass sie aufgrund ihrer Nachtschicht-Untauglichkeit arbeitsunfähig erkrankt sei. Diese Einstellung entspricht der Vorstellung: „Kaputt, eine Neue!“.
Richtigerweise bot die Klägerin jedoch ihre Arbeitskraft dem Beklagten explizite an, verwies allerdings auf die Ausnahme der Nachtdienste.
Der Beklagte stellte sie dann unter Entgeltfortzahlung bis zur Entscheidung des Arbeitsgerichtes im November 2012 frei. Anschließend erhielt sie Arbeitslosengeld, was den Schluss zulässt, dass der Beklagte das Arbeitsverhältnis gekündigt hat.
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (LAG) hatte in der Sache mit Urteil vom 30. Mai 2013 mit dem Az.: 5 Sa 78/13 für die Klägerin entschieden.
Dieser, gegen ein inhumanes Arbeitgeberverhalten im Speziellen und im Generellen stehenden Entscheidung des LAG schloss sich letztendlich auch das BAG an, bzw. bestätigte diese Entscheidung höchstrichterlich. Es urteilte, dass die Klägerin nicht arbeitsunfähig krank ist noch ihr die Arbeitsleistungserbringung unmöglich ist. Das BAG stellte nämlich fest, dass die Klägerin alle geschuldeten Tätigkeiten einer Krankenschwester verrichten kann. Die Beklagte muss laut BAG auf das gesundheitliche Defizit der Klägerin Rücksicht nehmen. Der Beklagte muss der Klägerin nunmehr 6.100, — Euro nachzahlen. Dies ist nicht mehr als richtig! Wäre man dem Begehren des Beklagten als BAG näher gekommen, so hätte das höchste Arbeitsgericht der Bundesrepublik Deutschland dem Prinzip „Kaputt ein/eine Neuer/Neue!“ Tür und Tor geöffnet. Das Urteil kann von allen Schichtarbeiterinnen und Schichtarbeitern nur begrüßt werden. Es hat nämlich präjudiziellen Charakter!
Manni Engelhardt –AK-Koordinator-
NB.: Der Klick auf den nachstehenden Link führt Euch zur Online-Pressemitteilung Nr. 16/14 über diese BAG-Entscheidung:
Hallo Ihr Lieben,
anbei BAG Urteil Schichtarbeit
LG Monika